RZ-Leiter heute: Managerqualitäten sind gefordert

25.08.1989

Mit fachlicher Kompetenz allein kann der RZ-Leiter heute im Unternehmen keinen Blumentopf mehr gewinnen. Vielmehr muß er über Organisationstalent, Koordinationsvermögen und unternehmensspezifisches strategisches Denken verfügen, will er in der heutigen DV-Welt einen reibungslosen RZ-Betrieb sicherstellen. Denn nur auf dieser Basis kann der RZ-Leiter die ständig wachsenden Kosten seiner Abteilung gegenüber der Geschäftsleitung vertreten und die Benutzer von der Notwendigkeit seines Bereiches überzeugen. Bekräftigt Fred Grimm aus Kassel: "Ist ein reibungsloser RZ-Betrieb gewährleistet, wächst zwangsläufig auch der Einfluß des RZ-Leiters auf Unternehmensziele und Vorstandsentscheidungen."

Fred Grimm

Abteilungsleiter DV-Systemmanagement, Wintershall AG, Kassel

In den Anfängen der Datenverarbeitung hatte der RZ-Leiter den kompletten Überblick über alle DV-Anwendungen des Unternehmens. Fast alle Projekte hatten die Umstellung manueller auf DV-maschinelle Verfahren zum Ziel - einhergehend mit kräftigen Rationalisierungs-(Personaleinsparungs-)Maßnahmen.

Der RZ-Leiter befand sich in einer reinen Batch-Welt: Er kannte die Zusammenhänge, wußte, welche Last auf ihn und seine Rechner zukam, konnte gut planen, hatte direkten Kontakt zu allen Anwendern. Zu seinem Reich gehörte in aller Regel der unvermeidliche mehr oder weniger große "Datenerfassungssaal".

Diese einfache Aufgabenteilung hat sich im Laufe der Jahre geändert. Die DV ist zur Informatik geworden und die Organisationsstruktur breiter. Zudem gibt es weitere wichtige neue Abteilungen und Gruppen: individuelle Datenverarbeitung, Netzwerk- und Benutzerservice - um nur zwei zu nennen. Neben der zentralen Informatik entstehen dezentrale Informatiken mit eigenen Abteilungsrechnern bis hin zum eigenständigen kleinen Rechenzentrum. Der PC - dediziert oder Netz-integriert - macht die Anwender teilweise unabhängig vom RZ.

Trotz (oder gerade wegen?) dieser Dezentralisierungswelle sieht sich das RZ mit seinem Leiter - als mit Abstand größtem Kostenblock der Informatik - zunehmend dem Vorwurf ausgesetzt, immer teurer, zu teuer zu werden. Dem kann der RZ-Leiter entgegentreten, indem er Transparenz in seine Kosten bringt und die Abhängigkeit des Unternehmens von einem gut funktionierenden Rechenzentrum aufzeigt. Das bedeutet auch, den Anwender "mit ins Boot" zu nehmen, ihm einerseits klarzumachen welchen Kostenanteil er verursacht, und ihn andererseits formulieren läßt, wie lange er ohne RZ seine Aufgaben erfüllen kann. Wenn dann die Aussage kommt: "Nach zwei Stunden knirscht es schon im Getriebe und nach spätestens vier Stunden dreht sich kein Rad mehr" wird klar, welche Bedeutung ein gut funktionierendes RZ und damit der RZ-Leiter für ein Unternehmen hat.

Dennoch mögen gerade heute viele RZ-Leiter im Zweifel darüber zu sein, welchen Stellenwert sie im Unternehmen einnehmen. Die DV-gesteuerten Organisationsstrukturen werden immer komplexer, neue DV-Positionen scheinen die des RZ-Leiters in den Hintergrund zu drängen. Doch neue Organisationsstrukturen, wie etwa das strategische Informationsmanagement, das derzeit in aller Munde ist, können nur realisiert werden, wenn ein reibungsloser RZ-Betrieb gewährleistet ist. Ist dies der Fall, wächst zwangsläufig auch der Einfluß des RZ-Leiters auf Unternehmensziele und Vorstandsentscheidungen.

Doch neue Aufgaben warten auf den RZ-Leiter nicht nur in Sachen strategisches Denken. Mit den zur Zeit auf dem Markt vorhandenen oder angekündigten Hard- und Software-Komponenten sind umfangreiche Automations-/Rationalisierungsmöglichkeiten an der Quelle der Automation - nämlich dem Rechenzentrum - möglich: automatisches sprich operatorloses Konsol-Operating, automatische Arbeitsvorbereitung bis hin zur automatischen Druck-Output-Verteilung, automatische Netzwerküberwachung, automationsgestütztes Rechnertuning, Roboter für Kassettenhandling, automatisches Spacemanagement etc. Dies sind weitere interessante Aufgaben für den RZ-Leiter, in seinem eigenen Bereich drastisch zu rationalisieren und die RZ-Verfügbarkeit zu erhöhen.

