Sapphire 2014

SAP-Chef Bill McDermott trimmt den Softwarekonzern auf Cloud-Kurs

04.06.2014
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Auf den Kundenveranstaltung Sapphire in Orlando hat der seit kurzem allein agierende SAP-CEO Bill McDermott der grassierenden Komplexität in Unternehmen den Kampf angesagt. Für sein neues Motto „Run simple“ bringt der Manager vor allem seine Cloud-Lösungen ins Spiel, macht aber auch wie bei „Fiori“ Zugeständnisse an seine Kunden.

"Run simple", so lautet das neue Motto, unter dem SAP-CEO Bill McDermott den größten deutschen Softwarekonzern in die Zukunft führen möchte. Damit zielt der neue starke Mann bei SAP sowohl auf seine Kunden wie auch auf die eigene Organisation. "SAP verfolgt eine mutige Vision für das Geschäft der Zukunft - eine einfachere Welt, eine einfachere SAP und eine einfachere Kundenerfahrung", verkündete der US-amerikanische Manager in seiner Keynote zur Eröffnung der Kundenveranstaltung Sappire in Orlando, Florida.

McDermott geißelte vor 25.000 Zuhörern die immer stärker um sich greifende Komplexität als das größte Problem, mit dem sich Geschäftsführer heutzutage konfrontiert sähen. "Vielleicht ist sie nur heimtückisch und unsichtbar, aber niemand könne abstreiten, dass sie überall steckt."

An dieser Stelle will der SAP-CEO offenbar den Hebel ansetzen, um seinen Softwarelösungen auch in Zukunft einen Markt zu sichern. "Wir können und wir werden die Komplexität bekämpfen", versprach McDermott seinen Kunden. Schließlich habe der Softwarehersteller in seiner über 40 Jahre zählenden Geschichte viele komplexe Business-Probleme gelöst. Mit seiner Botschaft dürfte der SAP-Chef bei vielen seiner Kunden auf offene Ohren stoßen. Wiederholt hatten sich in den vergangenen Jahren Vertreter der SAP-Anwenderorganisationen über wachsende und vielfach kaum noch zu beherrschende Komplexität beklagt.

Auf den Sapphire hat SAP-CEO Bill McDermott der grassierenden Komplexität in Unternehmen den Kampf angesagt
Auf den Sapphire hat SAP-CEO Bill McDermott der grassierenden Komplexität in Unternehmen den Kampf angesagt
Foto: SAP

Allerdings wird McDermott seinen Worten schnell Taten folgen lassen müssen. Denn schließlich scheint auch SAP selbst mit eine Ursache für die Komplexität zu sein. Ein Großteil der Investitionen in Enterprise-Ressource-Planning-Systeme (ERP) fließe derzeit in die Konsolidierung und Vereinfachung der Softwarelandschaften, hat die Deutschsprachige SAP-Anwendergruppe (DSAG) anhand von Befragungen ihrer Mitgliedern in den zurückliegenden Jahren immer wieder festgestellt.

Anwender setzen Forderungen durch

Die SAP-Verantwortlichen beteuern, ihren Kunden einen Weg aus der Komplexitätsfalle zeigen zu können. Dazu haben die Softwerker aus dem Badischen beispielsweise schon im vergangenen Jahr mit "Fiori" und "Screen Personas" Lösungen angekündigt, die Anwendern die Arbeit mit SAP-Software erleichtern sollen. Fiori soll Anwendern eine moderne aufgeräumte Benutzeroberfläche bieten, mit der sich über 300 Prozesse aus der Business Suite auf verschiedensten Endgeräten abbilden und nutzen lassen. McDermott zufolge lasse sich damit in der Nutzung von SAP-Software die Zahl der Klicks um bis zu 75 Prozent reduzieren. Mit Hilfe der Screen Personas können Nutzer die Oberflächen der SAP-Software flexibler und individueller auf bestimmte Rollen im Unternehmen zuschneiden.

Allerdings stieß die Strategie SAPs, die neuen Lösungen nur gegen zusätzliche Gebühren anzubieten, auf Kritik seitens der Kunden. Darauf hat der Softwarekonzern nun reagiert. "Einige Kunden und Anwendergruppen haben gefordert, SAP soll keine Gebühren dafür nehmen", konstatierte McDermott auf der Sapphire-Bühne. "Und wissen Sie was, dem stimme ich zu." SAP zufolge werden Fiori und die Screen Personas künftig Teil der Wartung sein. Alle Kunden mit einem gültigen Maintenance-Vertrag bekommen die Lösungen künftig ohne zusätzliche Kosten. Wer bereits Geld dafür in die Hand genommen hat, soll eine Gutschrift erhalten.

