Safer Hex

16.11.1990

Ein buchstäblich schwergewichtiger Schwerpunkt ist in dieser Ausgabe der COMPUTERWOCHE zustande gekommen. Das hat gleich mehrere Gründe. Der erste wird bereits auf Seite 8 in einem Gastkommentar diskutiert. Daß neue Bundesdatenschutzgesetz hat nämlich erstaunliche Begehrlichkeiten geweckt, und zwar bei den Rechtsanwälten. Sie machen den bisherigen Datenschutzbeauftragten, die vornehmlich aus der DV-Praxis kommen, neuerdings ihr Mandat streitig. Diese indes kontern unter der Überschrift Der Rechtsanwalt als "Kuckucksei" des Datenschutzes.

Ein weiterer Grund, DV-Sicherheit wichtiger zu noch als noch vor wenigen Jahren, ist das zukunftsträchtige Anwendungsgebiet der Computerunterstützten Kriminalität in all ihren ungewöhnlichen Ausprägungen. In diese Grauzone läßt ein erfahrener "Kriminaler" die Leser einen erschrekkenden Blick tun. Werner Paul vom Bayerischen Landeskriminalamt behauptet in nebenstehendem Artikel: "Die Abhängigkeit von der DV ist größer als die vom Öl." Wenn das stimmt, dann dürfte Sicherheit genauso wie Öl in Zukunft noch teurer werden.

Für diese Annahme spricht auch ein ganz neuer SW-Markt, der sich mit großer Geschwindigkeit entwickelt, nämlich der für PC-Sicherheit mit dem Kernbereich Virusprophylaxie und -bekämpfung. Die PC wurden inzwischen als die Achillesferse der DV erkannt (siehe Seite 43) und stellen damit über ihre Hard- und Software hinaus einen neuen Sicherheitskostenfaktor dar.

Neues tut sich auch in der Kryptographie. "Das RSA-Verfahren ist schon heute nicht mehr sicher" behauptet auf Seite 50 Winfried Gleißner, der sich darüber wundert, wie wenig sensibel die Öffentlichkeit darauf reagiert, daß personenbezogene Daten möglicherweise unzurechend geschätzt über öffentliche Netze übertragen werden.

Einblick in das zweifelhafte Handwerk der Virusprogrammierung gibt auf Seite 56 Detlev Hoppenrath. Die Erreger werden immer hinterhältiger", heißt es dort, aber er gibt auch Hinweise zum Thema " Safer Hex".

Immer teurer wird DV-Sicherheit und, doch nie 100prozentig. Ein Restrisiko bleibt immer, aber die Versicherungswirtschaft reagiert schnell mit neuen oder veränderten Versicherungen, die dieses abzudecken versuchen. Es gilt abzuwägen zwischen einem Mehr an Prophylaxe oder einem möglichen Umsatzeinbruch durch Abbruch des Informationsflußes, Datenverlust etc. innerhalb und außerhalb des Unternehmens.

*Werner Paul ist Erster Kriminalhauptkommissar beim Bayerischen Landeskriminalitat in München. Er leitet das mit kriminaltechnischen Aufgaben befaßte Sachgebiet 41. Es berät und unterstützt die Ermittlungsdiensten bei ihrer Arbeit, erstellt EDV-Gutachen und vetritt diese vor Gericht.