SAP und Oracle streiten sich öffentlich

12.07.2007
Während die beiden Konzerne für ihre Positionen werben, gehen Experten und Kunden davon aus, dass die Affäre um die SAP-Tochter TomorrowNow dem Unternehmen kaum schaden dürfte.

Die Schlacht zwischen Oracle und SAP wird in der Öffentlichkeit gewonnen oder verloren", ist sich David Mitchell, Analyst von Ovum, sicher. Seiner Einschätzung nach sind die entscheidenden Truppen in dieser Auseinandersetzung nicht die Rechtsanwälte, sondern die PR-Abteilungen beider Unternehmen. Die Art und Weise, wie die beiden Softwarekonzerne die Einzelheiten ihres Streits ans Licht der Öffentlichkeit zerren, ist einzigartig in der IT-Branche. Werden derartige Details aus Angst vor einem PR-Desaster in aller Regel streng unter Verschluss gehalten, haben Oracle (www.oracle.com/sapsuit) wie auch SAP (www.tnlawsuit.com) Websites ins Internet gestellt, auf denen sie ausführlich über ihre Sicht der Dinge berichten.

Oracle vs. SAP die Fakten

Oracle hatte SAP Anfang März dieses Jahres überraschend wegen Industriespionage und unlauteren Wettbewerbs verklagt. Der Vorwurf lautete, SAPs Servicetochter TomorrowNow habe sich wiederholt via Internet illegal Zugang zu Oracles Supportbereich verschafft und dort widerrechtlich Material sowie Software heruntergeladen. SAP-Chef Henning Kagermann räumte am 2. Juli ein, dass sich TomorrowNow Wartungsdokumente des Rivalen in unangemessener Weise beschafft habe.

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Dort verfolgen Kunden und Experten genau, wie sich der Rechtsstreit weiter entwickelt. Frank Roselieb, Leiter des Kieler Instituts für Krisenforschung, glaubt aber nicht, dass SAP durch die Affäre viele Kunden verlieren wird. Diese würden sich an Fakten orientieren. Außerdem seien Kauf und Einführung der entsprechenden Softwareprodukte mit einem hohen Aufwand verbunden, so dass Anwender sich nicht leicht zu einem Wechsel entschlössen. SAP-Chef Henning Kagermann habe mit seinem Geständnis das richtige Krisen-Management gewählt, sagt der Forscher. Beharrliches Leugnen bis zur Gerichtsverhandlung wäre falsch gewesen.

"Die Entschuldigung und Antwort von SAP ist zu dürftig und kommt zu spät", meint dagegen Rebecca Wettemann, Analystin von Nucleus Research. Die Kunden hätten durchaus Grund zur Besorgnis. Dem Konzern fehle die Übersicht, was die eigenen Mitarbeiter tun. Außerdem mangle es an Respekt für das geistige Eigentum anderer.

Rodney Masney, Vorsitzender der American SAP User Group (ASUG), macht sich allerdings wenig Sorgen. "Ich glaube, der Sturm wird sich bald legen." Schließlich arbeite der Konzern mit Hochdruck an Maßnahmen, um derartige Vorfälle in Zukunft zu verhindern. Jason Lachance vom SAP-Kunden LSI Logic hofft, dass sich die beiden Streithähne bald außergerichtlich einigen: "Wenn sich Softwarelieferanten vor Gericht und in der Öffentlichkeit streiten, wird das kaum zu besseren ERP-Systemen führen." Die Deutschsprachige SAP Anwendergruppe (DSAG) wollte sich nicht dazu äußern.

Noch ist ein Ende des Streits nicht in Sicht. Ovum-Analyst Mitchell geht jedoch davon aus, dass sich der Prozess über viele Monate hinweg durch mehrere Instanzen hinziehen könnte. SAP müsse aufpassen, damit der Ruf der Firma keinen Schaden nehme. Während SAP-Chef Kagermann inzwischen durchblicken ließ, auch offen für eine außergerichtliche Einigung zu sein, gibt es von Oracle-Seite bislang keine Signale für eine gütliche Beilegung. Am 4. September treffen beide Parteien erstmals vor einem Bezirksgericht in San Francisco zusammen, um den Sachverhalt zu erörtern. (ba)