Business Objects, Business ByDesign und klassisches ERP

SAP macht Mehrproduktstrategie zu schaffen

09.04.2008
Von 
Vice President Software & SaaS Markets PAC Germany
Die Berufung von Léo Apotheker zum CO-CEO und zum designierten Nachfolger von Henning Kagermann wird SAPs Weg zu einer Mehrproduktstrategie beschleunigen, meint das Beratungshaus Gartner.

Nachdem SAP über Jahre die Entwicklung auf das zentrale Produkt R/3 beziehungsweise dessen Nachfolger SAP ERP konzentriert hat, wich der Konzern mit dem Bau der neuen On-Demand-Lösung Business ByDesign sowie dem Kauf des Business-Intelligence-Anbieters Business Objects von diesem Konzept ab und muss sich nun um viele unterschiedliche Baustellen kümmern.

Das fällt den Walldorfern offenbar nicht leicht. Mehrere Produkte erfolgreich am Markt zu platzieren und dazu noch durch den Business-Objects-Kauf hervorgerufene Überlappungen im Portfolio zu beseitigen fordern Gartner zufolge das neue SAP-Management heraus. Dies ist eine neue Situation für den Konzern, weil dieser bislang auf organisches Wachstum gesetzt hat. Übernahmen kamen zuvor nur in Frage, um funktionale Lücken im Produktangebot zu füllen. Vor ähnlichen Herausforderungen stehen nach den Worten der Gartner-Experten auch IBM und Oracle, die in den letzten Jahren zahlreiche Softwarehäuser übernommen haben.

Anwender sollen Zusagen von SAP einfordern

Anwender sowie potenzielle Neukunden von SAP sollten den Hersteller daher drängen, über künftige Funktionen der unterschiedlichen Produkte Klarheit zu schaffen, sowie verbindliche Zusagen einfordern. Der Grund: SAP müsse ihre Entwicklungskapazitäten nun auf mehrere Baustellen verteilen: Business ByDesign, die Business Optimization Platform (zu der Business Objects gehört) sowie die traditionellen Geschäftsapplikationen. Apotheker hat jedoch angekündigt, die Entwicklungsausgaben zu senken. Bisher liegen sie bei 14 Prozent des Umsatzes. Pro Jahr möchte der künftige SAP-Lenker diesen Posten um etwa ein Prozent verkleinern.

Möglicherweise haben weniger gut gehende Produkte wie das kleine ERP-System "Business One" unter der neuen Unternehmensleitung zu leiden. Offenbar hat diese Lösung für den Konzern schon jetzt keine allzu große Bedeutung mehr. "Von Business One hört man so wenig, dass es fraglich erscheint, ob das System eine strahlende Zukunft hat", meint Christian Hestermann, Research Director ERP bei Gartner in Deutschland.

Lücke beim technischen Führungspersonal

Ohnehin nimmt das Gewicht der Techniker mit Führungsverantwortung bei SAP ab. Hestermann fragt sich beispielsweise, warum die Rolle des schon in 2007 ausgeschiedenen Vorstandsmitglieds Shai Agassi als Innovations-Missionar auch in der neuen Führungsstruktur nicht neu besetzt wird. Zumal der Vertrag von Peter Zencke im nächsten Jahr ausläuft. " SAP habe hier eine Gelegenheit verpasst, diese offene Personalie zu regeln, und man dürfe gespannt sein, ob und wann der Softwareanbieter hier einen Nachfolger nennt." Zencke hatte in letzter Zeit vor allem an "Business ByDesign" gearbeitet. In das neu entwickelte On-Demand-ERP-System setzt SAP große Hoffnungen. Noch ist es aber nicht allgemein verfügbar. Lediglich eine Reihe von Testkunden nutzen die Mietapplikation.