Die AS400 tut sich als Plattform schwer

SAP: R/3 als Migrationspfad für R/2-Anwender eine Utopie

06.12.1991

BERLIN (sc) - Mögliche Pläne auf der Anwenderseite, von der /370-Mainframe-Software R/2 auf die Unix-basierten R/3-Module zu migrieren, machte Hasso Plattner, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der SAP AG, zunichte. "R/3 ist kein Remake von R/2 auf einer anderen Plattform, sondern eine vollkommen andere Software", stellte Plattner auf einem SAP-Workstation-Kongreß in Berlin klar.

Beide Systeme unterscheiden sich laut Plattner bereits vom Entwicklungsansatz her grundlegend. Bei der Host-basierten zentralen DV sei es aufgrund der knappen Ressourcen notwendig gewesen, die R/2-Software so zu entwickeln, daß die Rechnerkapazität optimal ausgenutzt wurde. Dabei sei die bestmögliche Unterstützung des Endanwenders notgedrungen zu kurz gekommen.

Dagegen ermöglichten es nun "persönliche Workstations" und Client-Server-basiertes Transaction-Processing (CSTP), "Anwendungen anders zu bauen", erläuterte Plattner - komfortabler nämlich als bisher auf den zentral eingesetzten Mainframes, deren Time-sharing-Architektur und zeichenorientierter Darstellungsmodus dies verhindert hätten. Anders als bei den von Plattner als "Kompromißlösungen" bezeichneten proprietären Host-Anwendungen stünde bei Arbeistplatzorientierten Systemen weniger die Auslastung des Rechners, sondern vielmehr der Easy-touse-Ansatz im Vordergrund. Erste Priorität habe nun, wie auch bei der Entwicklung der in ANSI-C-geschriebenen R/3-Module, mit der Software den Benutzer optimal zu unterstützen. Das bedeutet aber, auch darauf wies Plattner unmißverständlich hin, einen Bruch mit der /370-Tradition.

Daß die Rechnerressourcen bei dezentralen Umgebungen nicht bis zum letzten ausgereizt werden müssen, erklärte der R/3-Marketing-Verantwortliche Paul Wahl mit der ständigen Verbesserung des Preis-Leistungs-Verhältnisses bei der Hardware. Die Ziele von SAP seien, so der ehemalige OSF-Mann, mit R/3 den künftigen Trends der Basistechnologie zu folgen. Dazu zählt er Client-Server-Konzepte, grafische Benutzeroberflächen und relationale Datenbanken.

Wahl zufolge steigt künftig die Bedeutung der Software, besonders in bezug auf Komponenten der systemnahen Zwischenschicht, für die man bei SAP den Begriff "Middleware" geprägt hat. Dazu zählt der Open-Systems-Fachmann unter anderem Protokolle, die auf offenen Standards basieren, ferner Objektorientierung sowie grafische Benutzerschnittstellen.

Das R/3-System nutzt als grafische Benutzeroberfläche die CUA-Technologie der IBM und werde deshalb laut Plattner nur noch in Ausnahmefällen zeichenorientiert arbeiten. So würden dem SAP-Manager zufolge Überlegungen angestellt, 3270-typische Anwendungen unter R/3 nicht mehr zu unterstützen, "weil das keinen Sinn macht" (Plattner). In erster Linie sei die Software für X-Terminals und grafische Bildschirme in einer offenen Umgebung konzipiert. Daraus lasse sich ableiten, so Plattner, daß sich auch die AS/400 als R/3-Plattform "schwer tut". Ergänzt SAP-Marketier Wahl: "Die AS/400 könnte das Schicksal der Nixdorf-8870 erleiden." Wahl sieht IBM-intern einen Konflikt zwischen der RS/6000 und der AS/400 programmiert.

Auf die R/3-Entwicklung zurückkommend, räumte Plattner ein, daß man derzeit noch Probleme mit der Geschwindigkeit auf der Datenbeschaffungs-Seite habe, da das Remote-SQL zu langsam sei. Hier suche das Softwarehaus nach Datenbank-Alternativen, sagte der Ex-IBMer.

Wie Peter Zencke, Entwicklungsleiter der R/3-Logistik, in seinem Referat ausführte, sollen Mitte 1992 die ersten R/3-Module auf den Markt kommen. Befürchtungen von R/2-Anwendern, daß diese Software dann nicht mehr weiterentwickelt werde, wiesen jedoch sowohl Zencke als auch Plattner als unbegründet zurück. Bis 1995 sollen die Entwicklungen für R/2 und R/3 parallel laufen, obwohl man sich damit, wie dem SAP-Vorstandsmitglied im Redeeifer rausrutschte, auf einen "Eiertanz" eingelassen habe. Fürchtet der SAP-Manager, daß die Kunden nicht mitspielen? *