Sapphire 2012 Madrid

SAP will Kunden zu mehr Innovation überreden

14.11.2012
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

HANA wird immer mehr zum Fundament für Anwendungen

Abhilfe soll an dieser Stelle beispielsweise die In-Memory-Datenbank HANA schaffen. Snabe stellt den SAP-Anwendern damit eine Vereinfachung ihrer Infrastrukturen in Aussicht. Er bekräftigte das Ziel, mit HANA klassische Strukturen rund um relationale Datenbanken und Data Warehouses ablösen zu wollen. Das System skaliere mittlerweile so weit, dass sämtliche Daten eines Unternehmens im schnellen Hauptspeicher gehalten werden könnten.

Sehe man von den üblichen Kinderkrankheiten ab, sei HANA für den derzeitigen Release-Status bereits eine runde Sache, sagt Andreas Bitterer, Research Vice President von Gartner. Allerdings seien die Endkunden derzeit noch weit entfernt davon, Nutzen aus so einem System ziehen zu können. Das liege allerdings nicht an mangelhafter Technik, sondern vielmehr daran, dass die IT in der Regel mit alltäglichen Betriebssorgen beschäftigt sei und oft auch nicht über das nötige Budget für HANA verfüge. Grundsätzlich gehöre der In-Memory-Technik jedoch die Zukunft, so der Gartner-Analyst. Die Technik sei zwar nicht neu, habe in der jüngeren Vergangenheit jedoch große Fortschritte gemacht. Es brauche aber seine Zeit, bis die Anwenderunternehmen dies adaptierten. Die Entwicklung an sich sei jedoch nicht mehr umkehrbar.

Das sehen offenbar auch die SAP-Verantwortlichen so. Künftig soll HANA das Fundament vieler SAP-Anwendungen bilden. Snabe zufolge steht das System aktuell vor seiner dritten Ausbaustufe. Nachdem es im vergangenen Jahr hauptsächlich um die Grundlagentechnik und die Beschleunigung im Daten-Handling, sowie 2012 um die Integration in bestehende Infrastrukturen beispielsweise neben einem Business Warehouse gegangen sei, werde HANA künftig auch in der Lage sein, als Basis für transaktionale Systeme zu dienen.

"Rundumsicht" auf den Kunden

Als erstes Produkt hat der Softwarehersteller auf der Sapphire die Lösung "SAP 360 Customer" angekündigt. Hier sollen In-Memory- Cloud-, Mobile sowie Collaboration-Techniken gebündelt werden. Anwender erhielten damit Möglichkeiten, die über das traditionelle Customer Relationship Management (CRM) hinausgingen. Neben der Cloud-Lösung "SAP Customer OnDemand", der Collaboration-Plattform "SAP Jam" sowie mobilen Komponenten, bildet "SAP CRM powered by HANA" einen zentralen Baustein der Lösung. Damit erhielten Anwender in Echtzeit einen 360-Grad-Blick auf ihre Kunden, verspricht der Softwarehersteller. Das erste transaktionale System auf HANA bringe CRM auf ein komplett neues Level, wirbt Snabe.

Branchenbeobachter wie Helmuth Gümbel mutmaßen bereits, dass sich mit diesem Paket eine neue Produktgeneration im SAP-Software-Portfolio abzeichnet. Snabe kündigte auch an, das die Arbeiten, HANA unter die Business Suite zu hieven, unvermindert weiter gingen. Damit sei im kommenden Jahr zu rechnen. Grundsätzlich gehe es SAP darum, mit den neuen Produkten die Komplexität zu verringern und die Systemlandschaften bei den Kunden zu vereinfachen. Dazu bietet der Konzern zusätzlich "Rapid Deployment Solutions" an. Dabei handelt es sich dem Anbieter zufolge um Pakete aus vorkonfigurierter Software, Implementierungsservices sowie Best Practices. In maximal zwölf Wochen ließen sich diese Pakete zu einem Festpreis beim Kunden implementieren.

Darüber hinaus will SAP mit der neuen Produktkategorie ein weiteres Problem, dass Anwender zuletzt lautstark kritisiert hatten, aus der Welt schaffen. Snabe verspricht mit SAP 360 Customer ein einfaches Lizenz- und Preismodell. Anwendervertreter in Deutschland und Großbritannien hatten SAP in der jüngeren Vergangenheit wiederholt vorgehalten, die Lizenz- und Preismetriken unnötig kompliziert zu gestalten. Allerdings gilt das Versprechen, die Komplexität an dieser Stelle zu verringern, vorerst jedenfalls nur für das eine neue Produkt. Die Frage, ob SAP grundsätzlich auf die Forderung der Kunden nach Vereinfachung eingehen werde, ließ Snabe unbeantwortet.

Für den Softwarekonzern wird es in Zukunft vor allem darum gehen, den Kunden einen Weg in die neue Softwarewelt zu ebnen und den Anschluss nicht abreißen zu lassen. Gartner-Analyst Bitterer sieht SAP in seinen Entwicklungen derzeit schnell voranstürmen, wohingegen die Kunden dem nur langsam folgen. Snabe gibt sich dennoch zuversichtlich und lockt: "Es ist nur einer kleiner Schritt für die IT, aber ein großer Schritt für das Business."