Fertigungsindustrie baut auf die Cloud

SaaS kommt im Mittelstand an

11.07.2012
Ein Jahresvergleich zur IT-Nutzung in mittelständischen Fertigungsfirmen zeigt, dass mehr IT-Innovationen und SaaS-Lösungen Einzug gehalten haben. Die Prozessqualität hat sich verbessert.
Foto: Techconsult

Unternehmen der Fertigungsbranchen haben im Lauf des vergangenen Jahres ihre internen Arbeitsabläufe verbessert, neue IT-Lösungen eingeführt und sich vermehrt SaaS-Lösungen zugewandt. Das sind die aktuellen Kernergebnisse einer langfristig angelegten Studie unter 840 Unternehmen der Fertigungsbranche. Das Marktforschungshaus Techconsult betont, dass sich keine Kennzahl gegenüber der ersten, im März 2011 veröffentlichten Studie verschlechtert hat. Demnach erhöhte sich der Hauptindikator Business Performance Index (BPI), bei dem nach der Qualität der Prozessausführung und der Prozessrelevanz gefragt wird, um einen Indexpunkt auf einen Wert von 72 und der IT-Unterstützungsgrad ist gegenüber 2011 stabil geblieben.

Am stärksten legte der Reifegrad der innovativen IT-Lösungen zu, der sich von 58 um zehn Punkte auf einen Wert von 68 verbesserte. Heiko Henkes, Studienleiter bei Techconsult, führt dies auf zwei mögliche Ursachen zurück: "Zum einen fördert die seit Längerem anhaltende positive konjunkturelle Entwicklung die Investitionsbereitschaft in neue IT-Lösungen. Zum anderen führte ein größerer Konkurrenzdruck dazu, dass mittelständische Fertiger sich intensiver als noch vor einem Jahr mit innovativen IT-Lösungen befassen." Dafür spreche auch, dass bereits knapp ein Fünftel der Fertiger mit Software as a Service (SaaS) eine relativ neue Form des Softwarebezugs nutzen.

SaaS-Nutzung: diskrete Fertiger sind Spitze

19 Prozent der Unternehmen der Fertigungsindustrie nutzen SaaS. Ein Blick in die Teilbranchen zeigt, dass der SaaS-Einsatz in der diskreten Fertigung mit 20 Prozent am weitesten verbreitet ist, innerhalb dieses Marktsegments sind wiederum Firmen der Elektrotechnik- und High-Tech-Industrie die intensivsten Anwender des Mietmodells, laut Erhebung kommen SaaS-Lösungen hier bereits in jedem vierten Unternehmen zum Einsatz. Den hohen SaaS-Anteil in der Hightech-Industrie führt Analyst Henkes auf die "natürliche" Affinität der Branche zu modernen IT-Lösungen zurück. Am Ende der Skala findet sich die dagegen die Prozessindustrie wieder, und zwar mit einem SaaS-Einsatzgrad von lediglich 16 Prozent.

Mischfertiger schneiden beim BPI am besten ab

Der von Techconsult erhobene Business Performance Index (BPI) soll sich als Maßzahl dafür etablieren, wie gut die Abläufe in den Firmen sind. Dazu befragen die Marktforscher die Firmen unter anderem nach der Qualität der Prozessausführung und der Prozessrelevanz. Mischfertiger schneiden hier am besten, ihnen testieren die Analysten einen durchschnittlichen Index-Wert von 76 Punkten, die Projektfertiger bilden mit 64 Punkten das Schlusslicht. Der Durchschnittswert über alle Fertigungsfirmen hinweg beläuft sich auf 72.

In den Bereichen Service und Qualitätsmanagement fallen die Werte mit 66 beziehungsweise 65 Punkte allerdings deutlich unter den Durchschnitt. Die Projektfertiger haben mit nur 59 Punkten im Servicebereich die rote Laterne - gewinnbringender Service steht nach wie vor nicht weit oben auf der Prioritätenliste der Fertigung. Gegenüber der Vorjahreserhebung konnten sich bis auf die Projektfertiger alle Fertigungstypen beim BPI verbessern: die Mischfertiger mit plus fünf Punkten am stärksten.

