Vor allem die Partner sind von Sparmaßnahmen betroffen

SAP-Chef Plattner: "Es gibt keine Mega-Deals mehr"

26.07.2002
NEW YORK (rs) - Die schwache Konjunktur hat nach Meinung des SAP-Managements gravierende Auswirkungen. Die Zeit der Mega-Deals ist vorbei, die Walldorfer bereiten sich darauf vor, kleinere Brötchen zu backen.

Die schlechte Nachricht war bereits eine Woche vor der offiziellen Präsentation der Quartalszahlen in New York heraus: SAP warnte, dass sie zum ersten Mal seit ihrem Börsengang ein Quartal mit einem Verlust abschließen werde. Trotzdem zeigten sich die Vorstandssprecher Hasso Plattner und Henning Kagermann gelassen, bisweilen sogar angriffslustig: Keiner der rund 29000 Mitarbeiter solle auf die Straße gesetzt werden. An der geplanten Gewinnmarge von 21 Prozent, die von Analysten längst in Zweifel gezogen wird, hält das Duo fest. "Der Fokus von SAP liegt darin, das Geschäft und nicht den Aktienkurs zu managen", stellte Plattner klar.

Ganz ungeschoren kommen seine Mitarbeiter jedoch auch nicht davon. Teilweise werden Gehälter neu diskutiert, Business-Class-Flüge für Geschäftsreisen sind gestrichen, und freie Stellen sollen nicht wieder besetzt werden. "Unser Pool an qualifiziertem Personal ist groß genug, dass wir auf Kündigungen mit Umschichtungen reagieren können", erklärte Kagermann. Für ihn verbirgt sich hinter der Krise auch eine Chance, längst notwendig gewordene Veränderungen vorzunehmen: "Wenn das Geschäft funktioniert, lassen sich solche Maßnahmen nicht durchsetzen."

Schmerzhaft könnten die Einsparungen der Walldorfer für ihre Partner werden. Der Konzern will künftig weniger externe Mitarbeiter beschäftigen.

Wen genau die Sparmaßnahmen treffen, ist noch offen. "Wir werden den Kostenblock im Detail durchsehen", weicht Kagermann konkreten Aussagen dazu aus, "das wird im Laufe der nächsten Wochen passieren."

Unberührt von der derzeitigen Schwäche bleibt hingegen der Forschungsetat. SAP will mit neuen Produkten gerüstet sein, wenn die Nachfrage wieder anzieht. Zwischen zwölf und 13 Prozent gibt das Unternehmen im Jahresschnitt für Forschungs- und Entwicklungsaufgaben aus, im jetzt abgeschlossenen zweiten Quartal beliefen sich die Kosten auf 231 Millionen Euro. Zu den dringendsten Projekten gehört die Verschlankung der vorhandenen Produkte. Voraussichtlich ab nächstem Jahr sollen die abgespeckten Varianten auf den Markt kommen.

Auf das veränderte Nachfrageverhalten wollen die Walldorfer mit angepassten Vertriebsstrukturen reagieren. Die Konjunkturkrise sowie das schwindende Vertrauen der Kunden haben ihre Spuren hinterlassen. "Es gibt keine Mega-Deals mehr", fasste es Vorstandsprecher Hasso Plattner auf der Pressekonferenz zusammen. Vertragsabschlüsse mit einem Volumen von 25 Millionen Euro gehören der Vergangenheit an.

Darauf muss sich der Verkauf erstmal einrichten "Das ist eine andere Arbeit und verlangt eine völlig neue Einstellung von den Mitarbeitern", erklärt Vorstandsmitglied Leo Apotheker, verantwortlich für den weltweiten Vertrieb und Interims-CEO des US-Geschäfts. Software werde nicht mehr gekauft, um die Technik ins Haus zu holen, sondern gelte als Kapitalinvestition, die sich auch finanziell lohnen solle. Für die Verkäufer bedeute dies, dass sie verstärkt auf die Kunden zugehen müssten. Vorbei sind die Zeiten, zu denen Vertriebler davon leben konnten, im Jahr ein bis zwei große Verträge abzuschließen, also maximal vier bis fünf Großkunden zu betreuen.

Nicht nur nach Größe, sondern auch nach Branche und Bedürfnissen der Klientel will Apotheker nun den Vertrieb organisieren. "Wir müssen lernen, multidimensional zu denken", erläutert er, "man verkauft Business One anders als Mysap.com." Vor allem in den USA wolle man mit Mysap. com "All-in-one" sowie der im Herbst erscheinenden Mittelstandsversion "Business One" auch kleinere Betriebe ansprechen.

Apotheker gibt sich zuversichtlich. Er sei nicht unzufrieden mit dem Geschäft in den USA - die internen Ziele seien erreicht worden. Die Division, für die in Kürze auch ein neuer CEO vorgestellt wird, schreibe schwarze Zahlen und arbeite "wesentlich profitabler als noch vor zwei Jahren". Dennoch hinkt SAP in puncto Profitabilität jenseits des Atlantiks noch deutlich hinter dem Europa-Geschäft hinterher. Langfristig wolle er jedoch in beiden Regionen die gleiche Marge erreichen.

SAP-Quartalszahlen im Vergleich

/ Q2/2002 in Millionen Euro / Q2/2001 in Millionen Euro / Veränderung in Prozent

Umsatz / 1778 / 1853 / -4

- Software / 496 / 646 / -23

- Wartung / 595 / 515 / 16

- Beratung / 545 / 529 / 3

- Schulung / 115 / 127 / -9

Betriebsergebnis / 320 / 373 / -14

Nettoergebnis* / -232 / 116 / -300

*inklusive Wertminderungen von Beteiligungen in Höhe von 409 Millionen Euro