SAP-Strategie: Plattner widerspricht Plattner

29.06.2007
Das neue Mittelstandsprodukt A1S, das SAP ab 2008 anbieten will, konkurriert nicht mit anderen SAP-Produkten, stellt Hasso Plattner klar. Damit versucht der Ex-SAP-Chef, seine wenige Tage zuvor gemachten Äußerungen zurechtzurücken.

Die neue Mittelstandslösung, Codename A1S, werde weder die anderen SAP-Produkte kannibalisieren noch in Konkurrenz zum bestehenden Geschäftsmodell der SAP treten, machte Plattner deutlich. Damit will der SAP-Gründer laut einem Bericht von Computergram seine Äußerungen, die er kurz zuvor anlässlich einer Veranstaltung seines Hasso-Plattner-Instituts (HPI) gemacht hatte, in ein anderes Licht rücken. Seine Ausführungen seien missverstanden worden. Er stehe voll und ganz hinter dem SAP-Management und unterstütze dessen Strategie – speziell im Bereich Mittelstand.

Vor wenigen Tagen hatte Plattner zur Eröffnung der Konferenz "IT-Design" am HPI gesagt, das mit A1S verbundene Geschäftsmodell stehe mit der gegenwärtigen Geschäftspolitik des Konzerns in Wettbewerb. Software, die als Service zur Miete via Web-Zugriff angeboten werde, bedeute eine große Herausforderung für das klassische On-Premise-Modell, bei dem die Software beim Kunden installiert wird und der Hersteller Lizenz- und Wartungsgebühren kassiert. 99 Prozent der SAP-Installationen funktionierten nach diesem Prinzip.

Eigentlich befindet sich Plattner mit seiner Einschätzung in guter Gesellschaft. Immer wieder hatten in den zurückliegenden Monaten Experten prognostiziert, dass SaaS-Modell werde den Softwaremarkt kräftig durcheinander wirbeln (siehe auch: Ray Lane: Softwarelizenzen und Wartung sind überholt). "Die Softwareindustrie stehe an einem Scheideweg", sagte der ehemalige Oracle-Manager Ray Lane Anfang Mai. Er gehe davon aus, dass das klassische Lizenz- und Wartungsmodell immer stärker unter Druck geraten werde. Prognosen, die in Walldorf nicht unbedingt gern gehört werden dürften.

Die SAP-Führung rund um Vorstandssprecher Henning Kagermann und dessen Stellvertreter Leo Apotheker bemühen sich seit Monaten, die angekündigte Hosting-Lösung A1S als zusätzlichen Umsatzquell für SAP darzustellen. Der Softwarekonzern will mit der Mietsoftware, die Anfang 2008 an den Start gehen soll, sein Mittelstandsgeschäft weiter ankurbeln. Viele Anbieter konzentrieren sich mehr und mehr auf diesen Markt, nachdem sich im Großkundengeschäft zunehmend eine Sättigung abzeichnet (siehe auch: Oracle sucht den Mittelstand).

A1S richtet sich in erster Linie an Unternehmen mit 50 bis 500 Mitarbeitern. Die Lösung besteht aus einem kompletten ERP-Paket, dass der Kunde online konfigurieren und beziehen kann. SAP zufolge biete die standardisierte Lösung nur eingeschränkte Customizing-Möglichkeiten, sei deshalb allerdings leicht und schnell zu implementieren.

Von Bedenken, das neue Angebot könnte gegen die bestehenden Mittelstandprodukte "All-in-One" und "Business One" konkurrieren, wollen die SAP-Manager nichts wissen. A1S richte sich an Anwenderunternehmen, die bislang nichts von SAP wissen wollten, betonte Kagermann im Frühjahr dieses Jahres. Diese Klientel hätte aus Angst vor komplexen Softwareprojekten die Finger von SAP-Produkten gelassen. Das soll sich mit A1S ändern.

Die Erwartungen sind hoch. Die neue Software-as-a-Service-Lösung soll SAP einen Markt mit einem Volumen von 15 Milliarden Dollar erschließen. Rund 10.000 neue Kunden will der badische Hersteller jährlich mit A1S hinzugewinnen. Insgesamt sollen bis 2010 rund 100.000 Namen auf SAPs Kundenliste stehen. Heute sind es etwas mehr als 39.000.

Schon heute kämen 65 Prozent der Kunden aus dem Mittelstand, versuchen sich die SAP-Verantwortlichen als Softwareanbieter für dieses Segment zu profilieren. Allerdings liegt der Umsatzanteil dieses Geschäfts nur bei 30 Prozent. Damit wird deutlich, dass der Anbieter nach wie vor den Löwenanteil seiner Einnahmen mit dem angestammten Großkundengeschäft verdient.

Offenbar tut sich die SAP-Führung schwer, sich ganz auf das SaaS-Modell einzulassen (siehe auch: SAP springt auf den SaaS-Zug auf). Zwar werden Kagermann und Co. nicht müde, A1S als die neue Lösung für den Mittelstand zu propagieren. Darüber hinaus ist aber auch immer häufiger zu hören, SaaS sei nicht der Weisheit letzter Schluss und man müsse den Kunden auch die Wahlfreiheit lassen, wie er seine Software beziehen möchte. SAP bringt in diesem Zusammenhang immer stärker Hybrid-Modelle ins Spiel, in denen ein Wechsel von der Mietsoftware auf ein On-Premise-Produkt möglich ist. Eine ähnliche Strategie hat der Anbieter bereits im Rahmen seines CRM-on-Demand-Angebots verfolgt. Damals hatte es geheißen, Kunden könnten mit der Mietsoftware starten und etwas experimentieren, um dann auf ein herkömmliches Lizenzmodell umzusteigen. (ba)