S&T will hierzulande vorerst nur beraten

19.02.2007
Das schnelle Wachstum hat das österreichische Systemhaus nun auch nach Deutschland getragen. Die Übernahme der Schweizer Infomation Management Group (IMG) stellt eine Zäsur dar.
Die Anfang 2007 angekündigte IMG-Übernahme wird S&T auch in diesem Jahr ein kräftiges Wachstum bescheren.
Die Anfang 2007 angekündigte IMG-Übernahme wird S&T auch in diesem Jahr ein kräftiges Wachstum bescheren.

Ein Umsatzwachstum von 30 Prozent, 41 Prozent Ebit-Zuwachs, 48 Prozent Kursanstieg, Marktkapitalisierung innerhalb von zwei Jahren fast verdoppelt. Das sind Zahlen, die im heutigen IT-Servicegeschäft zumeist mit indischen Offshore-Anbietern in Verbindung gebracht werden. Tatsächlich ist es aber das österreichische IT-Systemhaus S&T AG, das diese finanziellen Eckdaten Mitte Februar auf der jährlichen Bilanzpressekonferenz in Wien präsentierte. Einzig ein Blick auf die Ebit-Marge weist darauf hin, dass man von indischen Verhältnissen weit entfernt ist. Sie belief sich im abgelaufenen Geschäftsjahr 2006 auf 2,6 Prozent. Andere, auch westeuropäische IT-Dienstleister, können hier auf bessere Werte verweisen.

Hier lesen Sie ...

• Welche Services S&T anbietet;

• welche Kunden das Unternehmen anspricht;

• für welche Branchen es Dienste betreibt;

• welche Pläne das Unter- nehmen in Deutschland verfolgt.

S&T in Kürze

Zentrale: Wien, Sitz der Holding.

Gegründet: 1993.

Börsengang: Juli 1998.

Umsatz 2006: 463 Millionen Euro.

Ebit 2006: Zwölf Millionen Euro.

Vorstand: Christian Rosner (CEO, Foto), Martin Bergler (CFO).

Mitarbeiter: 3000 (inklusive der IMG-Mitarbeiter).

Niederlassungen: In 23 Ländern in Ost-, Südost- und Zentraleuropa sowie in den USA und in Asien.

Portfolio: Reselling, Managed-Services, Integrationsservices, SAP-Beratung und -Implementierung, IT-Consulting.

Branchenschwerpunkte: Finanzdienstleistungen, öffentliche Hand, Fertigung, Telekommunikation, Handel.

Konkurrenten: IBM Global Services, Siemens IT Solutions and Services, Accenture, Capgemini sowie lokale Systemhäuser und IT-Dienstleister.

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S&T unterhält Niederlassungen in 23 Ländern, vornehmlich in Ost- und Südosteuropa. Die Vermutung liegt daher nahe, dass das Unternehmen Profiteur des aufkeimenden Nearshore-Geschäfts sei - doch weit gefehlt: "Die Firma wurde 1993 gegründet. Damals hat noch keiner von Nearshoring geredet", erinnert sich S&T-CEO Christian Rosner. "Wir haben erst in den vergangenen eineinhalb Jahren in Nearshore-Services investiert." Erstaunlicherweise verfügte das Unternehmen bis vor rund zwei Jahren über keine Betriebsstätte in Österreich. In Wien gab es lediglich eine Holding, die die Aktivitäten in den östlich angrenzenden Ländern koordinierte und steuerte. Die Unternehmensstrategie sah von Anbeginn Wachstum durch Akquisitionen vor. "Wir wollten in Zentral- und Osteuropa stark vertreten sein", betont Rosner.

Die Kundenbasis von S&T ist breit gestreut: Sie umfasst sowohl große osteuropäische Fertigungskonzerne, die für den Heimatmarkt und den Export nach Westeuropa produzieren, als auch westeuropäische Versicherungen und Industriebetriebe mit Produktions- und Vertriebsstätten in den Ländern. "S&T ist nicht zuletzt dank zahlreicher erfolgreicher Akquisitionen dort, wo viele deutsche Mittelständler mittlerweile auch Standorte haben und ihren IT-Dienstleister suchen: in Osteuropa", weiß Heiko Miertzsch, Manager Consulting und Projektleiter eAnalyzer bei der Techconsult GmbH in Kassel. "Das Unternehmen kann länderübergreifend Services aus einer Hand anbieten und bleibt auf Augenhöhe mit seinen Kunden, weil es selbst Mittelständler ist. Damit verfügt S&T über ein Alleinstellungsmerkmal."

