SAP-Berater - gefragt auch in Krisenzeiten

22.01.2009
SAP-Berater haben weiterhin gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt - vorausgesetzt, ihr Wissen begrenzt sich nicht auf ein Modul oder eine Branche.

Die negativen Schlagzeilen häufen sich: Kurzarbeit, Produktionsstopp, Zwangsurlaub. Viele Arbeitssuchende tun sich schwer, neue Jobs zu finden, und Festangestellte bangen um ihren Arbeitsplatz. Doch ein Berufszweig scheint der schlechten Stimmung zu trotzen: die IT- und Kommunikationsbranche. Zwar fiel der Stimmungswert im Bitkom-Branchenindikator von September bis Dezember 2008 um 29 auf 13 Punkte, doch immerhin blieb der Indikator im positiven Bereich.

IT-Services auch in der Krise gefragt

81 Prozent der IT-Dienstleister erwarten laut Bitkom für 2009 einen stabilen oder steigenden Umsatz. Der Grund: Für Anwenderunternehmen ist es jetzt wichtig, schlank und effizient aufgestellt zu sein. "Strategische IT-Projekte wappnen die Unternehmen in schwierigen Zeiten, diese gut zu überstehen, und gestärkt aus der Krise hervorzugehen", beobachtet Michael Rehm, Leiter Field Services Deutschland bei SAP. Für diese Projekte würden auch künftig qualifizierte Berater gebraucht.

Auch Rosemarie Clarner, Personaldirektorin bei der IDS Scheer AG in Saarbrücken, bestätigt das Interesse. Insbesondere SAP-Berater mit zusätzlichem Geschäftsprozess-Know-how würden momentan verstärkt gesucht: "Die Kunden wollen ihre Prozesse gerade jetzt transparenter gestalten und optimieren."

Anforderungen ändern sich

SAP-Mann Rehm sieht ebenfalls die Bedeutung zusätzlicher Qualifikationen: "Zwar muss ein Berater immer auch Detailwissen über Module mitbringen - für welche, hängt vom Unternehmen ab -, doch die Anforderungen entwickeln sich weiter." Michael Lumma, Leiter der Unternehmens- und Organisationsentwicklung des IT-Dienstleisters BTC, stimmt dem zu: "Es gibt zwar immer noch Automotive-Experten - die wird es auch weiterhin geben, und sie werden auch noch etwas zu tun haben. Aber im Grunde suchen wir Leute, die sich mit Prozessen oder mit Technologien wie EDI oder RFID auskennen." Solche Fachleute ließen sich auch in verwandten anderen Branchen einsetzen - also etwa beim Logistiker oder im Handel. "SAP-Berater, die ihr technisches Know-how gut übertragen können, haben im Moment sehr gute Chancen", sagt Lumma.

Den Trend zu einem breiteren Wissen bestätigt Karsten Noss, Vorstandsvorsitzender der Bielefelder Lynx-Consulting AG. Er ist überzeugt davon, dass fundiertes Modulwissen allein nicht mehr genügt: "Die Anforderungen an Berater sind in Zeiten wie diesen eher von genereller Art: Sie müssen sich flexibel auf die Themen und Probleme der Kunden einstellen. Richtig zuhören zu können ist Grundvoraussetzung. Zudem benötigen Berater ganzheitliches betriebswirtschaftliches und technisches Wissen. Ein einzelnes Modul wird keine Krise lösen."

Jan Koblischke, Personalreferent beim Mannheimer IT-Dienstleister Bebit, schlägt in die gleiche Kerbe: "SAP-Berater müssen schon lange in der Lage sein, modulübergreifend zu denken und zu arbeiten. Eine klassische Trennung zwischen Berater für Prozesswissen und Programmierer funktioniert nur selten, denn gerade mittelständische Unternehmen können es sich nicht leisten, verschiedene Modulexperten in einem Projekt einzusetzen. Wir suchen daher pragmatische Allrounder."

Solche Multitalente liegen nicht auf der Straße. IDS Scheer bildet deshalb seine Berater in regelmäßigen, zweitägigen Trainingseinheiten zu den Themen Geschäftsprozess-Management und SAP-Anwendungen weiter. Dabei werden konkrete Kundenanwendungen sowie neue Produkte vorgestellt und besprochen. Übungen festigen die erlernte Methodenkompetenz und machen die Berater fit für die Anforderungen der Kunden.

Auch BTC kümmert sich um die Weiterbildung der Mitarbeiter: "Momentan organisieren wir ein Jahr lang für zirka 500 SAP-Berater Schulungen zu Prozess-Management und Methoden", so Organisations-Manager Lumma. Die Kurse finden wöchentlich in der Zentrale in Oldenburg sowie in regelmäßigen Abständen an den anderen Standorten statt: "Damit können unsere Mitarbeiter die Kunden nicht nur in Fragen zu SAP beraten, sondern auch darüber hinaus unterstützen."

