Schadenfreunde

29.04.1988

Als "Jahr des Umbruchs" und. "Jahr der intensiven Vorbereitung (!) auf neues Wachstum" charakterisierte jetzt John Akers' deutscher Statthalter, Hans-Olaf Henkel, rückblickend das schlappe Jahr 1987 aus Stuttgarter IBM Sicht. Und das nach einem vorangegangenen "Jahr der Abschwächung und Enttäuschung"! Wer hätte angesichts solcher Schicksalsschläge kein Mitleid mit der IBM-Geschäftsführung?

Leider geben sich Henkel und sein Adlatus Bernhard Dorn die allergrößte Mühe, die ihnen entgegenschlagende Woge des Mitgefühls abzuwehren. Wer einen "softwarekompatiblen" Rechner gekauft hat, eins von diesen 370-Plagiaten aus japanischer Fertigung, der bekomme jetzt die gerechte Strafe. Die Segnungen von MVS/ESA, das, "nur eine neue Version ist, aber kein neues Release", wie Bernhard Dorn meinte betonen zu müssen, gehen nach dessen Darstellung an allen PCM-Anwendern vorbei.

So weit, so banal - wäre da nicht die versteckte Aufforderung, PCM-Anwender sollten für das von Dorn mit 16 Prozent quantifizierte

Performamce-Gap zwischen XA und ESA bei ihren Lieferanten eine entsprechende Entschädigung heraushandeln. Wann, bitteschön, hat die

IBM je einem, Anwender Schadenersatz dafür geboten, daß ihre Produkte weniger leistungsfähig, aber teurer waren als jene von der Konkurrenz? Sollen die anderen DV-Hersteller vielleicht im Gegenzug IBM-Kunden aufwiegeln, diese Ansprüche geltend zu machen?

Auch in Stuttgart müßte bekannt sein, daß die Käufer der, blaugefärbten Japan-Rechner allein der Überzeugung folgen, daß in einem wettbewerbslosen Markt der Kunde dem Monopolisten hilflos ausgeliefert wäre. Und diese Überzeugung, opfert man nicht zugunsten bislang nur vage bekannter Leistungsmerkmale, zumal diese auch bei IBM-Rechnern nur auf den neuen E-Modellen (und erst mit neuen Anwendungsprogrammen) auszunutzen sein werden. Die Stuttgarter Fensterreden verstärken den in der Branche entstandenen Eindruck, die ESA-Ankündigung sei nichts weiter als ein Promotion-Gag für die 3090-Modelle.