Joint-venture soll Internet-Komplettlösung anbieten

SAP und Intel nehmen den Web-Commerce ins Visier

15.08.1997

Die Gründung des Joint-ventures war Insidern zufolge von langer Hand vorbereitet und bis zuletzt Chefsache. Das neue Unternehmen, an dem die SAP America Inc. und Intel je 50 Prozent der Anteile halten, wird unter dem Namen Pandesic LLC (Limited Liability Corp.) firmieren und seinen Sitz in Sunnyvale, Kalifornien, haben. Die Company ist zunächst ausschließlich in den USA tätig, soll aber binnen eines Jahres auch international operieren. Zielsetzung von Pandesic ist es, ein gleichnamiges Paket aus entsprechender Hard- und Software sowie Dienstleistungen als Komplettlösung anzubieten, mit der Firmen Geschäfte mit Endkunden und Lieferanten via Internet abwickeln können.

Weder von SAP noch von Intel waren Angaben zu den geplanten Investitionen sowie zu den Umsatzerwartungen zu erhalten. Ein SAP-Verantwortlicher sprach gegenüber der COMPUTERWOCHE lediglich von "einem Meilenstein", den man im Bereich elektronischer Märkte gesetzt habe. Zudem wird auf jüngste Prognosen des US-Marktforschungsunternehmens Forrester Research verwiesen, wonach sich bis zum Jahr 2002 das Volumen des Electronic Commerce im Internet von derzeit etwa acht auf mehr als 230 Milliarden Dollar erhöhen dürfte.

Experten gehen davon aus, daß es SAP durch den Deal mit Intel gelungen sein könnte, sich gerade noch rechtzeitig neben dem R/3-Geschäft ein zweites Standbein zu schaffen und vor allem für eine gute Ausgangsposition in den künftigen digitalen Märkten zu sorgen. Denn obwohl das noch in diesem Jahr erwartete R/3-Release 4.0 mit zahlreichen Internet-Funktionen ausgestattet sein wird, hat man die Softwarekomponenten von Pandesic weitgehend unabhängig vom Standardsoftware-Klassiker der Walldorfer entwickelt. So lassen sich die Pandesic-Tools zwar in R/3 integrieren oder als "Web Storefront" mit den R/3-Back-Office-Funktionen Logistik, Buchführung und Rechungswesen kombinieren, ansonsten wurde jedoch SAP und Intel zufolge aus "Gründen der Interoperabilität" vorwiegend auf Microsoft-Standardkomponenten gesetzt.

Dazu zählen Windows NT Server 4.0, "SQL Server", "Internet Information Server" und "Active Page Server". Neben Microsoft bauen die Joint-venture-Part- ner vor allem auf Compaq und Hewlett-Packard. So wird Pandesic zunächst auf den Intel-basierten Servern "Proliant" beziehungsweise "Netserver" vorinstalliert.

Weitgehend als Plug-and-Play-Lösung gestaltet, soll das Paket binnen zwei Wochen in Betrieb zu nehmen sein und als Plattform für Echtzeit-Transaktionen im Internet den Unternehmen ermöglichen, mit ihren Produkten und Dienstleistungen schneller an den Markt zu gehen und damit die Kosten der Markteinführung erheblich zu reduzieren. Durch die Verpflichtung weiterer Partner wie Citibank, Cybercash und UPS könne man vom Marketing über die Bestellung, Zahlungsabwicklung und Auslieferung eine umfassende Electronic-Commerce-Plattform anbieten, heißt es.

Über die Preise für Pandesic, das in der Version 1.0 noch im dritten Quartal 1997 in den USA verfügbar sein soll, schweigen sich beide Unternehmen bis dato aus. Sie seien abhängig von der Hard- und Softwarekonfiguration, dem Umfang der benutzten Anwendungen und dem Transaktionsvolumen. US-Branchenkreise wollen von einer Größenordnung zwischen 20000 und 40000 Dollar wissen. Ein Termin für eine Markteinführung in Deutschland steht noch nicht fest.

Web-Commerce - mit wem?

Wo beginnt der WWW-basierte Electronic Commerce, wo hört er auf und vor allem, was ist eine dafür geeignete Komplettlösung? Fragen, die im sich abzeichnenden Boom elektronischer "Business-to-Business"- und "Business-to-Consumer"-Märkte immer wichtiger werden. Die Liste einschlägiger Anbieter wird immer länger - allein in den letzten neun Monaten haben mehr als 20 zum Teil namhafte, zum Teil auch völlig unbekannte Hersteller entsprechende Produkte auf den Markt gebracht. Namen wie Actra Business Systems, Elcom Systems oder Via-Web dürften jedenfalls bislang nur Insidern etwas gesagt haben. Bekannt waren bis dato vor allem Lösungen wie IBMs "Netcommerce", Microsofts "Merchant Server" oder Oracles "Internet Commerce Server". Als Anbieter, die eine umfassende Electronic-Commerce-Lösung und damit mehr als nur einen Web-Commerce-Server in ihrem Produktportfolio führen, gelten unter anderem Intershop Communications, Open Market und die Bertelsmann-Tochter Telemedia.