Outsourcing-Quote steigt um knapp fünf Prozent

Die Outsourcing-Quote der Unternehmen nahm durchschnittlich um 4,6 Prozent auf 30,7 Prozent zu. Damit nutzt etwa ein Drittel der Unternehmen der Fertigungsindustrie die Option, Unternehmensbereiche komplett oder teilweise auszulagern. Obgleich die Unterschiede nur gering ausfallen, setzt die diskrete Fertigung mit 31 Prozent tendenziell häufiger auf dieses probate Mittel zur Konzentration auf das Wesentliche als Unternehmen der Prozessindustrie (27 Prozent). Innerhalb der diskreten Fertigung ist der Maschinen- und Anlagenbau mit einer Outsourcing-Quote von 40 Prozent Spitzenreiter im Subbranchenvergleich. Die geringsten Werte verzeichnen Unternehmen in der Herstellung von Gummi- und Kunststoffwaren.

In der Prozessindustrie dominieren Unternehmen der Kosmetikbranche mit 40 Prozent die Outsourcing-Rangliste. Dagegen setzt in der Nahrungsmittelbranche gerade einmal jedes fünfte Unternehmen auf die Auslagerung von Unternehmensbereichen.

Diskrete und Prozessfertiger lagern in den verschiedenen Funktionsbereichen teilweise unterschiedlich stark aus. Während die Diskreten 24 Prozent der Produktion auslagern, geben die Prozessfertiger nur zu 18 Prozent Produktionsschritte an Drittfirmen. Keine Auskunft gibt die Studie über den Auslagerungsgrad in der IT der befragten Unternehmen. "Uns war die gesamte Outsourcing-Quote wichtig", erklärt Henkes. "Aus dieser Rate lässt sich für die IT zumindest ableiten, welche Unternehmen wie viel Erfahrungen mit der Auslagerung gemacht haben. Die SaaS-Quote gibt ebenfalls Aufschlüsse über die Auslagerungsbereitschaft, handelt es sich doch bei Software as a Service um eine ganz bestimmte Form des Outsourcings."

Mobil-Devices werden zentral gemanagt

Heiko Henkes, TechConsult: "Mittelständische Fertiger setzen mobile Lösungen ein, um ihre Geschäftsprozesse zu verbessern."
Heiko Henkes, TechConsult: "Mittelständische Fertiger setzen mobile Lösungen ein, um ihre Geschäftsprozesse zu verbessern."
Foto: Techconsult

In der diesjährigen Erhebung wurde zum ersten Mal nach der Mobility-Strategie gefragt. Demnach nutzen mehr als 20 Prozent der Mitarbeiter einen Laptop, der auch zentral durch die zentrale Unternehmens-IT verwaltet wird. Auch die Smartphone-Nutzung ist mit knapp 20 Prozent hoch. Gut Zwei Drittel von Ihnen werden ebenfalls zentral gemanagt. Der Durchdringungsgrad von Tablets und Slates ist mit 2,5 Prozent dagegen noch gering. "Vor allem die zentrale Verwaltung der Devices spricht dafür, dass mittelständische Fertiger mobile Lösungen einsetzen, um gezielt ihre Geschäftsprozesse zu verbessern", erklärt Studienleiter Henkes

Früher diffundierten Laptops und Handys quasi in die Unternehmen hinein. Oft lag ihrer Benutzung kein strategischer Plan zugrunde. Das habe sich stark verändert. Die Unternehmen hätten inzwischen begriffen, dass sie die mobilen Geräte zur Effektivitätssteigerung ihrer Mitarbeiter und zur Kundenbindung einsetzen können. Auch im Controlling und sogar in der Produktion werden diese Devices inzwischen immer öfter zum Datenabruf oder zur Steuerung eingesetzt. Voraussetzung dafür sei allerdings ein hohes Maß an Sicherheit, Verfügbarkeit und Verwaltbarkeit. Deshalb werden die meisten mobilen Geräte in Unternehmen heute zentral administriert. "Das befreit die Nutzer auch von lästigen Update-Routinen und Unsicherheit darüber, wozu sie die Devices einsetzen dürfen und wozu nicht", führt Henkes aus.

Die größten Herausforderungen findet die Fertigungsindustrie in den Themen Kosten senken beziehungsweise Effizienz steigern, Personalakquisition sowie Kundenbindung. Die Verbesserung der IT-Unterstützung ist vornehmlich in der Prozessfertigung eine große Herausforderung - insbesondere der gezielte und bedarfsorientierte Zugriff auf Unternehmenskennzahlen zur Beschleunigung und Verbesserung von Entscheidungsprozessen wird eine herausragende Bedeutung zugeschrieben. (jha)