Sage verliert Bieterkampf um Visma

19.04.2006
Der norwegische Enterprise-Resource-Planning-Anbieter (ERP) geht für 673,3 Millionen Dollar an einen privaten Investor.

HgCapital bietet 673,3 Millionen Dollar in bar für Visma ASA und übertrumpft damit die Offerte des britischen Softwareanbieters Sage Group Plc. Die Briten hatten Ende März rund 600 Millionen Dollar für den skandinavischen Hersteller von Business Software geboten und waren sich ihrer Sache bereits sicher (siehe auch: Sage will norwegische Visma kaufen). Die Akquisition - die größte der Unternehmensgeschichte von Sage - stehe im Einklang mit der Strategie, geografisch zu wachsen, erläuterte Sage-Chef Paul Walker. Mit der Übernahme hätten die Briten die Marktführerschaft im ERP-Geschäft mit kleinen und mittleren Unternehmen im skandinavischen Raum angepeilt.

Der Deal zwischen Sage und Visma geriet ins Wanken, als der Aufsichtsrat der Norweger Mitte April Zweifel an dem Geschäft anmeldete und andeutete, der in Oslo ansässige Softwareanbieter könnte möglicherweise einen höheren Preis herausschlagen. Die Sage-Verantwortlichen wiesen die Begehrlichkeiten der Skandinavier kategorisch zurück und erklärten, sie würden ihre Offerte keinesfalls erhöhen. Kurz darauf legte Engel Holding AS, die den Fonds-Gesellschaften Hg Investment Managers Ltd und Hg Pooled Management Ltd. gehört, ein deutlich aufgestocktes Gebot vor.

Über das Hg-Angebot scheint bereits Einvernehmen zwischen den Verantwortlichen beider Firmen zu herrschen. Visma bezeichnete die Offerte besonders aus Sicht des Marktes als interessant. Die Investoren würden die Strategie unterstützen, Visma als skandinavischen Anbieter von Business-Software weiter zu entwickeln. Die Hg-Verantwortlichen erklärten, man wolle an dem Mangement-Team der Norweger festhalten. Bislang sind dem Investor bereits 41,3 Prozent der Visma-Papiere zugesagt.

Der norwegische Softwareanbieter, der rund 200 000 kleine und mittlere Unternehmen in Skandinavien zu seinen Kunden zählt, hatte in der Vergangenheit wiederholt betont, organisch wachsen und sein Standbein im fragmentierten Markt durch eigene Akquisitionen stärken zu wollen. Die Voraussetzungen dafür stehen nun nicht schlecht. Mit einem finanzstarken Investor im Rücken können sich die Norweger nach geeigneten Übernahmekandidaten umsehen. Die Hg-Verantwortlichen ließen bereits durchblicken, Kapital locker zu machen. Der Investor, der Niederlassungen in Großbritannien, den Niederlanden und Deutschland unterhält, verfügt über rund drei Milliarden Dollar. Etwas mehr als die Hälfte davon stecken bereits in rund 80 Unternehmen.

Die Strategie von Sage, das Geschäft durch Übernahmen auszubauen, erhält mit dem Vorstoß von Hg einen empfindlichen Dämpfer. Die Briten hatten in den zurückliegenden Monaten immer wieder betont, Akquisitionen seien ein wichtiger Faktor für das künftige Wachstum des Unternehmens (siehe auch: Sage setzt auf weitere Akquisitionen). Neben den klassischen Konkurrenten Microsoft und Intuit im Softwaregeschäft mit kleinen und mittleren Unternehmen entsteht Sage durch finanzstarke Investorengruppen nun ein weiterer gefährlicher Wettbewerber.

Zunehmend spielen Fonds-Gesellschaften eine entscheidende Rolle bei der weltweiten Konsolidierung des Softwaremarkts. Beispielsweise stecken hinter den ERP-Anbietern Infor und SSA Global potente Kapitalgeber. (ba)