Anwendervertreter begrüßten den Schritt ihres Softwarelieferanten. Damit begegne SAP der Forderung, wonach die Auslieferung im Rahmen der Standardwartung und damit ohne zusätzliche Lizenzkosten erfolgen muss, hieß es von Seiten der DSAG. Es handle sich schließlich zum einen um technische Anpassungen, mit denen eine geräteunabhängige Benutzerschnittstelle zur Verfügung gestellt wird. Zum anderen würden dank SAP Fiori und SAP Screen Personas zeitgemäße, einfache Oberflächen geschaffen, die im Zuge des geänderten User-Verhaltens notwendig geworden sind. "SAP hat erkannt, dass attraktive Oberflächen ein wichtiger Trend bei Anwendern sind, der bedient werden muss - und zwar im Rahmen der Standardwartung, zeigte sich Andreas Oczko, DSAG-Vorstand für Operations/Service & Support, mit dem Ergebnis zufrieden. "Jetzt können Anwender ohne zusätzliche Lizenzkosten evaluieren, ob sich Fiori und Screen Personas für ihr Unternehmen eignen oder nicht."

Für sein neues Motto "Run simple" bringt SAP-CEO Bill McDermott vor allem seine Cloud-Lösungen ins Spiel, macht aber auch wie bei "Fiori" Zugeständnisse an seine Kunden.
Für sein neues Motto "Run simple" bringt SAP-CEO Bill McDermott vor allem seine Cloud-Lösungen ins Spiel, macht aber auch wie bei "Fiori" Zugeständnisse an seine Kunden.
Foto: SAP

Cloud wird zur Herausforderung im Geschäftsmodell

Für SAP selbst geht es über die Arbeiten an der Softwareoberfläche hinaus aber auch um grundlegendere Fragen hinsichtlich der Softwarearchitektur und des Geschäftsmodells. Der Softwarehersteller aus Walldorf will sich künftig noch stärker als Anbieter von Cloud-Software positionieren und verfolgt ambitionierte Ziele in diesem Geschäft. Im kommenden Jahr rechnet der Konzern mit Cloud-Einnahmen in Höhe von zwei Milliarden Euro - das wären zehn Prozent vom anvisierten Gesamtumsatz von 20 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr kam SAP auf Gesamteinnahmen von knapp 16,9 Milliarden Euro und einen Cloud-Umsatz von knapp 700 Millionen Euro. Noch basiert der Löwenanteil des SAP-Business allerdings auf dem klassischen Lizenz- und Wartungsgeschäft. Vor allem der Anteil der Maintenance-Gebühren ist in den vergangenen Jahren immer stärker gewachsen, während der herkömmliche Lizenzumsatz meist stagniert oder sogar leicht rückläufig ist.

SAP wird sich also deutlich steigern müssen. Dazu haben die Verantwortlichen auf der Sapphire eine Reihe neuer Lösungen angekündigt. Dazu zählt beispielsweise "Simple Finance". Mit diesem Set von Applikationen, das auf der SAP HANA Enterprise Cloud basiert, sollen die Finanzverantwortlichen in den Unternehmen einen besseren Einblick in ihr Geschäft erhalten. Mit Hilfe der In-memory-Technik von HANA könnten beispielsweise Geschäftsabschlüsse praktisch in real-time abgewickelt werden. Darüber hinaus erhielten die Anwender eine Reihe verschiedener Reporting- und Analyse-Werkzeuge.

Simple Finance werde im Abonnement-Modell angeboten und lasse sich als Managed Service über die SAP HANA Enteprise Cloud beziehen, hieß es in einer Mitteilung. Abgerechnet werde nach einem einfachen Subscription-Modell. Welche Metrik für die Abrechnung herangezogen werde, wollte der Konzern allerdings noch nicht bekannt geben. Simple Finance lasse sich SAP-zufolge mit anderen Cloud-Lösungen wie auch mit On-Premise-Umgebungen verknüpfen. SAP-Kunden könnten zudem ihre bestehenden Financials-Umgebungen in die neue Cloud-Lösung migrieren. "Mit SAP Simple Finance läuten wir jetzt eine neue Ära ein", sagteBernd Leukert, Vorstandsmitglied der SAP, zuständig für Produkte und Innovationen."Wir helfen unseren Kunden, jeden Geschäftsprozess agiler, flexibler und damit auch einfacher zu gestalten."