Sachhearbeiter als Datenerfasser?

03.02.1978

Der Computer, auf seinem langen Weg zum Endbenutzer, schafft sicherlich viele Probleme aus der Welt, die nun einmal mit zentralisierten, batch-verarbeitenden Informationssystemen und großen Datenverarbeitungsabteilungen verbunden sind. Vor einer Bildschirm-Euphorie muß aber gewarnt werden. In dem Bestreben, die Datenerfassung zu dezentralisieren und in die Arbeitsplätze der Benutzer einzufügen, wird oftmals übers Ziel geschossen: Die Sachbearbeiter werden zu Datenerfassern degradiert.

Die Datenerfassung ist und bleibt das Sorgenkind der Datenverarbeitung. Trotz neuer Technologien, die heute in großer Auswahl zur Verfügung stehen, ist eine zielstrebige Durchplanung des Datenerfassungssystems erforderlich, gleichgültig, ob man im Sinne einer "kleinen Lösung" bestehende Datenerfassungssysteme optimieren oder im Sinne einer "großen Lösung" neue Konzepte entwerfen will. Das methodische Wissen der Systemplaner ist in diesem Bereich erfahrungsgemäß besonders gering, was darauf zurückzuführen ist, daß einerseits die Datenerfassung immer das Stiefkind der Systemplaner war, daß aber andererseits auch die Angebote an methodisch abgesicherten Planungshilfen sehr bescheiden waren.

Im Zuge der Dezentralisierung der Informationssysteme gerät mancher Systemplaner in eine Art Bildschirm-Euphorie: Wenn der Bildschirm am Arbeitsplatz des Benutzers Eingang findet, dann läßt sich das Problem der Datenerfassung auch "einfach" lösen; der Sachbearbeiter übernimmt die Funktion des Datenerfassers. Wie häufig in der Systemplanung, so besteht auch hier die Gefahr der gedankenlosen Durchsetzung einer tendenziell richtigen Vorgehensweise mit der Folge, daß ganz unerwünschte Effekte eintreten: Akzeptanzprobleme beim Sachbearbeiter, der sich zum Datenerfasser degradiert fühlt; Verminderung der Arbeitsleistung in der Sachbearbeiterfunktion; mögliche Effekte durch arbeitsstrukturierende Maßnahmen (vor allem Arbeitsbereicherung und Arbeitserweiterung) kommen nicht zum Tragen.

Trotz neuer Technologien im Vorfeld der Datenverarbeitung muß der Systemplaner eine bewußte und behutsame Durchplanung des Datenerfassungssystems insgesamt und dabei jedes einzelnen Datenerfassungsprozesses vornehmen. Gerade im letzteren liegt oft der Schlüssel zum Erfolg, weil verhindert wird, daß man leichtfertig alle Datenerfassungsprozesse in Unkenntnis ihrer oft sehr differenzierten Charakteristiken über einen Leisten schlägt.

So wird man bei einer differenzierten Planung auch erkennen, welche Datenerfassungsprozesse als "Massendatenerfassungs-Prozesse" grundsätzlich ungeeignet sind für eine Einfügung in die Sachbearbeiterplätze; oft ergeben sich auch Möglichkeiten zur Beseitigung des Massendatencharakters.

Der zweite Schwerpunkt des methodisch richtigen Ansatzes liegt darin, zunächst einmal alle Aspekte der technologischen Realisierbarkeit ("Geräteauswahl") beiseite zu lassen und sich darauf zu konzentrieren, ein zweckmäßiges Datenerfassungsverfahren ("Verfahrensauswahl") zu bestimmen. Hierzu gehören etwa Fragen des Verbindungsgrades (soll indirekt oder direkt erfaßt werden?) und des Intelligenzgrades. Damit sind eine Vielzahl von Verfahrensentscheidungen verbunden, die einer undifferenzierten Vorgehensweise einfach zum Opfer fallen, deren Ergebnisse daher aber auch nur zufallsbedingt zweckmäßig sein können.

Sofern man sich zu einer Bildschirmerfassung am Sachbearbeiterplatz entscheidet, sind eine Reihe wichtiger Gestaltungsentscheidungen zu beachten. Sie betreffen die Gestaltung der Arbeitsumwelt (Beleuchtung am Arbeitsplatz) ebenso wie die Gestaltung der Arbeitsmittel (Bildschirmlayout, Datenerfassungstechniken) und die Gestaltung der Arbeitsinhalte.

-Der Autor ist Vorstand des ifbi-lnstituts für Fertigungswirtschaft und Betriebsinformatik der Universität Linz. Zum hier behandelten Thema hält er am 23./24. Februar und 5./6. Juni 1978 Seminare ab.

Informationen: Integrata, Biesingerstraße 10, 7400 Tübingen.