SAN-Spezialisten sind begehrt

21.05.2001
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Winfried Gertz ist Journalist in München. Er arbeitet in einem Netzwerk von zahlreichen Anbietern kreativer Dienstleistungen. Das Spektrum reicht von redaktioneller Hörfunk- und Fernsehproduktion über professionelle Fotografie bis zu Werbetexten für Industrieunternehmen und Non-Profit-Organisationen.
Durch Internet und Co. steigt der Speicherbedarf in schwindelerregende Höhen. Immer neue Systeme und Technologien sollen den Anwendern helfen, die steigende Datenflut zu bewältigen. Kein Wunder: Speicherspezialisten sind schon heute eine stark gefragte neue Berufsgruppe.

Die Zukunft liegt im Speichergeschäft, da sind die Auguren wieder einmal einer Meinung. Auf rund 51 Milliarden Dollar soll der Markt bis zum Jahr 2003 anwachsen, heißt es unter Berufung auf eine IDC-Studie in einem IBM-Papier. Das Marktforschungsunternehmen Forrester Research rechnet damit, dass die Investition in Speicheranlagen in zwei Jahren die Budgets für Server um das Dreifache übersteigen wird.

Dietmar Wendt
Dietmar Wendt

1996 war es genau umgekehrt: 25 Prozent der IT-Budgets flossen in Speicher- und 75 Prozent in Serversysteme.

"Wir müssen nicht nur leistungsfähige Systeme entwickeln", argumentiert Dietmar Wendt, in London für das IBM-Speichergeschäft in Europa, dem Nahen Osten und Afrika verantwortlich. "Wir müssen den Anwendern auch helfen, das Management von Informationen gemäß den unternehmerischen Aufgaben und Zielen zu professionalisieren." Wendt beruft sich auf eine Studie der Unternehmensberatung McKinsey. Sie geht davon aus, dass sich das gespeicherte Datenvolumen in großen Unternehmen pro Jahr verdoppelt. Für jede Mark, die in Speichersysteme investiert wird, sind zig weitere Mark erforderlich, um Betrieb, Wartung und Management sicherzustellen.

Nach IBM-Angaben kostet eine Speicherkapazität von einem Megabyte im Markt etwa zwölf Cent. Für das Management der Daten fallen aber 3,50 Dollar an. "Ein einzelner Administrator", kalkuliert Wendt den Spezialistenbedarf, "ist heute höchstens in der Lage, 500 bis 750 Gigabyte gespeichertes Datenvolumen verantwortlich zu überschauen." Deshalb seien weitere Experten dringend erforderlich. Nach Berechnungen der Gartner Group ist allein die Verwaltung von Speicherressourcen in Local Area Networks (LAN) pro Gigabyte auf zehn Stunden gestiegen.

Das Aufgabenvolumen ist beachtlich. Immer mehr Zeit muss investiert werden, um Server mit neuem Speicherplatz auszustatten, Hardware zu rekonfigurieren, neue Arrays zu installieren und existierende anzupassen, um Daten zwischen Laufwerken zu bewegen oder von Hand alte und duplizierte Programme und Dateien zu finden und zu beseitigen. Wer soll das alles leisten?

Selbst bei IBM ist die Nachfrage nach Experten im Speichergeschäft ungebrochen. Nach Angaben von Wendt beschäftigt Big Blue in Europa rund 800 Speicherspezialisten. Auch Partner von IBM wie Systematics oder Haitec haben solche Experten in ihren Reihen, die Anwender bei einer zentralen Zukunftsaufgabe unterstützen. Sie haben gut zu tun: Inzwischen melden auch kleine und mittlere Firmen Bedarf an. IBM Research zufolge wollen gut zwei Drittel bis 2003 so genannte Storage Area Networks (SAN) einrichten, um Informationen über größere Distanzen und mit höherer Sicherheit zu speichern.

"Jedes Unternehmen verfügt über eine individuelle Installation", beschreibt Wendt die Herausforderung an die künftigen Speicherexperten. "Sich in komplexen Architekturen auszukennen gehört ebenso zum Anforderungsprofil wie das Wissen um maßgeschneiderte IT-Implementierungen." Eine überzeugende persönliche Ausstrahlung runde das Profil ab, zumal ein Speicherspezialist meist beim Kunden vor Ort beschäftigt sei. Bei der Rekrutierung setzt IBM auf eine enge Kooperation mit der Forschung.

Um bereits in der Universitätsausbildung auf den künftigen Speicherbedarf Einfluss zu nehmen, bringt sich Big Blue an der RWTH Aachen sowie den Universitäten Mainz und Karlsruhe gezielt in Speicherprojekte ein. Eine besondere Herausforderung für die Spezialisten kristallisiert sich gerade erst heraus. Gemeint ist der - noch ungeschützte - Datenverkehr in nicht-geschlossenen Netzen: Voice, Video und all jene Daten, die über neue Schnittstellen ins Netz eingespeist werden.

Laut den Prognosen des Marktforschungsunternehmens IDC sollen schon in wenigen Jahren bereits 800 Millionen so genannter Appliances an den weltumspannenden Datenverbund andocken. Eine Waschmaschine per Fernabfrage zu steuern oder den Internet-Zugriff im Auto abzusichern dürfte dann selbstverständlich auch zum Berufsalltag der neuen Speicherexperten gehören.