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Sanierungsfall Telekom: Viel Arbeit für Obermann

13.11.2006
Auf Ricke-Nachfolger René Obermann wartet eine Herkules-Aufgabe: Das einstige Vorzeigeunternehmen gilt im globalen TK-Wettbewerb als wenig kundenorientiert und technisch rückständig.

Die Börsenzahlen spiegeln die Lage der Telekom nur bedingt wider. So wie der Carrier jetzt unter Kai-Uwe Ricke ein verkorkstes drittes Quartal mit einem Gewinnrückgang um 34 Prozent hinlegte, so schrieb der Konzern unter seiner Führung im Jahr 2005 noch einen Nettoprofit von rund 4,6 Milliarden Euro. Doch beide Zahlen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass es im Telekom-Gebälk mächtig knirscht. Das Unternehmen, das sich einst mit der schnellen Einführung von ISDN oder den TV-Kabelverteilnetzen sowie dem Glasfaserausbau in den neuen Bundesländern einen Ruf als technischer Vorreiter erarbeitete, gilt heute in Europa als Sanierungsfall. Während sich andere europäische Carrier der Herausforderung des liberalisierten TK-Marktes mit neuen Technolgien gestellt haben, konzentrierte sich der deutsche Ex-Monopolist auf die Defensive. Machterhalt war das Thema, es galt lästige Konkurrenten abzuwehren - zur Not auch mit juristischen Winkelzügen, etwa der Lex Telekom in Sachen VDSL.

Auf den neuen Telekom-Chef René Obermann kommt nun viel Arbeit zu. 1,5 Millionen Kunden liefen dem Konzern im Festnetzgeschäft seit Jahresbeginn weg, nicht nur weil die Konkurrenz mit günstigeren Angeboten lockt und die Telekom trotz Rickes "Bierdeckel"-Offensive im Frühherbst noch immer keine transparente Preispolitik vorweisen kann. Vielmehr haben die Bonner bei vielen Kunden ein schlechtes Image. So kritisieren die Benutzer den Support der Telekom-Hotlines häufig als mangelhaft und haben dabei oft den Eindruck, dass die linke Hand nicht weiß, was die rechte tut. Zu dem negativen Bild der Telekom trugen auch die Heidelberger Rechtsanwälte Seiler und Kollegen bei, die im Auftrag des Konzerns offene Rechnungen eintreiben sollen. In zahlreichen Internet-Foren beklagen sich die Kunden darüber, dass sie selbst dann Mahnschreiben erhalten hätten, wenn sie vorher gegen die Rechnung Einspruch einlegten. Verärgerte Nutzer setzen dieses Geschäftsgebahren auch mal mit dem berüchtigten "Moskau-Inkasso" gleich. Andere wiederum berichten, dass sie nach einem Anruf bei der Telekom-Hotline plötzlich eine der zahlreichen kostenpflichtigen Tarifoptionen auf ihrer Rechnung wiederfanden, obwohl sie diese nie geordert hatten.