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SAP wirbt um Topmanager der Konkurrenz

21.06.2005
SAP hat publikumswirksam eine Liste von aktuell beim Wettbewerb abgeworbenen Managern veröffentlicht. Einige davon sind aber schon seit Monaten unter Vertrag.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - SAP hat nach eigenen Angaben neun Topmanager der Konkurrenz abgeworben. Allerdings besitzen Ex-Sun-Manager George Paolini, der sich um den Aufbau einer Community rund um die Enterprise Services Architecture (ESA) kümmern soll, und der ehemalige Oracle-Manager Dan Rosenberg, der die User Interfaces der neuen SAP-Architektur verantwortet, bereits seit einigen Monaten einen Vertrag.

Neu an Bord sind hingegen die ehemaligen Siebel-Manager Richard Campione, Nimish Mehta und Bob Stutz. Mit Mehta verliert Siebel den führenden Kopf seiner Customer Data Integration Division. Bei SAP soll der Manager als Senior Vice President für den Bereich Enterprise Information Management fungieren. Campione wird als Senior Vice President für das Marketing der Industry Solutions zuständig sein. Stutz soll im gleichen Rang in SAPs Product & Technology Group arbeiten.

Von Oracle kommt Ex-Senior-Director Mike Mayer. Er soll künftig die international organisierte Entwicklungsabteilung der Walldorfer koordinieren. Ebenfalls von Oracle kommt John Zepecki, vormals Vice President der Entwicklungsabteilung von Peoplesoft. Zepecki wird künftig in der xApps-Softwaresparte von SAP tätig sein. Doug Merritt von Quest Software und der ehemalige Deputy Chief Technology Officer (CTO) von Bea Systems Gordon Simpson sind die weiteren Neuzugänge des deutschen Softwarehauses.

Auffälligerweise stammen die abgeworbenen Manager vorwiegend aus den Entwicklungs- und Marketing-Abteilungen. Ihre neue Heimat sollen sie in der Product & Technology Group des SAP-Vorstands Shai Agassi in Kalifornien finden. "SAP ist mit den besten Talenten im Bereich Enterprise-Business-Software gesegnet", preist Agassi die jüngste Personalentwicklung. Es sei gelungen, den Konkurrenten in den zurückliegenden 18 Monaten über 200 hochrangige Manager auszuspannen.

"Es scheint, als ob Agassi auf einer groß angelegten Talentsuche ist", meint Bruce Richardson, Analyst von AMR Research. Damit gehe auch ein Image-Wandel einher. Dem jüngsten SAP-Vorstand sei es gelungen, dem einst als unbeweglich und veraltet geltenden Unternehmen den Anstrich eines technisch innovativen Markttreibers zu geben. Vor allem Oracle könnte damit ein Problem bekommen, vermutet Richardson. So hatte der Datenbankspezialist den Konkurrenten in der Vergangenheit immer wieder kritisiert, er hinke der technischen Entwicklung hinterher. Nun aber wechselten die Spitzenkräfte der Branche scharenweise zu SAP.

Um für den künftigen Wettbewerb gewappnet zu sein, setzt SAP offenbar auf mehr Personal. Laut den Plänen der Walldorfer sollen in diesem Jahr rund 3000 neue Namen auf der Gehaltsliste auftauchen. Damit käme der Softwareanbieter auf zirka 35 000 Mitarbeiter. Dagegen steht bei der Konkurrenz eher der Jobabbau im Vordergrund. Bei Oracle mussten im Rahmen der Akquisition von Peoplesoft mit 5000 Mitarbeitern rund zehn Prozent der Belegschaft ihren Hut nehmen. Erst kürzlich gab George Shaheen, seit zwei Monaten neuer CEO bei Siebel, bekannt, die Kosten durch eine Straffung der Organisation verringern zu wollen. Wie viele Arbeitsplätze diesem Sparprogramm zum Opfer fallen werden, steht noch nicht fest. (ba)