Trotz breiterer Aufgabenverteilung ist durch die starke Abhängigkeit der Unternehmen vom Rechenzentrum der Stellenwert des RZ-Leiters nicht gesunken, sondern eher gestiegen. Er muß sich nur aktiv den neuen Herausforderungen stellen. Dazu gehört auch, seine langjährigen DV-Erfahrungen kontinuierlich "upzudaten", um nicht Gefahr zu laufen, betriebsblind zu werden.

Hans-Ulrich Rohde

DV-Betrieb, Deutsche Granini, Bielefeld

In früheren Zeiten war der Leiter des Rechenzentrums das "Mädchen für alles", war teilweise (System-)Programmierer, Arbeitsvorbereiter und Chefoperator in einer Person. Im Laufe der Zeit aber wurde sein Verantwortungsbereich breiter, und der RZ-Leiter wuchs in eine RZ-Management-Funktion hinein. Allerdings muß auch heute noch mancher RZ-Leiter - je nach Größe der Installation - mehrere Funktionen ausfüllen.

Diese Entwicklung brachte mit sich, daß sich auch die Anforderungen, die an den RZ-Leiter gestellt werden, gewandelt haben. Heute ist wesentlich mehr Gewicht auf Organisation, Innovation und Repräsentation der Abteilung zu legen. Er muß flexibler auf die sich rasch ändernde Technik reagieren und darüber hinaus einen kooperativen Führungsstil pflegen; eine Umstellung, die manchem "altbewährten" RZ-Leiter - wie vielen anderen älteren Mitarbeitern - schwerfällt. Denn früher mußte er lediglich auf dem operativen Gebiet fit sein - der Rest wurde von anderen Mitarbeitern oder Bereichen im Unternehmen erledigt.

Ich sehe meine Position im Unternehmen vornehmlich darin, in den Bereichen Organisation, Koordination und Planung tätig zu werden. Das heißt für mich unter anderem Motivation der Mitarbeiter, die Leistung der Mitarbeiter nach außen zu vertreten sowie Entscheidungen innerhalb des Bereiches vorzubereiten und mit zu tragen. Eine weitere Aufgabe sehe ich im Abwägen des Einsatzes neuer Technologien, also deren Leistung und Nutzen gegenüber den Kosten zu vertreten.

Gerade diverse Beschaffungsmaßnahmen im Hard- und Software-, aber auch Personalbereich können immer wieder zu Konflikten zwischen RZ-Leitern, Vorgesetzten und/oder der Unternehmensleitung führen. Für ständig größer werdende Datenmengen muß immer leistungsfähigeres Equipment angeschafft werden; die Systemumgebung wird immer komplexer folglich werden immer besser ausgebildete Fachkräfte benötigt. Folge hieraus: Das Budget steigt von Jahr zu Jahr. Der Konflikt hier ist also, eine Kostenminimierung bei gleichzeitiger Nutzenmaximierung zu erreichen. Der RZ-Leiter kann zur Lösung solcher Probleme entscheidend beitragen, indem er schlagkräftige Argumente für zum Beispiel notwendige Investitionen oder zusätzlichen Personalbedarf bei der Geschäftsleitung anbringt.

Auch in Zukunft warten neue Aufgaben auf den RZ-Leiter. Als neue Herausforderung ist beispielsweise der immer stärker werdende User-Support zu verstehen, dessen Aufbau im Zuge von immer höherer Technologie absolut notwendig ist. Dabei sollte für mehr Verständnis unter den Abteilungen im Unternehmen geworben werden, was sich durch eine größere Transparenz des DV-Betriebes erreichen läßt. Ein weiteres Betätigungsfeld kann auch - je nach Unternehmensgröße - der Aufbau eines Profit-Centers sein. Hiermit könnte die Wandlung zu einem RZ-Manager erfolgen, der nicht nur Budget-Mittel beantragt, sondern sich diese selbst "verdient".