Aufbau des Portfolios

Services aus einer Hand gibt es allerdings noch nicht lange von dem österreichischen IT-Dienstleister. Den Anwendern lieferte S&T zunächst typische Systemhaus-Dienste, etwa den Wiederverkauf von Hardware sowie einfache, ergänzende Services. Hilfreich beim Start des Unternehmens war sicher, dass einige Gründungsmitglieder zuvor für HP das Osteuropa-Geschäft vorangetrieben hatten und noch gute Kontakte zum Hardwarehersteller unterhielten. Bereits im Gründungsjahr wurde S&T beispielsweise HP-Distributor in Slowenien. Außerdem pflegte das Systemhaus Präsenzen in der Ukraine und in Bulgarien. In den folgenden Jahren gab es eine Welle neuer Niederlassungen, etwa in Moldawien, dem früheren Jugoslawien sowie Rumänien.

Erst nach dem Börsengang 1998 setzte S&T verstärkt auf Akquisitionen, die das Unternehmen nicht nur eine geografische, sondern auch eine inhaltliche Ausdehnung des Geschäfts brachten. Das reine Reselling-Geschäft wurde um E-Business-Kompetenz ergänzt, nach und nach kamen Experten für Betriebsdienste sowie SAP- und Integrationsprojekte ins Unternehmen. In den vergangenen vier Jahren hat S&T vor allem Firmen übernommen, um das Portfolio an Lösungs-, Beratungs- und Managed-Services zu stärken, aber auch Unternehmensteile abgestoßen, die nicht mehr zum Kerngeschäft passen.

Obwohl S&T auf eine Vielzahl von Akquisitionen und Integrationsprojekten zurückblicken kann, betritt das Unternehmen mit der Übernahme der in St. Gallen ansässigen Informa- tion Management Group (IMG) Neuland. Die Kunden der neuen Tochter kommen überwiegend aus der Schweiz und aus Deutschland. S&T dringt damit - anders als mit früheren Akquisitionen - in hart umkämpfte und reife Märkte vor. Die Übernahme folgt ebenso wie die Eröffnung der Niederlassungen in Österreich der Erkenntnis, bei der Vergabe von Beratungs-, Projekt- und Integrationsaufträgen näher an die Entscheider in den Firmen zu müssen. "Es ist enorm wichtig, in den Headquarters der Unternehmen präsent zu sein, die in Osteuropa aktiv sind, und nicht nur in den Niederlassungen Services zu liefern", weiß Rosner.

Services stetig ausgebaut

Neuland betritt S&T mit der IMG-Akquisition auch, weil die übernommenen Mitarbeiter vornehmlich in der Beratung aktiv sind. Bislang haben die Österreicher ihr Portfolio, aus- gehend vom Hardware-Reselling, nach und nach um hö- herwertige Services erweitert und dadurch ihr Portfolio so um einfache Betriebsdienste, Integrationsangebote sowie SAP- Beratungs- und Implementierungsservices ausgebaut. IMG betreibt ihre Services dagegen am oberen Ende der Wertschöpfungskette.

Integrationsaufgaben warten

Es warten also einige Integrationsaufgaben auf das S&T- und IMG-Management, denn die geringen Überschneidungen in inhaltlicher und geografischer Hinsicht bergen die Gefahr, künftig nebeneinander statt miteinander zu arbeiten. Rosner geht das Vorhaben zuversichtlich an: "Wenn Sie schon Firmenübernahmen in der Ukraine, in Rumänien und Russland betrieben haben - ich schwöre Ihnen, dann schaffen Sie es auch in Deutschland."

Gemeinsam mit dem IMG-Management müsse man nun die Neuausrichtung des Unternehmens planen, so sein Plan. Zu klären sei etwa die Branchenauswahl: S&T könne beispielsweise auf großes Know-how im Retailsektor verweisen, IMG hingegen verfüge über besonderes Wissen um die Abläufe von Kunden aus der Fertigung sowie der Verteidigungs- und Raumfahrtindustrie.

Weitere Übernahmen folgen

In Deutschland wird sich S&T verhalten in den Markt vortasten. Mit der kompletten Produktpalette wird der IT-Dienstleister hierzulande nicht antreten, Basis des Geschäfts bleibt vorerst das IMG-Portfolio, das nach und nach um Branchenwissen sowie Beratungs- und Integrationsangebote erweitern werden soll. "Wo wir im Infrastruktursektor stark sind, werden wir ihn ausbauen. In Deutschland gibt es allerdings keinen Bedarf, dort wollen wir keine Reselling-Angebote entwickeln", klärt Rosner auf. "Unsere strategische Ausrichtung betont die Bereiche Business Solutions und Managed Services." Möglicherweise wird S&T dazu auch wieder akquirieren. Auch eine weitere Übernahme im deutschen Markt schloss Rosner ab der zweiten Jahreshälfte 2007 nicht aus.