Hyperchannel stützt Datenaustausch über Telecom 1 zwischen IBM-Mainframe und VP 200

Satelliten-Link verbindet Supercomputer

12.12.1986

Im Juli 1986 wurde eine satellitengestützte Datenübertragungsstrecke zwischen den Supercomputer-Zentren von "Circe" in Orsay bei Paris und der IABG (Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft mbH) in Ottobrunn in Betrieb genommen. Der Anstoß für das Projekt kam aus Frankreich und ist im Rahmen der Bemühungen zu sehen, das Datennetz Reunir der französischen Universitäten und Forschungseinrichtungen europaweit auszudehnen.

Das Projekt wurde unter der Federführung der IABG von den Firmen Network Systems (Frankreich und Deutschland) und Siemens Data Paris sowie dem Centre Inter-Regional de Calcul Electronique (CIRCE) in Angriff genommen. Die Post-Tochter Detecon (Deutsche Telepost Consulting GmbH, Bonn) stand mit Rat und Tat zur Seite. Öffentliche Förderungsmittel wurden nicht in Anspruch genommen.

Ein in das französische Reunir-Netz eingebetteter IBM-Großrechner wurde mit Hilfe der Hyperchannel-Technik über den Satelliten Telecom 1 unmittelbar mit dem Supercomputer VP 200 des IABG-Datenzentrums verbunden.

Die Vernetzung ermöglicht den Datentransfer mit hoher Übertragungsrate zwischen den an den Netzknoten verfügbaren Großrechnern und Supercomputern.

Während beispielsweise die Satelliten-Verbindungen in Frankreich zwischen CIRCE (Paris), CNUSC (Montpellier) und CCS (Straßburg) mit 1,92 Megabit/Sekunde betrieben werden, ist aus technischen und aus Kostengründen für die Verbindung zwischen Paris und Ottobrunn eine Datenübertragungsrate von 64 Kilobit/Sekunde gewählt worden.

Die im Netz agierenden Rechnersysteme sind durchaus heterogen: Neben IBM-Großsystemen können Supercomputer vom Typ Cray-1 und VP 200 wechselseitig genutzt werden. Die zu den Rechenläufen gehörigen Ein- und Ausgabe-Datenmengen, die teilweise einen erheblichen Umfang annehmen können, werden schnell und sicher zu dem Ort übertragen, an dem sie gerade benötigt werden. Entsprechende Datenschutzvorkehrungen sorgen dafür, daß ein Mißbrauch der Daten durch Unbefugte unterbunden wird.

Bild 1 zeigt ein Prinzipschaltbild der grenzüberschreitenden Verbindungsstrecke. Die Host-Adapter sind unmittelbar jeweils an den Block-Multiplex-Kanal der an der Verbindung beteiligten Rechner angeschlossen. Die Link-Adapter bewerkstelligen die Anbindung an Leitungen der Deutschen Bundespost beziehungsweise der PTT. Über diese konventionellen Leitungen werden die Datenströme zu Satelliten-Terminals (Parabol-Antennen) in München beziehungsweise Paris geführt, von wo sie dann in den Satelliten-Transponder eingespeist werden.

Grundsätzlich können alle Datentypen, also auch Binärdaten, Grafik- und Image-Daten, auf diese Weise ausgetauscht werden. Für den File-Transfer ist die Software Netex und BFX von Network Systems im Einsatz.

Bild 2 zeigt die Hyperchannel-Vernetzung im Zusammenhang.

Bild 3 stellt die Supercomputer-Konfiguration in Ottobrunn dar. Da Circe derzeit ebenfalls einen VP 200 von Siemens installiert, steht in Paris eine vergleichbare Rechnerkonstellation.

Der VP 200 im IABG-Datenzentrum mit einer nominellen Spitzenleistung von 533 MFlops teilt sich mit dem Vorrechner Siemens 7890 eine Plattenspeicherkapazität von 25 Gigabytes. Der Vorrechner übernimmt in diesem Verbund Aufgaben, die zur Vorbereitung der für den VP 200 bestimmten Rechenläufe notwendig sind, wie Programmübersetzungen, Datenvor- und -nachbereitung, Kommunikation über Datennetze geringerer Geschwindigkeit mit den einzelnen Benutzerterminals. Diese peripheren Arbeiten wären auf dem VP 200 nicht wirtschaftlich durchzuführen, weil der Vektorrechner dadurch an der Entfaltung seiner hohen Rechnerleistung gehindert würde.

