Sapphire 2017

SAP baut Leonardo zur Schaltzentrale des intelligenten Unternehmens aus

17.05.2017
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
SAP will Leonardo mit zusätzlichen Funktionen rund um Künstliche Intelligenz und Machine Learning erweitern. Verknüpft mit Daten aus der klassischen SAP-Welt soll die IoT-Plattform damit alle Anwendungen intelligenter machen.

SAP will ihre Kunden in die Lage versetzen, ihre Geschäftsprozesse digital, programmierbar und intelligenter machen zu können. Das war die Kernbotschaft des größten deutschen Softwareherstellers anlässlich der Kundenkonferenz Sapphire, die vom 16. bis 18. Mai in Orlando, Florida, stattfindet. Ambitionen, die eigenen Applikationen intelligenter zu machen, hatte SAP-Chef Bill McDermott bereits auf der Sapphire im vergangenen Jahr geäußert. Nun wurden die Softwerker aus dem Badischen konkreter. "Seit 2010 hat SAP mehr als 50 Milliarden Dollar investiert, um Innovation voranzutreiben", sagte McDermott. Das sei es, was die Kunden erwarteten, und was sie auch verdienten.

SAP Leonardo - der neue Hoffnungsträger des deutschen Softwarekonzerns.
SAP Leonardo - der neue Hoffnungsträger des deutschen Softwarekonzerns.
Foto: SAP

Um Geschäftsmodelle und -prozesse im Zuge der Digitalisierung laufend modifizieren und anpassen zu können, reiche eine einzelne Technologie nicht aus, so das Credo der SAP-Führung. Als Schaltzentrale für das intelligente Unternehmen will der Konzern daher seine IoT-Plattform (Internet of Things) "Leonardo" ins Spiel bringen. Diese Plattform soll SAP zufolge in Zukunft massiv ausgebaut werden. Das erweiterte Portfolio von SAP Leonardo bringe Lösungen für maschinelles Lernen, das Internet der Dinge, Big Data, Analysen und Blockchain auf der SAP Cloud Platform mit SAPs Prozess- und Branchenwissen und Design-Thinking-Methoden zusammen, so der Plan des Softwareherstellers.

Das Nervensystem des intelligenten Unternehmens

Markus Noga, Head of Machine Learning bei SAP, sprach von einer neuen Ära für digitale Unternehmen und bezeichnete die Infrastruktur aus Leonardo, der SAP Cloud-Plattform, neuen Services sowie dem klassischen ERP-Kern als "Nervensystem des intelligenten Unternehmens". Leonardo stehe dabei für das "Digitale Innovationssystem".

50 Milliarden Dollar habe SAP seit 2010 für Forschung und Entwicklung ausgegeben, behauptete SAP-Chef Bill McDermott auf der Sapphire 2017.
50 Milliarden Dollar habe SAP seit 2010 für Forschung und Entwicklung ausgegeben, behauptete SAP-Chef Bill McDermott auf der Sapphire 2017.
Foto: SAP

Kunden stehen SAP zufolge zwei Möglichkeiten zur Verfügung, dieses digitale Innovationssystem zu nutzen: Der branchenspezifische "Industry Innovation Accelerator" adressiere bestimmte Anwendungsfälle zu einem festem Preis und Zeitplan. Unternehmen könnten aber auch individuell und flexibel eigene Lösungen entwickeln. Ein Netzwerk von SAP Leonardo Centern in New York, Paris, São Paolo und Bangalore soll SAP-Kunden und -Partner dabei unterstützen, ihre eigenen Anwendungen zu entwickeln. Darüber hinaus würden die auf Leonardo basierenden Services und Technologien in bestehende Geschäftsanwendungen von SAP integriert, um diese effizienter und intelligenter zu machen.

Leonardo-Services gibt es Cloud-first

Grundlage für Leonardo ist die SAP Cloud Plattform. Das System werde unter einem Cloud-First-Ansatz entwickelt, wie SAP-Manager Noga berichtete. Dazu gebe es jedoch Konnektoren in die On-Premise-Welt. Cloud-Services für Künstliche Intelligenz (KI) und Machine Learning (ML) würden in Zukunft auch für die On-Premise-Welt zur Verfügung stehen. Einen Zeitplan dafür gebe es jedoch noch nicht, sagte Noga.

Basis für die Entwicklung neuer intelligenter Services ist die "SAP Leonardo Machine Learning Foundation". Kunden und Partner seien damit in der Lage, eigene Anwendungen zu entwickeln, die intelligente, in die Leonardo-Cloud-Plattform eingebettete Dienste nutzen könnten. Diese KI-/ML-Anwendungen und -Services ließen sich zudem über Application Programming Interfaces (APIs) mit bereits bestehenden Applikationen verknüpfen sowie mit Hilfe von eigenen oder externen Daten trainieren.

KI-Services für Kundenmanagement und Marketing

Auf der Sapphire hat SAP bereits einige neue intelligente auf Leonardo basierende Services vorgestellt. "SAP Service Ticketing" soll eingehende Kundenanfragen besser klassifizieren können, um schneller den richtigen Ansprechpartner zu finden. "SAP Customer Retention" beobachtet und analysiert das Kundenverhalten und soll Rückschlüsse darauf zulassen, wie loyal der Kunde zu Anbieter und Produkten steht, ob es Cross- oder Upselling-Potenziale gibt, und ob der Kunde möglicherweise überlegt, zu einem Konkurrenten abzuwandern. "SAP CoPilot" soll die Arbeit von Anwendern mit Softwareprogrammen einfacher machen. Nutzer könnten per Spracheingabe mit dem digitalen Assistenten chatten, um beispielsweise Daten anzufordern und so ihre Arbeit zu beschleunigen. Das funktioniere mit SAP-Anwendungen aber auch mit anderen Tools wie Slack oder Googles G-Suite.

Für das Marketing bietet der Softwarehersteller "SAP Brand Impact" an. Der Service nutzt Deep-Learning-Funktionen, um in Bild- beziehungsweise Video-Daten die Präsenz bestimmter Marken zu messen, beispielsweise Bandenwerbung bei Sportereignissen. Das hebe das Thema Marketing-Analytics auf eine neue Ebene, verspricht SAP-Manager Noga. Wo früher Studenten mit der Stoppuhr vor dem Bildschirm saßen, erledige der intelligente Service diese Aufgabe in Echtzeit wesentlich schneller und liefere dabei auch genauere Ergebnisse.

All diese Services laufen SAP zufolge nicht isoliert, sondern sind tief in der Anwendungs- und Cloud-Welt des Anbieters verankert. Beispielsweise greifen die neuen intelligenten Kundenservices auf Daten in bestehenden SAP-Systemen zurück. SAP-Mann Noga kündigte außerdem an, die KI- und ML-Funktionen weiter ausbauen zu wollen. Es werde einen bunten Strauß an ML-APIs geben. Neben Bild- und Text-Daten habe der Softwarekonzern dabei auch Sprachdaten im Visier.