Vorläufiges Urteil in Hamburg

Schadensersatz für Virusverseuchung

02.11.2001
STUTTGART (CW) - Das Landgericht Hamburg hat ein IT-Unternehmen in einem noch nicht rechtskräftigen Urteil zu Schadensersatz verurteilt, weil es bei der Überprüfung und Vervielfältigung einer Diskette das Word-Makrovirus "WM97M.Class.D" übersehen hatte.

In der Vergangenheit waren geschädigte Unternehmen mehrfach damit gescheitert, ihre Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Virusbefall von DV-Anlagen durchzusetzen. Nun ist es einem geschädigten Unternehmen, unterstützt von der Stuttgarter Anwaltssozietät Gleiss, Lutz, Hootz und Hirsch, erstmals gelungen, Haftungsansprüche geltend zu machen.

Die virusverseuchten Disketten waren im Rahmen einer Mailing-Aktion an mehrere hundert Unternehmen versandt worden. Das Makrovirus ändert die Benutzerregistrierung vom Microsoft Word. Zudem erscheinen an bestimmten Tagen beleidigende Mitteilungen auf dem Bildschirm. Die geschädigte Firma war gezwungen, eine telefonische Rückrufaktion zu organisieren, um die Empfänger der virusverseuchten Disketten zu warnen. Zudem musste ein Fachunternehmen den Virus von den bereits verseuchten Rechnern entfernen.

Das Landgericht Hamburg entschied, dass ein Fachunternehmen, das vertraglich vereinbart, Datenträger auf Virusbefall zu untersuchen, für den Schaden eintritt, wenn es bei Nichtanwendung aktueller Prüfprogramme einen Virus übersieht. Der Ersatz des Mangelfolgeschadens, den ein unentdeckt gebliebener Computervirus an DV-Anlagen Dritter verursache, verjähre erst nach 30 Jahren.

Das Urteil enthält nach Angaben der Stuttgarter Anwaltskanzlei wichtige Hinweise für andere vergleichbare Fälle: So ist, wer ein DV-Fachunternehmen mit der Überprüfung von Datenträgern auf Viren beauftragt, nicht dazu verpflichtet, anschließend selbst zu prüfen, ob die Datenträger wirklich virenfrei sind. Die Schadensersatzpflicht bei Virusverseuchung bestehe unabhängig davon, ob das Virus tatsächlich schwerwiegende Schäden an Computern oder Datenbeständen verursacht. Jeder Computervirus führe zu Irritation und sei daher schleunigst zu beseitigen. Dieser Aufwand sei als Schaden zu ersetzen.