Scansoft schenkt sich den Wettbewerb

25.06.2003
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Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.

Im vergangenen Oktober sicherte sich Scansoft die Telefonie- und Voice-Control-Divisionen von Philips für 36 Millionen Euro, bevor im April 2003 der Wettbewerber Speechworks an die Reihe kam. Der Preis für das Unternehmen, das sich damals ebenfalls für die Reste von L&H interessiert hatte, belief sich auf 132 Millionen Dollar. Kurz danach schloss Scansoft ein Distributionsabkommen mit IBM ab, wonach die Company nun auch die direkten Konkurrenzprodukte von Big Blue („Viavoice“) vertreiben kann.

„Die Umsätze mit der IBM-Software sind für uns ein nettes Zusatzgeschäft“, sagte Scansoft-Manager Peter Hauser vor Journalisten in München. Eine kleine Untertreibung, denn die Marktanteile zeigen, dass mit dem Vertrag das Rennen um die Krone der Spracherkennung so gut wie gelaufen ist. Laut Hauser kommt das Dragon-Programm auf einen Anteil von 60 bis 65 Prozent im Markt, Viavoice auf rund 25 Prozent. Viel Platz für Wettbewerber bleibt da nicht mehr, allenfalls für technologische Startups, die darauf hoffen, sich teuer zu verkaufen.

Ebenfalls klar ist, wo die Reise mittelfristig hingeht: Hauser musste einräumen, dass Gespräche zwischen IBM und Scansoft laufen, damit die Unternehmen bei der Weiterentwicklung ihrer Diktierprogramme Ressourcen sparen. Schließlich könne man nicht alles selbst machen. Da Dragon als technisch fortgeschrittener gilt, dürften die Tage von IBMs Tools gezählt sein.

Allerdings wird Big Blue nicht viel verlieren, denn der Gesamtmarkt für Diktiersoftware ist winzig. Dabei waren die Prognosen der Marktforscher einst umso größer: Im Herbst 1999 nannte Frost & Sullivan das Segment einen interessanten Zukunftsmarkt, der im Jahr 2005 ein Volumen von 1,66 Milliarden Dollar aufweisen soll. Die Realität 2003: Marktführer Scansoft setzte im ersten Quartal mit allen Produkten 27,8 Millionen Dollar um, was ein neuer Firmenrekord war. Der Nettogewinn belief sich auf 100.000 Euro. Das größte Problem der Company ist somit nicht die Konkurrenz, sondern der potenzielle Kunde.