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SAP bittet Softwarepartner zur Kasse

09.11.2007
Softwarehäuser, die eine zertifizierte Schnittstelle zu SAP-Systemen benötigen, müssen deutlich höhere Gebühren zahlen.

Mit einer neuen Zertifizierungspolitik, die sich am Ende auch in höheren Softwarepreisen am Markt auswirken könnte, sorgt SAP für Unruhe. Für jede Schnittstelle, die von SAP zertifiziert werden soll, verlangen die Walldorfer künftig bis zu 15.000 Euro. Galt das Zertifikat früher unbegrenzt, sollen die Softwareanbieter künftig auch noch alle drei Jahre für eine Rezertifizierung zahlen.

"Wir sind von den neuen Regeln der SAP völlig überrascht worden", berichtet Stephan Speth, Marketing-Leiter der PCS Systemtechnik GmbH. Ende Oktober sei der Anbieter von Zeiterfassungssystemen von SAP informiert worden, Anfang November lag die Kündigung des alten Vertrags zum Jahresende 2007 im Briefkasten.

Auf PCS kommen damit höhere Aufwendungen zu, um die Schnittstellen für die SAP-Anbindung zu zertifizieren. Die Kosten pro Schnittstelle liegen bei 15.000 Euro. Günstiger fahren die Firmen, die eine Art Wartungsvertrag unterschreiben. Dieser beläuft sich auf 2000 Euro pro Jahr. Für die Abnahme jeder Schnittstelle werden dann nur noch 7500 Euro fällig. In Zukunft dürfen nur noch diejenigen Softwarepartner mit dem SAP-Logo und der SAP-Zertifizierung werben, die den Servicevertrag unterschrieben nach Walldorf zurückschicken.

2003 habe der Prozess, eine Schnittstelle für SAP genehmigen zu lassen, regulär 10.000 Euro gekostet, berichtet Speth, drei Jahre zuvor gerade einmal 8700 Mark. Die Zertifizierungspolitik der SAP ist für den Manager nicht nachvollziehbar. Die Schnittstellen änderten sich nicht so rasch, dass eine erneute Prüfung alle drei Jahre notwendig würde.

Das sehen die SAP-Verantwortlichen offenbar anders. Asdrúbal Pichardo, Leiter des Bereichs Integration & Certification Center von SAP, begründet die kürzeren Zertfizierungszyklen mit einer besseren Qualitätssicherung zum Wohle der Anwender. Der Konzern habe festgestellt, dass viele Softwareprodukte mit der Nummer einer früheren Version zertifiziert seien, als tatsächlich beim Kunden laufen. Mit der Prüfung der Schnittstellen verspreche SAP seinen Kunden schließlich einen gewissen Qualitätsstandard. Ferner kämen neue Softwareentwicklungen in immer kürzeren Abständen auf den Markt. Konkurrenten würden teilweise Zertifizierungen im Jahresrhythmus verlangen, rechtfertigt sich der SAP-Manager.

Zertifizierungen sind für die Softwarehersteller eine lukrative Nebeneinnahmequelle, meint Helmuth Gümbel, Analyst von Strategy Partners. "Man wird erfinderisch, wenn man in einem saturierten Markt noch wachsen will." SAP nutze dabei seine Marktmacht aus und greife zu "ordnungspolitischen Maßnahmen". Zudem erlaube eine restriktivere Zertifizierung eine bessere Kontrolle über die Produktentwicklung im eigenen Softwareumfeld. Den betroffenen Softwarepartnern rät Gümbel, durchaus auch rechtliche Maßnahmen in Betracht zu ziehen. Schließlich besitze SAP in gewisser Weise eine Monopolstellung im Markt.

"Es bleibt uns gar nichts anderes übrig, als mitzuspielen", resümiert dagegen Speth. "Gegen die große SAP haben wir keine Chance." Die Folgen sind für den PCS-Manager noch nicht absehbar. Gerade für ein mittelständisches Softwareunternehmen gehe es um eine Stange Geld, wenn sich die Gebühren über die Jahre hinweg aufsummieren. "Wir sind überrascht und verärgert." (ba)