Satire/CW-Wert

06.09.1996

Thomas Morus, Lordkanzler Heinrichs des Achten von England - genau, jenes Heinrich mit den vielen Frauen - machte vor grob 480 Jahren einen interessanten, lebensnahen Vorschlag: Paare, die sich einander versprechen wollten, sollten erst mal nackte Tatsachen auf den Tisch legen. Will meinen, sich testeshalber ihrer Kleider entledigen. Immerhin, argumentierte Morus, müßten beide nach dem Treueschwur ein Leben lang den gegenseitigen Anblick ertragen (seinerzeit scherzte die katholische Kirche - auch zum Leidwesen Heinrichs - noch nicht mit solchen Dingen wie Eheauflösung). Da sei es doch besser, sich über den körperlichen Zustand des künftigen Ehepartners rechtzeitig ein Bild zu machen.

Was Morus sinnvoll schien, muß einem Internet-Benutzer nicht frommen. Digitaliter, also über den Datenhighway, hatte sich jüngst die erste - unter Umgehung von Morus' Ratschlag - vollzogene Eheschließung angebahnt.

Soll noch einer sagen, in Internet-Gesprächsforen werde nur seicht geblubbert. Das zärtliche Digitalschwätzchen zwischen einem Schotten und einer Amerikanerin muß so nachhaltig gewirkt haben, daß sich beide das ultimative Versprechen gaben, ohne vorab auch nur einmal den nackten Tatsachen ins Auge geblickt zu haben. Wir wissen nicht, ob das gutgeht, hoffen jedoch auf eine Homepage der beiden, die uns auf dem laufenden hält.