Saymore GmbH - Die "PC-Flüsterer"

10.12.2001
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Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Das Nürnberger Startup Saymore GmbH will Verständigungsprobleme zwischen Mensch und Maschine aus der Welt schaffen. Dazu entwickelten die Franken eine Software, die es dem Anwender ermöglichen soll, seinen Rechner mit normalen Sätzen zu steuern.

Am Anfang war das Wort. Im Falle der Saymore GmbH kam es aus dem Mund von Sternenflotten-kommandeur Jean-Luc Picard und richtete sich an den Bordcomputer von Raumschiff Enterprise. Die beiden Gründer Andreas Mohr und Jörg Sailer waren von der Idee begeistert, einen Rechner nicht - wie bereits realisiert - nur durch spezielle Kommandos, sondern durch normale Sätze zu steuern, und wollten diese Fiktion Wirklichkeit werden lassen. Ihre Vision: In naher Zukunft wird sich der Mensch nicht mehr nach der Maschine richten müssen, sondern umgekehrt. Als ersten Schritt machte sich das 1998 als Speech Operated Systems GmbH gegründete Unternehmen daran, ein System zur Sprachverarbeitung zu entwickeln. Nach einigem Überlegen entschieden sich die Visionäre aus Nürnberg dabei für eine Lösung für den medizinischen Bereich. Denn obwohl in der Diagnostik modernste Technologien im Einsatz sind, müssen die Ärzte noch immer umständlich auf Kassette diktieren und die Aufzeichnung in ein Schreibbüro bringen, sie anschließend noch einmal auskorrigieren etc.. Hier wollten die Franken mit einem Fachwortschatz zur Befunddokumentation, der gängige Spracherkennungssoftwareprodukte ergänzt, erste Hilfe leisten. Starthilfe in Form einer Seed-Finanzierung erhielt das Startup durch die Dr. Rödl Beteiligungs mbH und die WHS Beteiligungs mbH.

Mit der Ende 2000 vorgestellten "Medical Edition" waren die Nürnberger aber noch nicht am Ziel ihrer Träume angelangt. Bereits seit längerer Zeit planten die Programmierer eine Technologie zu entwickeln, die den Sinn eines Satzes in für Rechner verständliche Kommandos umwandelt. Denn: Nicht nur an Bord des Raumschiffs Enterprise, sondern auch auf der Erde ergeben sich zahlreiche Einsatzmöglichkeiten für eine entsprechendes System, etwa um im Auto "freihändig" Mails zu bearbeiten oder - mit Einführung des UMTS-Standards - via Handy den Computer zuhause zu nutzen. Ende 1999/Anfang 2000 hatten sie dazu einen Businessplan erstellt und bei einigen Venture-Capital-Gesellschaften eingereicht. Ende 2000 wurden sie dann bei der Industrie Management Holding GmbH (IMH) fündig. Damals konnten die Nürnberger nur mit der Idee vorstellig werden, aber knapp ein Jahr später war die Produktsuite "XP4" fertig.

His Masters Voice

Auf ihrem Systems-Stand gelang es den Franken, die sonst eher spärlichen Besucher in der Halle in Scharen anzulocken und zum Staunen zu bringen. Grund war ein PC der seinem Benutzer aufs Wort gehorchte. Sagte der User etwa "Rechner, ich möchte mal ‘ne Mail an Herrn Müller aus Berlin mit dem Betreff Planung schreiben", öffnete der PC das Mail-Programm, suchte die passende Adresse und gab den Betreff ein.

Dass dies funktioniert, ist laut Saymore dem semantischen Netzwerk Speechactive X (SAX) zuzuschreiben, das den Satz in für den Computer verständliche Bestandteile zerlegt. Ein Logikprogramm filtert dann die wesentlichen Inhalte aus den Sätzen heraus und gibt sie als Befehle an den Computer weiter. Dabei könne der Anwender sogar in seinem eigenen Dialekt sprechen verspricht die dazugehörende Pressemitteilung. Das Startup nutzte dazu am Markt erhältliche Spracherkennungssoftware und fügte ihr die eigenentwickelte Steuerungskomponente hinzu, welche die Befehle umsetzt.

XP4 ist allerdings zunächst nicht für Endnutzer gedacht, da die Produktsuite an das jeweilige Desktop-Programm angepasst werden muss. Das Startup mit derzeit etwa 25 Mitarbeitern will diese Lösungen daher nicht direkt anbieten, sondern als OEM-Produkte an Hersteller verkaufen.