SAP-Experten bleiben Mangelware

30.11.2005
Von Marc Voland

Was bedeutet das für die innerbetriebliche Fortbildung? "Klassische Java-Schulungen sind kaum förderlich", meint Jakob. Java-Entwickler sollten eine Grundausbildung im Abap-Workbench erhalten. Ansonsten beanspruche der Aufbau fundierten SAP-Wissens mehrere Jahre und lasse sich kaum über Crash-Kurse vermitteln. Deshalb ist es laut Jakob ratsam, SAP- und Java-Spezialisten im Rahmen kleiner gemeinsamer Projekte zusammenarbeiten zu lassen. Die Entwickler lernen sich gegenseitig kennen und verstehen, wie der Partner denkt. "Wissen die Entwickler, wie der andere tickt, klappt die Zusammenarbeit, und die Lernkurve steigt."

Der Markt zieht an

Um sich fit zu halten, sollten sich freilich auch SAP-Experten, ob arbeitssuchend oder in einem Arbeitsverhältnis stehend, aus eigenen Stücken weiterbilden, ständig ihre Ohren offen halten und die Bewegungen am Markt registrieren - und über entsprechende Praxis verfügen. Berufserfahrung ist nach wie vor das A und O im Markt und ihr Fehlen das größte Problem für Newcomer. "Auftraggeber schauen genau hin, wer in den Teams mitarbeitet", so Cundus-Vorstand Neisius. Er rät Absolventen, möglichst früh mit dem Thema SAP in Berührung zu kommen, etwa über eine Diplomarbeit oder ein Praktikum, auch wenn das häufig nicht bezahlt wird. "Die Erfahrung, die ein Bewerber dadurch erhält, ist nicht aufzuwiegen", so Neisius, der Absolventen zu einer Laufbahn als SAP-Experte rät. "Wer BWL- mit SAP-Wissen verbinden kann, sollte keine Probleme haben."

Christina Mankus, DIS: "Ab 2010 werden wir einen gravierenden Fachkräftemangel erleben."
Christina Mankus, DIS: "Ab 2010 werden wir einen gravierenden Fachkräftemangel erleben."

Für den Nachwuchs spricht auch die demografische Entwicklung. Denn bereits in drei Jahren, so DIS-Managerin Mankus, werden die Uni-Absolventen die Nachfrage der Unternehmen nicht mehr abdecken können. "Und ab 2010 werden wir einen gravierenden Mangel an Fachkräften erleben." Schon heute reagieren Unternehmen darauf, dass SAP-Experten mit entsprechender Erfahrung und Wissen fehlen. So suchte beispielsweise das Beratungshaus Accenture in diesem Jahr 350 SAP-Berater - ein Drittel mit Berufserfahrung, ein Drittel Einsteiger, die direkt von der Hochschule kommen, ein Drittel Trainees. Einstellen konnte das Beratungshaus, das für 2006 etwa 500 SAP-Mitarbeiter haben möchte, jedoch nur 200 Leute. Simone Spacke, Leiterin Personal-Marketing: "Wir hätten gerne mehr bekommen, spüren aber, dass der Markt anzieht und andere Unternehmen ebenfalls zusätzliche Mitarbeiter benötigen."

Wie beispielsweise das Software- und Beratungshaus IDS Scheer AG. Weltweit hat der Spezialist für Geschäftsprozess-Management 500 Mitarbeiter in diesem Jahr angeheuert, in Deutschland davon allein 100 mit SAP-Know-how. Im kommenden Jahr soll wieder aufgestockt werden. Entgegen der Praxis der vergangenen zwei bis drei Jahren legt das Saarbrücker Unternehmen dabei wieder ein Youngster-Programm auf, um Einsteiger im eigenen Haus in SAP-Software auszubilden. "Die Absolventen müssen nicht unbedingt Informatik studiert haben. Wir freuen uns auch über Ingenieure oder Betriebswirtschaftler mit Affinität zur IT", so Rosemarie Clarner, Personalchefin bei IDS Scheer. Und auch die Oldenburger BTC denkt daran, ein Einsteigerprogramm anzubieten. "Der Norden ist kein IT-Ballungszentrum. Diesen kleinen Standortnachteil versuchen wir, auf diese Weise auszugleichen."

Hohe Lernbereitschaft

Weniger erfreulich sieht es für Umschüler, Quereinsteiger und Jobsuchende ohne akademischen Abschluss aus. Auch wenn Engpässe zu verzeichnen sind: Ohne entsprechende Qualifikation bleibt es schwer, einen Arbeitsplatz zu bekommen, zumal immer mehr IT-Aufgaben ins Ausland verlagert werden. Auf die Qualifikation kommt es eben an. So öffnet sich die Schere zwischen Bewerbern mit fehlender Qualifikation oder falscher Erfahrung und den heiß umkämpften, stark spezialisierten Experten. Aber auch sie müssen auf der Hut sein, eine hohe Lernbereitschaft mitbringen und ihr Wissen auf dem neuesten Stand halten. (hk)

Marc Voland ist freier Journalist in München.