Working Capital Management

SAP übernimmt US-Fintech Taulia

27.01.2022
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Für weniger als eine Milliarde Dollar übernimmt SAP die Mehrheit am US-Fintech Taulia. Die Lösung soll in das Business Network der Walldorfer integriert werden.
Mit den Tools von Taulia sollen Unternehmen ihre Liquidität besser im Blick behalten können.
Mit den Tools von Taulia sollen Unternehmen ihre Liquidität besser im Blick behalten können.
Foto: studiostoks - shutterstock.com

Parallel zur Veröffentlichung seiner Jahresbilanz für 2021, gab SAP bekannt, Taulia übernehmen zu wollen. Das in San Francisco beheimatete Fintech-Unternehmen bietet Working-Capital-Management-Lösungen an. Anwender sollen damit einfacher und transparenter den Wert ihrer Verbindlichkeiten, Forderungen und Bestände managen können.

SAP zufolge nutzen mehr als zwei Millionen Unternehmen weltweit die Plattform von Taulia, um zu bestimmen, wann sie zahlen und bezahlt werden wollen. Taulia ist seit 2009 auf dem Markt und wickelt jedes Jahr Transaktionen im Wert von mehr als 500 Milliarden Dollar ab. Das Fintech befindet sich in Privatbesitz und wird von Investoren wie Trinity Ventures, Matrix Partners und Zouk Capital unterstützt.

Über die finanziellen Details des Deals wurde Stillschweigen vereinbart. SAP-CFO Luka Mucic ließ allerdings durchblicken, es sei weniger als eine Milliarde Dollar geflossen, um sich einen Anteil von 95 Prozent zu sichern. "Mit der Übernahme erweitert SAP ihr Geschäftsnetzwerk und verstärkt ihr Portfolio für CFO-Lösungen", hieß es in einer Mitteilung. Taulia soll als ein eigenständiges Unternehmen innerhalb der SAP-Gruppe geführt werden. Cédric Bru bleibe CEO von Taulia, SAPs Finanzchef Mucic soll Vorsitzender des Verwaltungsrats werden.

Luka Mucic, Chief Financial Officer von SAP, soll Taulia für den Softwarekonzern streuern.
Luka Mucic, Chief Financial Officer von SAP, soll Taulia für den Softwarekonzern streuern.
Foto: SAP SE / Ingo Cordes

"Durch die Übernahme sind wir gut positioniert, ein führender Anbieter im Bereich Working Capital Management zu werden", sagte Mucic. Taulia sei bereits ein wichtiger SAP-Partner. Geplant sei, die Integration zu verstärken, sowohl für das SAP Business Network als auch für die CFO-Lösungssuite von SAP. Taulia soll zum Kern des SAP-Working Capital Management-Portfolios werden, hieß es. Allerdings würden die Lösungen von Taulia weiterhin eigenständig auch für Nicht-SAP-Kunden verfügbar bleiben.

Strippenzieher Léo Apotheker?

Kleines Bonmot am Rande der Übernahme: Der ehemalige Vorstandssprecher von SAP, Léo Apotheker, fungiert derzeit als unabhängiger Direktor und hält Aktien von Taulia. Apotheker rückte 2008 an die Spitze von SAP, agierte dort aber mehr als unglücklich. Mit der Erhöhung der Wartungsgebühren brach er einen offenen Streit mit den Kunden vom Stapel. Die negative Stimmung wurde ihm zum Verhängnis. Schon 2010 musste er seinen Hut nehmen und Platz machen für Bill McDermott und Jim Hagemann Snabe.

Auch als Chef von Hewlett-Packard (HP) hielt sich Apotheker nicht lange. Das Gastspiel auf dem CEO-Posten dauerte nicht einmal ein Jahr, von November 2010 bis September 2011. Danach verschwand der Manager in der Versenkung. Interessant ist allerdings, dass Apotheker seit 2016 auch als Non-Executive bei Signavio an Bord ist. Der Berliner Anbieter von Process-Mining-Lösungen wurde im vergangenen Jahr ebenfalls von SAP übernommen. Es hat den Anschein, dass Apotheker hinter den Kulissen den einen oder anderen Deal für seinen ehemaligen Brötchengeber einfädelt.