SAP setzt Anwender unter Druck

14.02.2002
Von Christian Zillich
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) – Der SAP-Vertrieb lässt derzeit wenig unversucht, um R/3-Kunden zum Wechsel auf Mysap.com-Produkte zu bewegen. Diesem Drängen wollen jedoch viele Anwender aus finanziellen und technischen Gründen nicht so schnell nachgeben.

Wer zu spät kommt, den straft die SAP. Unter diesem Motto lässt sich die derzeitige Strategie zusammenfassen, mit der die Walldorfer Anwender zu einer möglichst raschen Migration auf Mysap.com-Produkte bewegen wollen. Bis Ende 2001 wurden wechselwilligen Kunden ihre bestehenden Lizenzen zu 100 Prozent auf die neuen Verträge gutgeschrieben. Damit ist nun Schluss: „Bis zum 31. Dezember 2002 rechnen wir bis zu 75 Prozent an. Die Anrechnungsregeln für das Folgejahr werden im Laufe des jeweiligen Jahres festgelegt“, so die SAP auf Nachfrage.

Die genannten 75 Prozent stellen jedoch einen Maximalwert dar, den nur erreicht, wer einen Vertrag mit deutlich höherem Volumen abschließt. Welche konkrete Anrechnungsregel zum Tragen kommt, lässt sich offenbar nur im Einzelfall klären. Ferner schlägt der erweiterte Funktionsumfang von Mysap.com mit deutlich höheren Listenpreisen zu Buche. Dies ist besonders für Anwender problematisch, denen die R/3-Module ausreichen oder die einen Best-of-Breed-Ansatz fahren.

Außerdem wurde die Wartungsgebühr von 15 auf 17 Prozent der Lizenzkosten erhöht. Darunter leiden besonders kleinere Kunden: Unter 1,5 Millionen Euro Vertragsvolumen werden die Wartungsgebühren auf den Listenpreis fällig, also ohne dass Rabatte einfließen.

Viele Anwender betrachten es daher als glatten Hohn, wenn sie in Informationsschreiben des Softwareherstellers zur neuen Preisliste Sätze wie diesen lesen: „SAP gewährt Ihnen für den leichten und günstigen Umstieg auf Mysap.com oder Mysap.com-Lösungen einen Investitionsschutz gemäß der beigefügten Abrechnungsregel.“

Am Beispiel der Readymix AG und ihrem englischen Mutterhaus RCM Group Plc. lässt sich zeigen, dass eine ohnehin kostspielige Migration auf Mysap.com mit der Zeit immer teurer wird. Der international tätige Baustoffproduzent mit einem Jahresumsatz von 8,7 Milliarden Euro verfügt über einen Wertkontrakt zur R/3-Nutzung mit einem Volumen von sechs Millionen Euro. Laut Werner Köckeritz, Director of International Informationsystems bei RCM, deckt die damit lizenzierte Funktionalität im Wesentlichen den Bedarf seines Unternehmens ab, an den in Mysap.com enthaltenen zusätzlichen Funktionen hat er momentan kein Interesse.