Unruhige ERP-Zeiten

SAP und ihre sieben größten Probleme

20.10.2008
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

3. Verärgerte Kunden

Die Gebühren für SAPs Enterprise Support werden in den nächsten Jahren stufenweise angehoben.
Die Gebühren für SAPs Enterprise Support werden in den nächsten Jahren stufenweise angehoben.

Ob allerdings die SAP-Kunden noch so bereitwillig ihre Unterschriften unter die Verträge setzen, wie in den Jahren zuvor, ist fraglich. Die Anwenderunternehmen sind nicht nur wegen der Finanzkrise und der voraussichtlich resultierenden Rezession verunsichert. Viele Firmen haben sich zuletzt über die Erhöhung der Wartungssätze geärgert. Nachdem SAP im Frühjahr zunächst den Neukunden ein hochpreisiges Supportmodell verordnete, kamen im Juli auch die Bestandskunden an die Reihe. Wer künftig SAP-Software einkauft, bekommt dafür automatisch statt dem bisher üblichen Standard-Support den neuen um verschiedene Dienste erweiterten Enterprise Support, muss dafür aber jährlich 22 Prozent des Listen-Lizenzpreises bezahlen. Bislang waren im Rahmen der Standardwartung 17 Prozent zu zahlen. Für bestehende SAP-Lösungen werden schrittweise höhere Wartungsgebühren fällig. Bis 2012 steigen die Supportsätze jährlich in festgelegten Stufen bis auf 22 Prozent an.

Als Begründung für die höheren Supportkosten muss die angeblich höhere Komplexität der IT-Infrastrukturen bei den Anwenderunternehmen herhalten. Das wachsende Lösungsportfolio, die weitere Verbreitung unternehmensübergreifender Geschäftsnetze und der steigende Einsatz serviceorientierter Architekturen (SOA) würden herkömmliche Supportansätze in Frage stellen. Der bisherige SAP-Support, der noch von den Gründungsvätern als Anwendungswartung entwickelt worden sei, könne den Bedarf der Kunden nicht mehr abdecken. Mit dieser Argumentation konterkariert SAP jedoch die Botschaften, die der Konzern seit Jahren in den Markt hinausträgt, um Kunden zum Umstieg auf neue Software-Releases zu bewegen: Damit lasse sich der zunehmenden Komplexität der IT entgegenwirken, lockte der Konzern die Anwender.

Die reagierten verärgert auf die erhöhten Wartungsgebühren. Man benötige keine Zusatzleistungen und werde daher die Erhöhung nicht akzeptieren, lautete die weit verbreitete Kritik vor allem in SAPs Mittelstandsklientel. Diese Kunden achten schon allein aufgrund ihrer beschränkten IT-Ressourcen auf eine möglichst einfach zu handhabende Systeminfrastruktur. Das erweitere Serviceangebot im Enterprise Support werde definitiv nicht benötigt. Angeheizt wurde der Ärger noch dadurch, dass SAP Top-Kunden, die mehr als fünf Millionen Euro jährlich an Wartungsgebühren nach Walldorf überweisen, von den teureren Wartungssätzen verschonte - obwohl gerade diese Klientel die komplexesten SAP-Systeme in Betrieb haben dürfte.

Gute Wartung - schlechte Wartung

Das neue Wartungsmodell des SAP hat für viel Unruhe und Ärger unter den Anwendern gesorgt. Die COMPUTERWOCHE möchte wissen, wie Sie die veränderten Konditionen bewerten und welche Auswirkungen das für Ihr Unternehmen hat. Nehmen Sie an unserer Umfrage teil und gewinnen Sie einen iPod Nano. Hier finden Sie den Fragenbogen:

http://umfragen.idgmedia.de/uc/cw/sap2008/

Auch über die Art und Weise, wie der Softwarehersteller seine Kunden informierte, schüttelten viele Anwendervertreter die Köpfe. Nachdem es noch wenige Wochen zuvor geheißen hatte, für die Bestandskunden bleibe in Sachen Wartung alles beim Alten, flatterte den Unternehmen Anfang Juli ein Brief ins Haus, in dem SAP kurz angebunden die neuen Wartungskonditionen verkündete. Nur wenige Tage darauf gab der Konzern die Veränderung öffentlich bekannt.

Noch ist nicht abzusehen, ob die geänderte Wartungsstrategie dauerhafte Gräben zwischen Anbieter und Anwender hinterlassen wird. Widerstandslos schlucken werden die höheren Kosten jedoch die wenigsten. Viele Unternehmen machen sich derzeit daran, ihre SAP-Umgebungen zu optimieren. Das könnte dazu führen, dass bestehende Lizenzen aus der Wartung genommen oder weitere Investitionen in SAP-Software vorerst auf Eis gelegt werden. Hier wird es für die Walldorfer vorrangig darum gehen, die Wogen zu glätten und die aufgebrachten Kunden zu besänftigen. Das dürfte jedoch nicht ohne Zugeständnisse funktionieren.