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Die Folgen des Wirbelsturms

Sandys Schneise durch die IT-Welt

05.11.2012
Sandys Naturgewalt hat die Energieversorgung in Teilen der USA lahm gelegt und damit der modernen Kommunikation und dem Online-Handel das Rückgrat gebrochen.
Verizon-Techniker reparieren in zwölf-Stunden-Schichten die TK-Infrastruktur.
Verizon-Techniker reparieren in zwölf-Stunden-Schichten die TK-Infrastruktur.
Foto: Verizon

Die Bewohner in den Regionen, in denen Sandy am heftigsten gewütet hat, werden noch bis zu zwei Wochen auf funktionierende Telefon- und Internet-Verbindungen warten müssen. Eine entsprechende Warnung übermittelte der Carrier Verizon Communications am vergangenen Freitag der Aufsichtsbehörde FCC (Federal Communications Commission). Von den Ausfällen seien sowohl die neuen Glasfasernetze als auch die herkömmlichen Kupferkabel und Sprachdienste betroffen, warnte Verizon Communications. Man könne die Installationen in den Regionen nicht reparieren, solange die Energieversorgung nicht gewährleistet sei.

Auch die Verizon-Zentrale in New wurde überflutet, dennoch gelang es dem Konzern, die Büroräume sowie vier Niederlassungen in Manhattan und Long Island mit Notstrom zu versorgen. Die Techniker waren rund um die Uhr damit beschäftigt, die elektronischen Installationen zu reparieren. In Lower Manhattan wechselten sich Verizon-Techniker in zwölf-Stunden-Schichten ab, um die Versorgungen zügig wieder herzustellen.

Mobilfunk bricht zusammen

Auch die Mobilfunknetze brachen zusammen, als Sandy das US-Festland bei New Jersey erreichte. Am Donnerstagmorgen waren laut FCC 19 Prozent der Mobilfunkzellen außer Betrieb, zeitweilig schnellte die Zahl der Ausfälle sogar auf 22 Prozent hoch. Am vergangenen Freitagvormittag waren immer noch 15 Prozent der Zellen ohne Funktion. Die FCC hat die Zahlen in 146 Verwaltungsbezirken in sieben Bundesstaaten erhoben. In diesen Regionen waren am Freitag auch 17 Prozent der Kabelkunden ohne Dienst. Als Engpass erwies sich immer wieder der Benzinnachschub für die Generatoren.

Schon am Freitag besserte sich die Lage an vielen Stellen spürbar, nahezu alle Carrier meldeten der FCC Fortschritte in der Versorgung der Bewohner mit Kommunikationsleistungen. T-Mobile hatte bereits am Donnerstag 85 Prozent der ausgefallenen Mobilfunkstationen in New York City und 80 Prozent der Zellen in Staten Island wieder ans Netz gebracht.

Fahrbare Mobilfunkzellen in Manhattan

AT&T vertraute dagegen auf fahrbare Mobilfunkzellen: Der größte US-Carrier hatte LKWs mit Mobilfunkequipment in die Stadt beordert, um temporärer Zellen einzurichten können und Besuchern die Möglichkeit zu bieten, ihre Handys wieder aufzuladen. Verizon Wireless schickte Trucks mit Mobilfunkeinrichtungen in betroffene Gebiete in New Jersey.

Die zusammenbrechende Energieversorgung hat außerdem vielen Rechenzentren den Garaus gemacht. Manhattan ist traditionell bevorzugter Sitz von Handelsunternehmen, heute siedeln sich dort oft Online-Händler an und betreiben in der Stadt nicht nur Büros, sondern teilweise auch ihre Data Center.

Online-Shops müssen schließen

Sandy hatte somit zahlreichen Startups zugesetzt, die - obwohl sie nur Online-Shops betreiben - ihre Geschäfte einstellen mussten. Die Ausfälle der Rechenzentren haben die Web-Händler inmitten ihrer Vorbereitungen für das sehr wichtige Thanksgiving- und Weihnachtsgeschäft erwischt. "Im Handel sind die Monate Juni bis Oktober entscheidend, um sich für die Feiertage vorzubereiten", sagte Fab.com-CEO Jason Goldberg dem "Wall Street Journal". "Das alles hätte zu keinem ungünstigeren Zeitpunkt geschehen können."

Als am Wochenende die ersten Kraftwerke wieder anliefen und Manhattan mit Strom versorgten, öffneten unter anderem der Design-Shop www.Fab.com, der Modeverkäufer Thrillist und der Brillenhändler www.warbyparker.com erstmals seit einer Woche wieder ihre Web-Shops. Fab.com beklagte nach Angaben des "Wall Street Journal" einen Rückstau von 50.000 Bestellungen. Ein Generator im Warenlager in New Jersey lieferte in den ersten Tagen nach dem Sandy-Desaster gerade genug Energie, um einige hundert Aufträge abzuarbeiten. Thrillist zufolge sind die Verkäufe in der Woche, in der Sandy das Geschäftsleben lähmte, um 30 Prozent eingebrochen.

Ein Mitarbeiter der FEMA-Behörde dokumentiert den Schaden, der durch den Wirbelsturm Sandy entstanden ist.
Ein Mitarbeiter der FEMA-Behörde dokumentiert den Schaden, der durch den Wirbelsturm Sandy entstanden ist.
Foto: FEMA

Als der Hurricane die Ostküste der USA erreichte nutzten viele Bewohner und Behörden den Nachrichtendienst "Twitter", um Anwohner zu alarmieren und über neue Entwicklungen zu informieren. Die lokalen Behörden empfahlen etwa einige Twitter-Hashtags, mit denen man sich stets auf dem Laufenden halten konnte.

Hilfe, aber auch Falschinformationen via Twitter

Bisweilen erwies sich der Austausch über soziale Medien aber auch als kontraproduktiv, weil Nutzer falsche Gerüchte streuten. So hatte der User @ComfortablySmug etwa getwittert, die Wertpapierbörse New York Stock Exchange (Nyse) "stehe drei Fuß unter Wasser", und Andrew Cuomo, Gouverneur von New York, sei in "Manhattan eingeschlossen und an einen sicheren Ort gebracht worden". Beide Meldungen waren falsch.

Die U.S. Federal Emergency Management Agency (FEMA), Koordinationsstelle für Notfälle, hat auf ihrer Web-Seite die Rubrik "rumor control" eingerichtet, um falsche Informationen aus den Social Networks zu entlarven und richtig zu stellen. Dort widersprach sie etwa Meldungen von vergangener Woche, wonach der FEMA das Trinkwasser ausgegangen sei.

FEMA selbst nutzte Twitter, um die Bewohner über die Versorgungstransporte zu informieren. Das amerikanische Rote Kreuz forderte alle Twitter-User, die einen Versorgungs-LKWs auf den Straßen sehen, dazu auf, den Standort sofort zu twittern, damit sich auch andere Anwohner mit Hilfe eindecken können. (jha)