Kolumne

SAP: Abkehr vom SelbstgestricktenKolumne

11.10.2007

Mit der Akquisition von Business Objects greift SAP erstmals tief in die eigene Tasche. 4, 8 Milliarden Dollar sind auch für die Walldorfer kein Pappenstiel. Ebenfalls ein Novum für SAP ist die Größenordnung des Einkaufs. Das französische, auf Business Intelligence spezialisierte Unternehmen ist das zweitgrößte Softwarehaus Europas, bedient nach eigenen Angaben 44 000 Kunden und hat 2006 einen Umsatz von 1,25 Milliarden Dollar erzielt. Damit kauft SAP auch Marktgröße. Das Unternehmen will den Abstand zu Microsoft und Oracle nicht allzu groß werden lassen. Außerdem reagiert SAP mit der Akquisition natürlich auf die Übernahme von Hyperion durch Oracle. Auch hier will man dem Konkurrenten das Feld nicht allein überlassen. Die eigenen BI-Aktivitäten reichten dazu offensichtlich nicht aus.

Ebenfalls nicht zu unterschätzen ist die Tatsache, dass die Walldorfer erstmals im großen Stil einkaufen und damit ihren Grundsatz, alles selbst zu entwickeln, aufgeben. Zwar ist noch nicht genau heraus, ob und wie die BI-Applikationen der Franzosen in die SAP-Produkte eingebunden werden, aber es darf als sicher angenommen werden, dass Netweaver und damit der SOA-Implementierung der SAP eine tragende Rolle zukommt.

Damit lässt SAP erstmals ein Produkt zur tiefen Integration in die eigene Plattform zu, das mehr kann als SAP-Daten verarbeiten. Dabei verlangt SAP von seiner Neuerwerbung keineswegs, den eigenen Marktauftritt aufzugeben. Business Objects bleibt als Name und Entität im Konzern erhalten und kann Geschäfte auch außerhalb des Kagermann-Reichs machen. SAP gibt also den Anspruch auf, alle Funktionen auf ihrer selbsternannten Business-Process-Plattform selbst bereit zu stellen. Business Objects wird natürlich von Walldorf kontrolliert, aber SAP muss beweisen, dass es über Netweaver Fremdsoftware integrieren kann.

Wenn das klappt und in Zukunft weitere Produkte auf der SAP-Plattform zugelassen werden, könnten die Walldorfer in der Tat einen wichtigen Wunsch der Anwender erfüllen: die Integration verschiedener Applikationen in ihre IT-Landschaft, ohne auf ein monolithisches Paket wie R/3 setzen zu müssen.

Damit bliebe SAP auch gegenüber dem Hauptkonkurrenten Oracle vorn. Die Amerikaner haben einen anderen Weg eingeschlagen: Larry Ellison hat zuerst 20 Milliarden Dollar in Softwarehäuser investiert, die zum Portfolio von Oracle gepasst oder es erweitert haben. Eine Integrationsstrategie musste erst entwickelt werden, und sie steht heute mit Fusion Application erst am Anfang. Da ist SAP mit Netweaver weiter und kann jetzt mit seiner ersten großen Akquisition beweisen, dass man es ernst meint, Netweaver als Backend-System zu etablieren, das auch andere Player gut nutzen können.

Was glauben Sie: Welche Auswirkungen hat die Übernahme von Business Objects auf die Anwender? Diskutieren Sie mit im Blog der computerwoche unter http:// blog.computerwoche.de.