Business-Software für den Handel

SAP und Oracle drängeln an der Kasse

09.10.2008
Von 
Vice President Software & SaaS Markets PAC Germany

Preisbestimmung nach Lage, Altersgruppe und Warentyp

Wie Oracle baut SAP das Retail-Portfolio aus. Die vom Softwarekonzern übernommene Firma Khimetrics soll den SAP-Baustein für das Forecast and Replenishment ergänzen. Algorithmen berechnen, wie viel ein Produkt in einem Laden im Süden von München kosten sollte, den vorwiegend eine bestimmte Altersgruppe aufsucht. Neben der Warengruppe, bei der der Konsument mehr oder weniger auf den Preis schaut, beeinflussen die Demografie, der Standort eines Ladens und sogar das Wetter die Preisgestaltung.

Darüber hinaus sollen Khimetrics-Funktionen helfen, den künftigen Bedarf für bestimmte Artikel vorherzusagen. Neben Erfahrungen aus der Vergangenheit schließt das die für eine Warengruppe typische Diebstahlsquote ein.

Der Handel tickt noch nicht industriell. Peter Kabuth, verantwortlich für Retail-Lösungen bei SAP.
Der Handel tickt noch nicht industriell. Peter Kabuth, verantwortlich für Retail-Lösungen bei SAP.

Weitere Entwicklungen von SAP zielen darauf ab, die Qualität der Stammdaten zu steigern. Darum will der Konzern das dafür vorgesehene "Netweaver"-Produkt "Master Data Management" um handelsspezifische Merkmale erweitern. Künftig wird MDM in der Lage sein, Daten von generischen Artikeln (auch Sammelartikel genannt) zu verwalten. Sammelartikel sind beispielsweise Kleidungsstücke, die in unterschiedlichen Ausführungen (Farbe, Sorte und Größe) vorliegen. Weiterentwickeln will der Anbieter auch die Kunden-Management-Software "SAP CRM". Erweiterungen des Datenmodells sowie eine für den Handel angepasste E-Commerce-Funktion stehen an.

Mit CRM-Features für den Handel will auch Oracle punkten. Das aus der Siebel-Software hervorgegangene "Oracle CRM" soll Loyality-Angebote, zum Beispiel Kundenkarten, unterstützen. Wenn ein Stammkunde an der Kasse steht, könnte er Sonderkonditionen erhalten. Hierzu kann das Geschäft die CRM-Applikation sowohl mit der PoS-Software als auch mit dem Retail-Backend verknüpfen.

Oracle verfolgt Best of Breed-Strategie

Obwohl die Ansätze von Oracle und SAP sich ähneln, verfolgen beide unterschiedliche Strategien. Oracle vermarktet Retail-Funktionen in einer Suite, die Nutzer über die hauseigene Fusion-Middleware mit eigenen Geschäftsanwendungen, auch denen von SAP, verbinden können. Laut Harnisch könnten Anwender beispielsweise anfangs nur die Merchandising-Features einführen statt auf einen Schlag die gesamte Suite.

SAP vermarktet ERP mit Handelsaufsatz

SAPs Retail-Angebot setzt im Gegensatz zu Oracles Produktkonzept die eigene ERP-Software voraus. Viele Handelsunternehmen steuern ihre Buchhaltung und die Personalverwaltung bereits mit SAP-Software. Diesen Gesellschaften wollen die Walldorfer zusätzlich handelsspezifische Software verkaufen.

Andere IT-Lösungen für den Handel

Neben den Softwaregiganten gibt es zahlreiche Spezialisten. Zu den namhaften PoS-Softwareanbietern zählen laut Lynn Thorenz, Analystin bei Pierre Audoin Consultants (PAC) in München, unter anderem GK Software, Torex Retail und Digipos sowie NCR und Wincor Nixdorf.

Andere Hersteller konzentrieren sich auf Prognoselösungen, mit denen der Handel Bestände optimieren soll. PAC nennt hier die SAF AG aus Zürich. Sie entwickelt Programme, mit denen Händler ihre Nachschubplanung aus der Nachfrage der Käufer ermitteln können. Die Schweizer wenden sich dabei unter anderem an SAP-Kunden, die bestehende ERP-Umgebungen um die Prognosefunktionen ergänzen wollen.

Warenwirtschaftssysteme für den Handel vermarkten Softwarehäuser wie Maxess, Bison, Salt Solutions, Compex, Superdata und Aldata. An Firmen des produktionsnahen technischen Handels richten sich Hersteller wie Proalpha, SoftM, Sage Bäurer sowie GWS. Letzterer Anbieter entwickelt eine Lösung, die auf Microsoft Dynamics NAV aufsetzt.