SAP verspricht Abkehr vom ERP-Monolithen

09.02.2009
Von 
Vice President Software & SaaS Markets PAC Germany
Mit der "Business Suite 7" will das Unternehmen alte Zöpfe abschneiden und stellt niedrigere Betriebskosten in Aussicht.

Für Mai dieses Jahres hat SAP die "Business Suite 7" in Aussicht gestellt. Neben funktionalen Erweiterungen verspricht der Softwarekonzern eine leichtere Handhabung. Firmen seien damit in der Lage, vordefinierte und modulübergreifende Geschäftsprozesse zu nutzen. "Value Scenarios" binden zum Beispiel Funktionen des Kunden-Managements (CRM) und der Lieferkettensteuerung (SCM) ein. Unternehmen sollen damit schneller auf sich ändernde Kundenwünsche reagieren können. Bedarf dafür gab es schon lange, doch bisher mussten die SAP-Kunden sich solche Szenarien selbst zusammenbauen.

Mit der Suite liefert SAP neue Versionen aller Bestandteile, darunter CRM, PLM, SRM und SCM, erstmals zur gleichen Zeit aus. Früher hatte der Softwareanbieter die Modul-Updates zeitversetzt freigegeben. Wegen wechselseitiger Abhängigkeiten hatten sich Softwareprojekte dadurch in die Länge gezogen, begründet SAP das neue Vorgehen. Wollten Firmen früher etwa eine neue CRM-Funktion einführen, mussten sie zunächst ihre ERP-Umgebung modernisieren.

Erweiterungspakete

Umfangreiche Release-Wechsel wie in der R/3- und Mysap-Ära sollen nun der Vergangenheit angehören. Neue Funktionen erhalten Anwender künftig über "Enhancement Packages", die sich laut SAP mit wenig Aufwand und je nach Bedarf des jeweiligen Unternehmens installieren und in Betrieb nehmen lassen.

SAP-Vorstandsmitglied Jim Hagemann-Snabe nahm die Wirtschaftskrise zum Anlass, die Vorzüge der Business Suite 7 in puncto Kostenreduktion hervorzuheben. Seiner Überzeugung nach können Unternehmen mit Hilfe von vorkonfigurierten Paketen, die auf der Suite aufsetzen ("Best-Run-Now-Packages"), die Implementierungskosten um bis zu 50 Prozent senken. Auch die Betriebskosten lassen sich drücken, behauptet der Manager. Je nach Konfiguration sei es möglich, bis zu 30 Prozent einzusparen. Anwender begrüßen die bessere Integration der Suite-Module, halten die genannten Einsparpotenziale jedoch für überzogen. Weitere Details zur Business Suite finden Sie auf Seite 28.

Mehrwert für SAP-Kunden?

Die "Business Suite 7" ist für SAP eine der wichtigsten Ankündigungen der letzten Jahre. Die COMPUTERWOCHE sprach darüber mit Karl Liebstückel, dem Vorstandsvorsitzenden der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG).

CW: Wie groß ist die Bereitschaft der Kunden, innerhalb dieses Jahres auf die Business Suite 7 umzustellen?

DSAG: In wirtschaftlich schwierigen Zeiten überlegen sich Unternehmen sehr genau, in welche Lösungen sie investieren. Die Botschaft über die Vorteile der Business Suite 7, die SAP verbreitet hat, haben wir gerne vernommen. Einen Nutzen für Kunden könnten die synchronisierten Release-Zyklen von SAP ERP und Business Suite bringen. Hier gilt es jedoch noch Erfahrungen zu sammeln, inwieweit dadurch Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Komponenten entstehen könnten. Derzeit legen die Nutzer ihren Fokus eher auf SAP ERP 6.0.

CW: Ist die Einschätzung von SAP realistisch, dass sich die Betriebskosten um bis zu 30 Prozent reduzieren lassen?

DSAG: Eine Reduzierung der Betriebskosten um 30 Prozent durch den Solution Manager und den Enterprise Support erscheint uns aufgrund der Erfahrungen, die wir in Workshops mit DSAG-Mitgliedern gewonnen haben, nicht realistisch. Als vorteilhaft bewerten wir den Aspekt, den SAP uns in Gesprächen zugesagt hat, dass die einzelnen Komponenten der Business Suite 7 besser integriert werden. Beispielsweise soll sich der Beschaffungsprozess durchgängig über die beiden Komponenten "SAP ERP" und "SAP SRM" abbilden lassen.

CW: Wie viele der in der DSAG organisierten Kunden bringen heute die Voraussetzungen mit, die neue Suite oder Teile davon einzuführen?

DSAG: Eine Voraussetzung ist SAP ERP 6.0 und das ERP-Enhancement-Package 4. Da dieses Paket gerade erst allgemein freigegeben wurde, dürfte die Verbreitung noch gering sein, könnte aber im Laufe des Jahres ansteigen.

Im Falle der Kunden-Management-Software sollen 2008 über 1000 Kunden das Release "CRM 2007" installiert haben. Ob diese bereit sind, gleich wieder einen Release-Wechsel auf das mit der neuen Business Suite ausgelieferte "CRM 7.0" vorzunehmen, möchte ich bezweifeln.