Web

SBS-Tochter Sinitec will fast 55 Prozent der Belegschaft entlassen

15.11.2004

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Die Sinitec GmbH, eine Tochtergesellschaft der Siemens Business Services (SBS), will 600 ihrer 1100 Beschäftigten entlassen.

An 29 Standorten sollen Arbeitnehmer ihren Job verlieren. Einige der Niederlassungen werden komplett geschlossen. Welche das sind, wollte Sinitec-Sprecher Gerd von Hassel nicht sagen: "Da ist noch alles offen." Die Sinitec Vertriebs GmbH ist von den Massenentlassungen nach den Worten von Hassels momentan nicht betroffen. Ob auch hier Überlegungen zum Personalabbau angestellt würden, wollte der Sprecher nicht bestätigen.

Die Sinitec GmbH arbeitet in erster Linie im Maintenance- also Wartungsbereich und beschäftigt ferner IT-Berater. Von Hassel bestätigte, dass von den Entlassungen in erster Linie die Mitarbeiter im Maintenance-Bereich betroffen seien. Man werde innerhalb der kommenden 14 Tage mit den Betroffenen sprechen. Mit dem Betriebsrat habe man erste Gespräche am vergangenen Freitag geführt.

Grund für den Kahlschlag beim Personal ist laut Geschäftsführer Stefan Schlosser die gravierende Unterauslastung von Sinitec. Vorrangige Aufgabe sei der Abbau von Überkapazitäten. Das Unternehmen habe in den vergangenen Jahren mit kontinuierlichen Rückgängen des Geschäftsvolumens zu kämpfen gehabt. Die Umsätze, so von Hassel, seien "gewaltig zurückgegangen", das Unternehmen befinde sich "in den roten Zahlen". Die Mutter SBS hatte im Geschäftsjahr 2003/04 bei einem Umsatz von 4,72 Milliarden Euro lediglich einen operativen Gewinn von 40 Millionen Euro erwirtschaftet und somit eine Profitmarge von lediglich 0,84 Prozent erzielt.

Schlosser sagte, der IT-Infrastruktur-Dienstleister Sinitec sei "in starkem Maß vom geringen Wachstum und der prognostizierten Stagnation im IT- Markt betroffen". Dies gelte sowohl für den Bereich Personal Computer (PC) wie auch für die Segmente Selbstbedienungsautomaten für Kreditinstitute (SB), Retail, Netze und verbundene Servicebereiche.

Marktforscher wie IDC und Gartner hatten demgegenüber eine Gesundung des Marktes prognostiziert. Bernhard Rohleder, Geschäftsführer des Bundesverbands Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) rechnete erst vergangene Woche für das laufende Jahr mit einem Wachstum der deutschen ITK-Branche um 2,5 Prozent auf 131,6 Milliarden Euro. Von Hassel wollte diese Zahlen nicht als Fehleinschätzungen kommentieren, er müsse aber feststellen, dass der "Aufschwung bei Sinitec und seinen Kunden nicht stattgefunden hat". Insbesondere machten dem Unternehmen vier Trends zu schaffen, die sich in den nächsten Jahren fortsetzen würden: Auf Kundenseite müsse man von sinkenden IT-Budgets ausgehen. Auch die Zahl der zu betreuenden Arbeitsplätze und Rechenzentren werde durch den Personalabbau bei den Kunden sinken.

Da alle Anbieter von IT-Dienstleistungen mit einer deutlich positiveren Marktentwicklung gerechnet hätten, seien personelle Überkapazitäten entstanden. Diese hätten in der Folge zu einem Verdrängungswettbewerb und zum Preisverfall im IT- Infrastruktur-Dienstleistungsgeschäft geführt.

Zudem sei IT-Hardware heutzutage wesentlich weniger störungsanfällig. Gepaart mit neuen Formen der Problemlösungen im Vorfeld von Wartungseinsätzen hätten sich so auch die Technikereinsätze reduziert. Insbesondere bei so genannten Maintenance-Dienstleistungen setzten sich darüber hinaus zunehmend Fernwartungstätigkeiten durch.

Sinitec sei deshalb gezwungen, massiv Mitarbeiter zu entlassen, um so das wirtschaftliche Überleben von Sinitec zu sichern. Man habe in diesem Zusammenhang bereits im Frühjahr mit allen Gesamtbetriebsräten einen bis Ende 2005 gültigen Rahmensozialplan vereinbart. Bestandteil dieses Sozialplans sei unter anderem eine Transfergesellschaft. Sinitec sagte, man werde alle vertraglich zugesicherten Dienstleistungen von SBS oder von deren Endkunden garantieren. Erledigt würden diese Tätigkeiten durch Mitarbeiter benachbarter Standorte der jeweiligen Sinitec-Niederlassung oder durch ausgewählte Partner. Von Hassel bestätigte, dass man insofern auch Wartungsaufgaben an Dritte auslagern könnte. "Das kommt aber auf die jeweiligen Verhältnisse vor Ort und an den Standorten an. Prinzipiell versuchen wir, alle Maintenance-Tätigkeiten durch eigene Mitarbeiter erledigen zu lassen." (jm)