Integration mit IBMs Websphere und Microsofts .NET soll einfacher werden

SAP öffnet Mysap.com auf Druck der Kunden

24.01.2003
MÜNCHEN (fn) - Auf Drängen seiner Kunden öffnet SAP seine Technologiebasis den Konkurrenten Microsoft und IBM. Anwender sollen in der Lage sein, Entwicklungswerkzeuge und Softwareprodukte der beiden Wettbewerber in die aus "Mysap Technology" hervorgegangene "Netweaver"-Plattform einzubinden.

Auf der letzten Sapphire-Konferenz in Lissabon hatte SAP-Chef Hasso Plattner Microsoft und IBM noch zu seinen schärfsten Konkurrenten erklärt. Nun verkündete der Firmengründer, seine Produkte sowohl der .NET-Umgebung von Microsoft als auch IBMs Infrastruktursuite "Websphere" zu öffnen. "Unsere Kunden haben uns gebeten, beide Plattformen zu unterstützen", begründet Plattner die neue Strategie.

Nach Überzeugung von Derek Prior, Research Director beim Beratungshaus Gartner im englischen Egham, kann jedoch von einer Bitte keine Rede sein, vielmehr hätten die Kunden Druck auf den Hersteller ausgeübt. "SAP hat sich bemüht, den politischen Zündstoff herauszunehmen", beurteilt Helmuth Gümbel, Managing Partner beim Beratungshaus Strategy Partners International in Scoul, Schweiz, die Vorgehensweise des Softwarekonzerns. Der Anbieter wolle sein Angebot als Ergänzung und nicht als Ersatz für .NET und Websphere verstanden wissen. Zuvor hätten einige Kunden befürchtet, die SAP werde sich in "religiöse Auseinandersetzungen" mit IBM und Microsoft verstricken.

Für SAP-Anwender sollen die Entwicklungsumgebungen und Softwareprodukte von IBM und Microsoft einfacher und vor allem kostengünstiger mit den Business-Applikationen, dem Portal-Server sowie der Integrationsplattform aus Walldorf zu verbinden sein. Eine Reihe von SAP-Kunden hat bereits in Websphere oder .NET investiert beziehungsweise plant, dies zu tun; einige darunter fahren hierbei sogar zweigleisig. Zwar machen IBM und Microsoft den Walldorfen nicht bei unternehmensweiten Geschäftsanwendungen Konkurrenz, sehr wohl aber stehen die Infrastrukurplattformen der drei Firmen im Wettbewerb zueinander: Jede verfügt über eigene Applikations-Server, Portalsoftware sowie Lösungen zur Prozess- und Datenintegration.

Allerdings gelten Microsoft und IBM in Sachen Web-Services als die treibenden Kräfte, was SAP zusätzlich zum Schulterschluss mit beiden Playern genötigt hat. Auch andere Applikationsspezialisten suchen die Kooperation mit Web-Services-Spezialisten: Erst im Oktober 2002 hatte SAPs CRM-Rivale Siebel Systems eine weit reichende Zusammenarbeit mit Microsoft vereinbart. Sie sieht die Anpassung des "Universal Application Network" von Siebel an .NET und die Bürosoftware "Office" vor.

Neue Marke - bekannte Produkte

Den Kern der neuen SAP-Strategie mit der Bezeichnung "Enterprise Services Architecture" (ESA) bildet das Produkt "SAP Netweaver". Allerdings webt der "Netzweber" nicht mit neuer Wolle, denn die Integrations- und Applikationsplattform der Walldorfer basiert in erster Linie auf der vor etwa zwei Jahren vorgestellten "Mysap Technology". SAP gibt zu, bekannte Technik umgetauft zu haben. "Als Mysap Technology auf den Markt kam, gab es noch keine Xapps. Zudem wurde unsere Plattform um BusinessIntelligence-Features, ein Data Warehouse, eine Mobile Engine und das Master Data Management erweitert", begründet Peter Graf, Vice President Market Strategy, die Begriffskosmetik im Gespräch mit der CW. Doch auch diese Produkte hatte der Hersteller schon zuvor auf den Markt gebracht oder zumindest vorgestellt. Bis auf das für September dieses Jahres angekündigte Master Data Management und das "Composite Application Framework" sind alle Netweaver-Elemente bereits heute erhältlich.

Framework für Xapps

Netweaver besteht aus dem "Web Application Server", der sowohl Abap- als auch J2EE-Code ausführt, dem Integration Broker "Exchange Infrastructure" (XI), Methoden zur Integration von Geschäftsinformationen sowie zur Stammdatenkonsolidierung (Master Data Management), Lösungen zum Wissens-Management sowie dem Portalprodukt "SAP Enterprise Portal". Mit dem Composite Application Framework stellt SAP sowohl Partnern als auch Kunden Methoden zur Entwicklung anwendungsübergreifender Applikationen (Xapps) zur Verfügung.

Der aus Anwendersicht weitaus wichtigere Part von SAPs ESA-Strategie ist hingegen die Öffnung zu IBMs Websphere und .NET von Microsoft. Eine kleine Brücke ins .NET-Lager boten die Walldorfer allerdings schon mit dem ".NET Connector" unter Mysap Technology an, die nun vorgestellte Verknüpfung mit Microsofts Web-Services-Plattform soll aber mehr Funktionen enthalten. So wird es ein "Portal Development Kit" für die Entwicklungsumgebungen von IBM und Microsoft geben, so dass beispielsweise in Visual Studio .NET geschriebene Applikationen in das SAP-Portal eingebettet werden können. Auch das Andocken der E-Mail-Lösung Exchange sowie des Office-Pakets ans SAP-Portal möchte das deutsche Softwarehaus erleichtern.

Abb: Brückenschlag zur Konkurrenz

Über die Netweaver-Plattform sollen SAP-Kunden künftig Produkte von Microsoft und IBM einfacher integrieren können. Die Funktionen zur Anbindung sind allerdings noch nicht entwickelt. Quelle: Nach einer Vorlage von SAP