Satire/CW-Wert

26.04.1996

"Nahezu lautlos oeffnet sich das Garagentor. Melville K. pirscht zum Werkzeugschrank. Der Vorschlaghammer liegt erstaunlich gut in seinen weichen Buerohaenden. Auf leisen Sohlen naehert sich Melville dem Wohnhaus, wo seine Lieben in seliger Ruhe schlummern. Freudig erregt schleicht er die Treppe hoch und oeffnet die Tuer zum Schlafzimmer des nichtsahnenden Melville jr. Mit irrem Blick hebt er den Hammer, und ein entsetzliches Getoese reisst die Familie aus dem Schlaf. Immer wieder laesst Melville das Werkzeug niedersausen, bis der Gegenstand seines abgrundtiefen Hasses nicht mehr zu erkennen ist: der Computer. Zitternd laesst er die Arme sinken und blickt seinem Sohn in die vor Angst weit aufgerissenen Augen . . ."

Wer ist Melville K.? Eine Romanfigur von H.G. Konsalik? Oder ein "Neo-Luddit" - also ein romantisierender Maschinenstuermer, der nach dem Vorbild von Theodore Kaczynski (besser bekannt als Unabomber) den "Fortschritt" aufhalten will? Ein outgesourcter DV- Leiter oder ein frustrierter IBM-VB? Ein Windows-95-Anwender vielleicht, der seinen Pioniergeist schon bereut und nun verzweifelt versucht, in die Windows-3x-Welt zurueckzukehren? Von einer amerikanischen Nachrichtenagentur erfahren wir: Melville K. ist der Geschaeftsfuehrer eines Versandhauses in Phoenix, Arizona, das vor wenigen Tagen oeffentlich seine Zahlungsunfaehigkeit bekanntgeben musste - genau ein halbes Jahr, nachdem es sein komplettes Warensortiment im Internet feilgeboten hatte . . .