SAS Institute: Analytics sind angesagt

22.11.2007
Der Anbieter von Software für Business Intelligence sieht sich im Wettbewerb mit mächtigen Generalisten wie SAP, IBM und Oracle mit seiner auf Lösungen ausgerichteten Produktstrategie im Vorteil.

Unbeeindruckt von den spektakulären Übernahmen im Markt für Business Intelligence (BI) durch SAP, Oracle und zuletzt IBM sieht SAS Institute gute Chancen, um sich gegen die neuen BI-Schwergewichte zu behaupten. Auf der Kundenveranstaltung "SAS Forum" in Mainz bezeichnete Geschäftsführer Jost Dörken die zusammengekauften Konkurrenzangebote als wenig integriert und in erster Linie auf Funktionen für Ad-hoc-Abfragen und Reporting beschränkt. SAS hingegen habe bereits eine integrierte Produktarchitektur geschaffen und sich seit Jahren auf analytische Anwendungen (Analytics) für Fachabteilungen und Branchen spezialisiert, die die Konkurrenz erst noch entwickeln müsse. "Wir werden nicht auf die anderen warten", gab sich Vertriebsleiter Wolf Lichtenstein, Dörkens designierter Nachfolger, vor rund 1100 Teilnehmern kämpferisch. Firmengründer James Goodnight ging in einer Videobotschaft noch weiter: "Wenn ein ERP-Anbieter wie SAP eine Query- und Reporting-Firma wie Business Objects kauft, dann ist allenfalls das Marketing integriert."

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Keine Angst vor den Großen

Bisher scheint die Geschäftsentwicklung dem privat geführten Unternehmen in seiner Produktstrategie Recht zu geben: Allein im letzten Geschäftsjahr sei SAS weltweit zweistellig auf rund 1,9 Milliarden Dollar Umsatz gewachsen, davon entfielen 130 Millionen Dollar (oder sieben Prozent) auf Deutschland. Damit bleibt der BI-Anbieter vor Business Objects (künftig bei SAP) und Cognos (künftig bei IBM). Das Management betonte, dass vor allem die Nachfrage nach Analytics steige und in den USA bereits als nächster Mega-Trend im BI-Markt betrachtet werde. Bei solchen BI-Anwendungen handelt es sich im Kern um vordefinierte Daten- und Objektmodelle, einschließlich standardisierter Berichte, Auswertungsprozesse (Datenintegration) und Analysefunktionen (für Statistik und Data Mining), die auf einer BI-Infrastruktur meist einem Data Warehouse aufsetzen. Sie sind für fach- oder branchenspezifische Auswertungen konzipiert und sollen Unternehmen einen schnelleren Aufbau von BI-Lösungen ermöglichen, als er mit unspezifischen BI-Tools möglich ist. Für SAS ist dieser Ansatz die Zukunft von BI, da Unternehmen angesichts der immer weiter wachsenden Datenmengen Verfahren für ihre gezieltere Auswertung benötigten. Laut Andreas Diggelmann, Vice President Research & Development, seien die SAS-Anwendungen nicht als "black box" entworfen, sondern enthielten Kunden bekannte Produkte und Techniken, die sich weiter anpassen ließen.

Analytics für viele Aufgaben

In diesem Jahr brachte SAS beispielsweise überarbeitete Versionen seiner Lösungen "Demand Forecasting for Retail" (Nachfrageplanung im Einzelhandel), "Price Plan Optimization" (Preisoptimierung von Serviceangeboten von Telekommunikationsanbietern), "SAS Fraud Management" (Aufspüren von Betrugsversuchen im Unternehmensnetz) sowie "SAS Enterprise Risk Management for Insurance" (Risiko-Management für Haft- und Lebensversicherer) heraus. Speziell an Marketing-Abteilungen richtet sich die Produktsuite "SAS Customer Intelligence", die seit kurzem in Version 5.1 vorliegt. Ihre Analysemodule sollen Inbound- und Outbound-Aktivitäten über verschiedene Vertriebskanäle hinweg koordinieren und verbessern helfen. Enthalten ist mit "SAS Marketing Automation" eine Anwendung für das Kampagnen-Management, mit der sich beispielsweise mit Hilfe von Datenanalysen aus Kundendaten Empfänger für Marketing-Kampagnen auswählen lassen. Mit "SAS Marketing Optimization" können Kampagnen weiter bewertet und priorisiert werden.

Dem Kunden auf der Spur

Neu für Customer Intelligence ist die Komponente "Real-Time Decision Manager". Sie wurde laut Martin Oesterer, Manager Competence Center Customer Intelligence bei SAS, seit längerem von Nutzern gewünscht, um Kunden unmittelbar bei der Kontaktaufnahme mit dem Call-Center-Agenten gezielte Angebote unterbreiten zu können. Die Software analysiert hierzu mittels zuvor definierter Regeln und Analyseprozesse die neuesten Kundeninformationen und zeigt die Ergebnisse dem Agenten über eine grafische Oberfläche an. Bisher mussten Agenten oft mit Daten arbeiten, die veraltet waren und wichtige Kundeninformationen nicht beinhalteten, so Oesterer. Mit Version 5.1 besitzen nun alle Komponenten in etwa dieselbe Benutzeroberfläche. Das Modul Marketing Optimization beitet zudem überarbeitete Funktionen für das Verwalten von Kundenkontaktregeln und vordefinierte Reports. Ferner findet sich mit "SAS Digital Marketing" eine neue Komponente, die in erster Linie die Übermittlung von Werbung über RSS-Feeds, das Web und E-Mail steuert. Über Tools und ein Repository ermöglicht sie die Verwaltung beziehungsweise Bearbeitung von Marketing-Inhalten.

Arcor arbeitet effizienter

Zu den Anwendern von Marketing Optimization und Marketing Automation zählt hierzulande der TK-Anbieter Arcor. Laut Projektleiter Jörg Wunderlich aus der Abteilung "Kunden-Management Kundenanalyse" in Eschborn laufen monatlich mehr als 70 Kampagnen in den Bereichen Up- und Cross-Selling, Churn-Prevention, "Nullbiller" und Winback (Zurückgewinnung von Kunden) sowie "Kunden werben Kunden". Basis ist dabei ein Data Warehouse, das mittlerweile sämtliche Marketing-Daten verwaltet und sie für die Analyse-Anwendungen im Kampagnen-Management und der Zielgruppenselektion bereitstellt. Eine wesentliche Vorausetzung für den Erfolg von Analytics sind aber gute Kundendaten, klare, vorab definierte Marketing-Strategien und -Prozesse, die man mit der Software abbilden will.Ebenso ist die Zusammenarbeit von IT und Fachabteilung ein Muss, berichtete Wunderlich auf der Veranstaltung. Doch gelingt dies, lassen sich gute Ergebnisse erzielen: So konnte Arcor den Erfolg von Kampagnen gegenüber früheren Marketing-Aktivitäten um 400 Prozent steigern und gehe Kunden heute gezielter an, "ohne sie dauernd zu stören". Insgesamt arbeite man jetzt effizienter und transparenter und habe die Basis für künftige Marketing-Anwendungen beispielsweise für ein Value-Management und zur Angebotsharmonisierung geschaffen.