Bewegung in der Energiebranche

Laut SAP realisieren viele Unternehmen zurzeit Projekte für das Kundenbeziehungs-Management (CRM): "Denn Kundenbindung ist gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten eines der Kernthemen", erläutert SAP-Manager Rehm. Weitere wichtige Themen sind Business Intelligence, Controlling, Nachhaltigkeit aus der Nutzung von IT-Systemen oder Management-Themen wie Finanz- und Ressourcenplanung.

So unterstützt IDS Scheer einen international agierenden Konsumgüterhersteller dabei, seine logistische Planung länderübergreifend mit der Finanzplanung abzustimmen, indem die wichtigsten Prozesse auf einer Plattform zusammengeführt werden. Dadurch ist das Unternehmen in der Lage, die finanziellen Auswirkungen logistischer Entscheidungen schneller abzuschätzen - nicht nur in finanziell ungewissen Zeiten ein eindeutiger Wettbewerbsvorteil.

Ein weiteres krisensicheres Betätigungsfeld für SAP-Experten ist derzeit die Energiebranche: "Gute Berater für Energieversorger sind in ganz Deutschland gerade sehr gefragt. Denn die Energieunternehmen müssen momentan viele rechtliche Anforderungen umsetzen. Und dafür brauchen sie Unterstützung", schildert BTC-Mann Lumma.

Neben dem hohen Bedarf in einigen vertikalen Märkten ist derzeit auch Know-how bezüglich Effizienzsteigerung und Konsolidierung gefragt. Viele Unternehmen interessieren sich beispielsweise dafür, bestimmte Dienstleistungen in Shared-Services-Centern zusammenzulegen.

Wo entsprechende Projekte begonnen und neue Softwareprodukte eingeführt wurden, laufen auch SOA-Vorhaben weiter. Mit großen Neuinvestitionen sind Anwender jedoch eher vorsichtig: "Mittelständler, die noch kein SAP eingeführt haben, werden eine Neueinführung vorerst verschieben", prognostiziert Bebit-Personaler Koblischke.

Karsten Noss von Lynx ist überzeugt, dass in den nächsten Jahren eine Welle von Übernahmen und Firmenzusammenschlüssen bevorsteht. Dies kann zwar zunächst ohne Anpassung der IT-Systeme funktionieren, doch über kurz oder lang müssen auch diese zusammengeführten Unternehmen in ihre IT-Administration investieren. Noss beschreibt dies mit einer Analogie: "Wenn im Winter das Dach Ihres Hauses undicht ist und der Heizkessel alt, aber gerade noch funktionstüchtig, werden Sie zunächst nur das Dach reparieren. Nach ein bis zwei Jahren müssen Sie den maroden Heizkessel ersetzen. Berater werden immer etwas zu tun haben, wir müssen uns nur darauf einstellen, dass die Themen nacheinander abgearbeitet werden und dass sich die Prioritäten ändern."

In vielen Unternehmen war der Druck, effizienter zu arbeiten, bisher nicht groß genug. Durch die aktuelle Situation wird vielen aber deutlich, dass man Technologie gezielt als Mittel gegen die Krise einsetzen kann: Straffere, standardisierte Geschäftsprozesse helfen bei der Unternehmenssteuerung und bei der Anpassung der Strategie an Veränderungen im Markt.

Letztlich können Firmen der Krise auch etwas Gutes abgewinnen: Sowohl die Ölkrisen als auch die geplatzte Dotcom-Blase stutzten den IT-Markt, der sich jeweils in ungebremstem Wachstum befand, auf ein gesundes Maß zurück. Auch an dieser Krise dürften die Überlebenden gestärkt hervorgehen. Und für SAP-Berater gilt: Wer sich weiterbildet und das nötige technische und betriebswirtschaftliche Wissen aufbaut, wird auch in Zukunft gute Chancen im Arbeitsmarkt haben. (hk)

Anforderungen an SAP-Fachleute

Wissen: SAP-Berater mit breitgefächertem Wissen, das auf verschiedene Branchen angewendet werden kann, haben auch in Krisenzeiten gute Chancen.

Branchen: SAP-Experten werden derzeit unter anderem für die Beratung von Energieversorgern und Netzbetreibern sowie von Logistik- und Handelsunternehmen gesucht.

Themen: Zu den wichtigen Themen gehören neben Unternehmensführung, Risiko-Management und Regelkonformität (Government, Compliance, GRC) insbesondere Kundenbeziehungs-Management und die Zusammenlegung einzelner Dienstleistungen.