Im CRM gegen Salesforce

SAP kauft Qualtrics für acht Milliarden Dollar

12.11.2018
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Wie unabhängig bleibt Qualtrics unter dem SAP-Dach?

Entscheidend dürfte jedoch sein, wie unabhängig die XM-Werkzeuge von Qualtrics in Zukunft funktionieren werden. Derzeit offeriert der XM-Anbieter für den Datenzugriff Schnittstellen in unterschiedlichste Drittsysteme - beispielsweise zu den SAP-Konkurrenten Salesforce, Workday und Marketo, das kürzlich von Adobe geschluckt worden ist. Gerade in dieser Integration liegt auch der Vorteil für die Anwender. SAP selbst hatte sich in der Vergangenheit mit der Akzeptanz von Drittsystemen eher schwer getan. Der Streit mit Anwendern, wie Nutzung von Drittsoftware zu lizenzieren sei, ist trotz der Bemühungen der SAP-Verantwortlichen, längst nicht vom Tisch - wie erst jüngst die Klage des deutschen CIO-Verbands VOICE gegen SAP Anfang Oktober gezeigt hat.

Betriebsdaten aus den SAP-Systemen mit Erlebnisdaten aus den Qualtrics-Tools verknüpfen - darin liegt der Schlüssel für den Erfolg der teuren Übernahme.
Betriebsdaten aus den SAP-Systemen mit Erlebnisdaten aus den Qualtrics-Tools verknüpfen - darin liegt der Schlüssel für den Erfolg der teuren Übernahme.
Foto: SAP

Mit der Übernahme von Qualtrics will SAP sein Standing im CRM-Markt verbessern und Boden auf den Marktführer Salesforce gutmachen. Salesforce, das als Software-as-a-Service-Spezialist (SaaS) für CRM-Lösungen gestartet war, hat sein Portfolio über die Jahre hinweg kontinuierlich ausgebaut. Anwender finden in der Salesforce-Cloud unzählige Zusatzservices und -funktionen für ihr Kundenmanagement, die teilweise von Salesforce selbst oder von Partnern in einem kontinuierlich wachsenden Ökosystem angeboten werden. Beispielsweise treibt Salesforce derzeit massiv Eigenentwicklungen rund um seine KI-Portfolio "Einstein" voran. Auf seiner Dreamforce-Konferenz Ende September hat der Cloud-Spezialist mit "Customer 360" eine neue Lösung präsentiert, mit deren Hilfe Anwender eine einheitliche Sicht auf sämtliche Kundendaten erhalten sollen. Dafür müssten die Daten nicht erst aufwändig integriert und aufbereitet werden, hieß es.

Außerdem suchte der SAP-Konkurrent Bündnisse mit Branchengrößen wie IBM, Google sowie Cisco und kaufte Lösungen zu - zuletzt im März 2018 den Integrationsspezialisten Mulesoft für 6,5 Milliarden Dollar. Mulesoft bietet Anwendern eine Plattform, deren APIs die Konnektivität zu beliebigen Anwendungen, Daten und Geräten herstellen - in der Cloud wie auch on-premise. Verbinde man diese Schnittstellen mit Customer 360, entstehe ein vollständiger Blick auf den Kunden, verspricht der Anbieter.

CRM-Markt wird immer lukrativer

Salesforce führt den globalen CRM-Markt derzeit mit deutlichem Vorsprung an. IDC zufolge kam der Cloud-Spezialist im vergangenen Jahr auf einen Marktanteil von fast 20 Prozent. Die Kontrahenten Oracle und SAP lagen mit 7,1 beziehungsweise 6,5 Prozent abgeschlagen auf den Plätzen. Auch SAP wird sich öffnen und einen eher Ökosystem-orientierten Ansatz verfolgen müssen, um im CRM-Segment punkten zu können.

SAPs Cloud-Reise - schon im Jahr 2020 will der Softwarehersteller mehr als acht Milliarden Euro mit Lösungen aus der Cloud verdienen.
SAPs Cloud-Reise - schon im Jahr 2020 will der Softwarehersteller mehr als acht Milliarden Euro mit Lösungen aus der Cloud verdienen.
Foto: SAP

Gartner zufolge wird sich das weltweite Volumen des CRM-Geschäfts 2018 auf fast 45,8 Milliarden Dollar belaufen - 16 Prozent mehr als im Vorjahr. Bis 2020 rechnen die Analysten mit Einnahmen von fast 60 Milliarden Dollar. Damit rangiert CRM mit deutlichem Abstand als stärkstes Segment im Markt für Business-Software. Für Enterprise Resource Planning (ERP), die eigentliche Domäne von SAP, rechnet Gartner im laufenden Jahr mit einem globalen Marktvolumen von 33,6 Milliarden Dollar, das bis 2020 auf 38,3 Milliarden Dollar anwachsen soll.