DV und RechtAllgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) großer Lieferanten

SAP: Im Grundsatz in Ordnung, nicht aber im Detail

28.02.1997

Von den wichtigen Klauseln, die SAP festschreibt, sind nur wenige als unwirksam einzustufen. Diese beziehen sich insbesondere auf die Softwarepflege. So kann SAP nach Paragraph 18.1 ihrer AGB einseitig ändern, welche Leistungen erbracht werden sollen. Angesichts der Wichtigkeit der Pflege für den Kunden ist das rechtlich nicht durchsetzbar.

Es ist unklar, was der Anwender erhält

Was der Kunde an Pflegeleistungen erhält, steht in der Preis- und Konditionenliste (PKL), die ebenfalls zahlreiche rechtliche Regelungen enthält. Auch diese unterliegen der Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz.

Unklar ist, welche Leistungen der Anwender gemäß V.1 a) der PKL innerhalb der Pflegepauschale erhält. Die Klausel spricht von "neuen Ständen der Software. Mit erfaßt sind kleinere Funktionserweiterungen". Da keine Einschränkung definiert ist, was ein neuer Stand ist, hat der Kunde Anspruch auf alles, was noch R/3 (oder R/2) heißt. Ausgenommen sind nur neue Positionen in der Preisliste. Wenn der Änderungsvorbehalt nach Paragraph 18.1 der AGB wirksam wäre, könnte SAP neben der satten Pflegepauschale auch eine gesonderte Vergütung für erheblich weiterentwickelte Versionen verlangen.

Nutzer sind nicht eindeutig definiert

Paragraph 19.2 erweckt den Eindruck, daß das Recht zur Kündigung (frühestens zum Ablauf von zwei vollen Kalenderjahren) auch für die Walldorfer gilt. Richtig ist hingegen, daß SAP die Pflege vor Ablauf einer angemessenen Frist nicht kündigen darf. Diese Frist dürfte fünf bis sechs Jahre betragen. Die Gefahr, daß SAP die Pflege vor Ablauf dieser Frist kündigt, ist wohl gering.

Unklar ist auch V.1 b) der PKL über die "Störungshilfe": "SAP unterstützt den Auftraggeber (...) nach Fehlermeldungen durch Hinweise zur Fehlerbeseitigung, Fehlervermeidung und Fehlerumgehung." Der Kunde sollte davon ausgehen, daß die Walldorfer sich nicht zur Fehlerbeseitigung verpflichten wollen.

Kritisch ist die Regelung in I.3, Absatz 3, der PKL über die "definierten Nutzer". Das Recht, daß R/3 50 Anwender nutzen, bezieht sich nicht auf 50 gleichzeitige Benutzer, sondern auf 50 definierte. Wenn sich zwei Halbtagskräfte einen Arbeitsplatz teilen, sind sie als zwei Benutzer zu zählen und die doppelte Gebühr ist zu zahlen. Nach Paragraph II.2 Absatz 3 darf der Benutzer frühestens nach drei Monaten umbenannt werden.

Nach Paragraph I.3, Absatz 3, darf das Schlüsselwort zwar "ausnahmsweise (z.B. bei Urlaub oder Krankheit) durch eine andere Person genutzt werden". Das löst das Problem der Halbtagskräfte aber nicht. Auf Dauer wird sich der gesunde Menschenverstand durchsetzen: Jeder, der an einem bestimmten Arbeitsplatz arbeitet, wird sich unter demselben Namen anmelden. Die Berechtigung, auf Daten zuzugreifen, sowie die Protokollierungsfunktion richten sich aber nach diesem Namen. Zugriffsschutz und Protokollierungsfunktion werden also wahrscheinlich außer Kraft gesetzt.

Das muß kein Anwender hinnehmen. Deswegen ist die Regelung in Paragraph II.2 Absatz 3 unwirksam. Der Benutzer darf also laufend umdefiniert werden.

Die übrigen Klauseln, die als unwirksam einzustufen sind, sind weniger wichtig. Die Unwirksamkeit beruht häufig darauf, daß punktuell über das Ziel hinausgeschossen wird oder daß Formulierungen gegen das Verständlichkeitsgebot verstoßen. Insgesamt sind überraschend viele Regelungen unklar oder ungereimt. So verweist Paragraph 8.1 der AGB "für die Weitergabe von umgearbeiteter SAP-Software" von R/3 auf die PKL. Dort wird in IV.2 e) auf "die Beschränkungen des Paragraph 8 AGB" zurückverwiesen.

Weiteres Beispiel: Nach Paragraph 1.4, Absatz 2, der AGB "gelten für Software (...) Dritter, die die SAP mitvertreibt, teils Sonderbedingungen". Das ist unwirksam, weil unklar ist, welche Regelungen der AGB von SAP dann jeweils ersetzt werden sollen. Paragraph 5.13 Satz 1 wiederholt diesen Sachverhalt und fährt dann fort: "Die SAP vermittelt für diese Software grundsätzlich nur die Rechte" zur Benutzung. Im Kaufvertrag wird diese Software ganz normal als Position aufgeführt, die SAP verkauft. Sie wird nicht vermittelt.

Für Kunden, mit denen SAP direkt Verträge schließt, spielt die Verständlichkeit der Vertragsbedingungen keine große Rolle, weil diese innerhalb der geschäftlichen Beziehung in den Hintergrund treten.

Die R/3-Systemhäuser haben allerdings die Bedingungen von SAP gegenüber dem mittelständischen Anwender zu vertreten. Zum Teil müssen sie das tun. Sie können ihren Kunden nicht andere Rechte einräumen, als SAP das ihnen gegenüber tut. Es wäre möglich die Regelungen zu straffen und zu präzisieren, aber die Systemhäuser wagen sich nicht so recht daran. Das beeinträchtigt die Atmosphäre. Glücklicherweise liest nur ein Teil der Kunden die Vertragsbedingungen, die ihnen vorgelegt werden.

*Dr. Christoph Zahrnt ist Rechtsanwalt in Neckargmünd und beschäftigt sich außschließlich mit DV-Vertragsrecht und Softwareschutz.