SAP ärgert seine Kunden

29.07.2008
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Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Mit der Erhöhung des Wartungssatzes von 17 auf 22 Prozent der Lizenzgebühren stößt SAP vor allem seine mittelständische Klientel vor den Kopf.

Die SAP-Kunden bekommen den neuen Kurs des designierten Firmenlenkers Leo Apotheker zu spüren. Bereits im Frühjahr, als der Vertriebsexperte neben Henning Kagermann zum Co-Vorstandssprecher gekürt wurde, hatte Apotheker die neue Linie beschrieben: Nachdem sich der Softwarekonzern in den vergangenen Jahren hauptsächlich um die Entwicklung neuer Technik gekümmert habe, solle nun die Ernte eingefahren werden, kündigte der Kronprinz an.

Dazu sollen auch die Bestandkunden ihren Teil beitragen. Sie müssen für die Softwarewartung jetzt ebenfalls tiefer in die Tasche greifen, nachdem SAP bereits vor kurzem den Wartungssatz für Neukunden von 17 auf 22 Prozent erhöht hat. Der Satz für den Enterprise Support, der den alten Standardsupport ablöst und ab dem kommenden Jahr für alle Kunden verpflichtend ist, wird bis 2012 in vier Stufen von derzeit 17 auf 22 Prozent angehoben. SAP begründet die Preiserhöhung mit der wachsenden Komplexität der IT-Systeme, der mit höherwertigem und damit teurerem Support begegnet werden müsse.

Damit stößt der Konzern jedoch gerade bei seinen mittelständischen Kunden auf Unverständnis. "Wir brauchen das nicht, was SAP uns da anbietet", stellt Johannes Truttmann, IT-Leiter der Krombacher Brauerei, klar. Er achte darauf, seine IT-Landschaft möglichst einfach zu halten. Außerdem sei das Unternehmen erst vor kurzem auf das aktuelle Release ERP 6.0 gewechselt, dessen Kern in den kommenden Jahren stabil bleiben soll. Unter diesen Voraussetzungen hält Truttmann eher einen Wartungssatz zwischen zehn und zwölf Prozent für gerechtfertigt.

Die Kunden fühlen sich von der SAP überrollt. "Das kam alles sehr kurzfristig", klagt Gunther Reinhard, Sprecher des Arbeitskreises "SAP im Mittelstand" bei der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG). Angesichts der langjährigen Kundenbeziehungen hätte er sich eine andere Vorgehensweise gewünscht: "Besser wäre gewesen, den Kunden klarzumachen, dass sich etwas ändert und was SAP dafür leisten will."

Mutmaßungen, SAP müsse neue Geldquellen erschließen, scheinen nicht aus der Luft gegriffen. Die kurz hintereinander getakteten Preiserhöhungen signalisieren, dass der Druck auf SAP zunimmt. Das spiegelt sich auch in der jüngsten Quartalsbilanz wider. Zwar stieg der Umsatz von 2,42 auf 2,86 Milliarden Euro. Allerdings reduzierte sich der Profit von 449 auf 408 Millionen Dollar und blieb damit deutlich unter den Erwartungen der Börse. (Ausführlicher Bericht auf Seite 5)