Bild 4 verdeutlicht wie man die Hard- und Softwareprodukte von Network Systems durchgängig in integrierten Datennetzen einsetzen kann. Die Netex-Software ist für zahlreiche Rechnertypen, selbst für PCs, verfügbar. Im Fall unserer Rechnerkopplung sind die Netex-Versionen für die Betriebssysteme MVS/ XA (IBM) und VSP (Siemens) verwendet worden.

Bei dem Projekt war es wesentlich, auf bewährte Technik und entsprechendes Fach-Know-how zurückzugreifen, um die Anlaufphase so kurz wie möglich zu halten. So war der Rückgriff auf die Fachkenntnisse und Erfahrungen, die Network Systems bei der Installation von über 4500 Hyperchannel-Adaptern weltweit gewonnen hatte, sehr nützlich.

Die grenzüberschreitenden Koordinationsgespräche mit den Postverwaltungen hatte die Detecon in Bonn übernommen, die den Projektbeteiligten auch bei der Anwendung der Postgebührenordnung zur Seite stand.

Sofern man sich auf die Datenrate von 64 KBit/Sekunde beschränkt, kann man bei der Post zwischen "Full-time" und "Part-time"-Satelliten-Verbindungen wählen.

" Part-time " bedeutet, daß der Anwender sich entscheiden muß den Satelliten täglich zur festen Zeit für die stets gleichbleibende Zeitdauer reservieren zu lassen. Die Zeitdauer beträgt mindestens 30 und höchstens 300 aufeinanderfolgende Minuten, wobei die Kosten für 300 Minuten bereits denen der " Full-time "- Nutzung entsprechen.

"Full-time" bedeutet 24 Stunden Dauernutzung.

Für 30 Minuten täglicher Satelliten-Nutzung zahlt man 4030 Mark zuzüglich 1050 Mark pro Monat für die Ortszuleitung.

Für 300 Minuten beziehungsweise " Full-time "-Nutzung belaufen sich die Kosten auf etwa 11000 Mark pro Monat. Der Zuschlag für die Ortszuleitung von 1050 Mark muß auch hier noch hinzugerechnet werden.

Die Kostenangaben gelten für die deutsche Seite der Verbindung. Wie bereits dargestellt, wird der französische Satellit Telecom 1 eingesetzt, der im Verhältnis Deutschland und Frankreich einen Sonderstatus einnimmt. Die DBP kann Telecom-1-Kapazität über Eutelsat aber auch national aufgrund eines bilateralen Vertrages mit der französischen PTT nutzen. Für rein nationale Anwendungen soll ab etwa 1988 der deutsche Satellit DFS-Kopernikus verfügbar sein.

Neben den nationalen und den europäischen Verbindungen bietet die Deutsche Bundespost auch Übersee-Strecken an. Bild 5 zeigt, welche Zonen von den einzelnen angebotenen Satelliten-Diensten überdeckt werden. SMS heißt in diesem Zusammenhang Satellite-Multi-Services.

Die IABG hat sich in dem dargestellten Projekt engagiert, weil sie mit ihrem Datenzentrum Computer-Service-Leistungen für technische und wissenschaftliche Berechnungen am oberen Ende der heute verfügbaren Rechnerleistung auf dem Markt anbietet.

Neben Anwendungen aus dem Umweltschutz werden Berechnungen auf den Gebieten Festigkeit, Strömungsmechanik und Chemie durchgeführt; die Computer-Animation wird für die Erstellung von Filmen zur Darstellung der Ergebnisse genutzt.

Ihre Kunden, zu denen im In- und Ausland neben Großunternehmen auch zunehmend innovationsfreudige Mittelstandsbetriebe zählen, stellen an die Datenübertragungsnetze sowohl bezüglich Qualität als auch Übertragungsgeschwindigkeit hohe Anforderungen.

Dies zwingt dazu, die derzeit verfügbaren technischen Gegebenheiten unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten voll zu nutzen und die sich bietenden Gelegenheiten der internationalen Zusammenarbeit auch auf dem Gebiet der Computervernetzung auszuweiten.

*Eberhard Pahlberg ist bei der IABG (Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft mbH), Ottobrunn, Leiter der Abteilung Technische DV, Zentrale Rechner.