Innovative Lager-Anwendung

SAP meets Smart Glass

03.06.2014
Von 


Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
Der IT-Dienstleister Itizzimo demonstriert am Beispiel einer Anwendung für Lageristen, welches Business-Potenzial in Google Glass & Co. steckt. Bei der Lösung werden Smart Glasses mit Augmented Reality und SAP Warehouse kombiniert.
Itizzimo verbindet die Smart Glass von Vuzix mit SAP Warehouse.
Itizzimo verbindet die Smart Glass von Vuzix mit SAP Warehouse.
Foto: Itizzimo

Mit der wachsenden Popularität von Google Glass und anderer schlauen Datenbrillen schießen dazugehörige Anwendungen mittlerweile wie Pilze aus dem Boden. Inzwischen gibt es dabei auch etliche interessante Szenarien im B2B-Bereich und dies aus gutem Grund: Im Gegensatz zur privaten Nutzung, wo Smart Glasses als neuestes Gimmick vornehmlich das Smartphone ersetzen sollen, haben sie speziell in der Industrie, im Handwerk oder in der Logistik eine tatsächliche Existenzberechtigung. Sie ermöglichen es Arbeitern, die buchstäblich alle Hände voll zu tun haben, mobil auf wichtige Informationen zuzugreifen.

Besonders interessant ist die Kombination von Smart Glasses mit Augmented Reality, da die Infos hier mit einer konkreten Situation in Verbindung gebracht und dargestellt werden - Experten bezeichnen AR nicht ohne Grund als die Killerapplikation der Datenbrillen. Dieses Potenzial hat auch die Würzburger Firma Itizzimo erkannt und vor gut einem Jahr ihr SAP-Knowhow durch die Fusion mit der Agentur Buena La Vista um diese Themen erweitert. Als Ergebnis dieses Zusammenschlusses entwarf Itizzimo im vergangenen Jahr eine eigene Smart-Glass-Lösung für Lageristen und integrierte sie über das Salt-Add-On "Business Glass Connector" in die Standardprozesse von SAP Extended Warehouse Management (EMW).

Weitere Kooperationspartner neben SAP-Integrator Salt Solutions waren SAP selbst, der Brillenbauer Vuzix, AR-Spezialist Metaio und der IT-Dienstleister Bechtle. Das Szenario: Die Arbeiter bekommen beim Kommissionieren von Waren wichtige Auftragsinformationen wie Lagerort, Typ und Stückzahl im Blickfeld der Brille angezeigt. Dank des in der Brille integrierten Scanners kann die Ware anschließend direkt im verbundenen SAP-System verbucht werden. Wie Itizzimo demonstriert, ist das vereinfachte Kommissionieren (Picking by vision) jedoch nur ein Aspekt, wie Smart Glasses - die entsprechenden Anwendungen vorausgesetzt - die Arbeit im Lager erleichtern könnten.

In dem durchaus realistischen Arbeitsprozess hilft die Brille außerdem Staplerfahrern beim Einstellen von Paletten in ein Hochregallager oder warnt sie vor kreuzenden Kollegen in den Gängen. Sie informiert auch über einen möglichen Defekt des Fahrzeugs und zeigt, wie er zu beheben ist. Auch hier kommt wieder Augmented Reality zum Einsatz, ist das Problem größer als angenommen, kann der Lagerist per Videokonferenz einen Experten hinzuschalten.

Dass Itizzimo damit ein Hype-Thema aufgegriffen hat, demonstrieren nicht zuletzt die - für ein B2B-Thema - hohen Aufrufzahlen des vielfach geposteten Videos. Es handle sich dabei um "Warehouse Porn", so Christoph Bouveret, Chief Innovation Officer von Itizzimo, scherzhaft im Gespräch. Tatsächlich aber böte die Kombination von Smartglasses und Augmented Reality im Lagerumfeld gleich eine ganze Reihe von Vorteilen, hob Bouveret hervor. So müssten etwa keine teuren Investitionen in neue Lagertechnik getätigt werden und die Flexibilität im Lager bleibe erhalten.

Außerdem betonte Bouveret, dass die Smart-Glass-Lösung ein papierloses und freihändiges Arbeiten ermögliche - die Steuerung erfolge einfach über Sprachbefehle, "Tippen" an die Brille oder durch angeschlossene Peripheriegeräte.

Nicht zuletzt belege auch eine Studie der TU München, dass Picking per vision im Vergleich zu Picking by list oder per voice schneller ist und eine geringere Fehlerrate aufweist.

Weitere Szenarien im Visier

Christoph Bouveret ist Chief Innovation Officer von Itizzimo.
Christoph Bouveret ist Chief Innovation Officer von Itizzimo.
Foto: Itizzimo

Neben der Lageranwendung hat Itizzimo noch verschiedene weitere Einsatzszenarien für Smart Glasses im Visier. Bei insgesamt fünf großen Unternehmen als Pilotkunden für die Lösung ist die Company jedoch wegen der umfangreichen Betreuung aktuell nach eigenen Angaben vollauf ausgelastet, zumal die 30-Personen-Firma noch auf die Entwicklung von SAP-Addons als Brot-und Butter-Geschäft angewiesen ist.

Auch Interessenten müssen derzeit nichts überstürzen: Beim gegenwärtigen Stand der technischen Entwicklung empfiehlt Chief Innovation Officer Bouveret, dieses Jahr Piloten zu fahren und die Lösung zu evaluieren und dann nächstes Jahr auszurollen. Dabei dürften sich seiner Meinung nach deutliche Einsparungspotenziale aufzeigen - immerhin würden aktuell viele Unternehmen aus Kostengründen auf die ähnliche, aber deutlich umständlichere Methode "Picking by light" wechseln. Für die Kommissionierung per Lichtsignal muss an jedem Lagerfach eine Signallampe mit einem Ziffern- oder alphanumerischen Display angebracht und verdrahtet werden - Kosten, die bei ihrer AR-Lösung nicht anfallen würden, so Bouveret. Eine Entscheidung für ein bestimmtes Smart-Glass-Modell sei dabei noch nicht nötig - Entwickelt werde auf Android-Basis mit einem Web-Services-Framework für die Anbindung an die SAP-Module EWM, WM und MM. (CIO.de/mb)