Karl Völzing

Geschäftsführer, RZplus GmbH, Böblingen

Das Rechenzentrum war früher von einer batchorientierten Arbeitsweise geprägt: Daten (Lochkarten) wurden angeliefert und Auswertungen (Listen) erstellt, versandt beziehungsweise abgeholt. Dementsprechend hatte der RZ-Leiter die Funktionen der Arbeitsvor- und -nachbereitung sowie das Operating, sprich: das Bedienungspersonal der Rechenanlagen, unter sich. Systemplanung und Systemprogrammierung waren - soweit überhaupt vorhanden - dem RZ-Leiter selten unterstellt, sondern gehörten einer anderen DV-Abteilung an. Meistens hatte der RZ-Leiter, bedingt durch die eigene berufliche Entwicklung, einen sehr starken fachlichen Kontakt zu seinen Mitarbeitern und bemühte sich dieses fachliche Wissen möglichst beizubehalten und zu aktualisieren. Der RZ-Leiter berichtete an den Leiter der Datenverarbeitung und war - je nach Größe des Unternehmens - Team- oder Abteilungsleiter.

Im Laufe der Jahre ist der Stellenwert des Rechenzentrums innerhalb des Unternehmens und damit auch die Bedeutung des RZ-Leiters enscheidend gestiegen. Das RZ ist heute nicht mehr nur reines Rationalisierungsinstrument, sondern entwickelt sich zu einem Dienstleistungsbetrieb, der mehr und mehr von allen Teilen des Unternehmens in Anspruch genommen wird. Daraus ergibt sich eine große Abhängigkeit dieser Unternehmensbereiche, und die Anforderungen an Qualität und Verfügbarkeit des gelieferten Service sind entsprechend hoch.

Die Investition, für die der RZ-Leiter Verantwortung trägt, steigt vielfach überproportional zum Wachstum des Unternehmens. Durch die zunehmende Komplexität von Hard- und Software sowie durch Vernetzungsaktivitäten sind in stärkerem Maße Außeneinflüsse zu beachten. Hinzu kommt das organisatorische Wachstum des Rechenzentrums; der Teamleiter von einst ist längst Abteilungsleiter, und die ehemalige RZ-Abteilung hat sich zu einem Bereich mit mehreren Abteilungen entwickelt. Selbstverständlich ist, daß der RZ-Leiter der diese Entwicklung aktiv mitmachen wollte, sich einem Prozeß des Umdenkens unterziehen mußte. Die Zeiten, in denen er bei den Tätigkeiten seiner Mitarbeiter selbst mit Hand anlegte, wenn Not am Mann war, sind endgültig vorbei - und mancher RZ-Leiter wird dies bedauern.

Heute ist der RZ-Leiter vor allem in organisatorischer Hinsicht gefordert. So läßt beispielsweise der Kostendruck in den Unternehmen auch das Rechenzentrum nicht unberührt. Personalreduzierung ist nur mit verstärkter Automation realisierbar; das heißt die

Servicenehmer müssen in einem Rechenzentrum arbeiten, das bei Endbenutzerproblemen zumindest zeitweise keine Unterstützung geben kann. Andererseits wird vielfach ein 7-Tage-Service rund um die Uhr gefordert, was bei den Rechenzentren größte Probleme für die Routinearbeiten (Datensicherung, Systemwartung) generiert. Ein weiteres Problem ist die Konzentration vieler verschiedener Services auf wenige, immer leistungsfähigere Rechner. Hier stellt die Priorisierung der Services einen Konfliktpunkt dar.

Daneben versuchen Endbenutzergruppen und auch der Bereich Organisation/Anwendungsentwicklung, auf die Tätigkeit des Rechenzentrums Einfluß zu gewinnen.

Insbesondere in den Betrieben, in denen aus historischen Gründen die Funktion Systemplanung/Systemprogrammierung nicht oder noch nicht im Rechenzentrum integriert ist wird es für den RZ-Leiter fast unmöglich, den Service nach übergeordneten, unternehmensweiten Gesichtspunkten zu organisieren und sicherzustellen; hierdurch kann des Rechenzentrum zum reinen Ausführungsorgan degradiert und seine Teilnahme an der Gestaltung des Informationsmanagements verhindert werden.

Dennoch kann auch der RZ-Leiter durchaus Einfluß auf Unternehmensziele oder Vorstandsentscheidungen nehmen. Grundvoraussetzung ist, daß sein Rechenzentrum einen überzeugenden Service bietet. Dazu gehört auch, seine Abteilung mit kompetenten Mitarbeitern zu besetzen, die für andere Unternehmensbereiche als gleichwertige Gesprächspartner die Belange des Rechenzentrums vertreten können.

Hier wirkt sich die Personalpolitik des RZ-Leiters (Schulungen, Neueinstellungen) positiv aus. Weiterhin sollte der RZ-Leiter über neue Möglichkeiten im Bereich Hardware, Software und Verfahren (Problemmanagement, Änderungsmanagement, Speicherverantwortung, Automation etc.) stets informiert sein und diese im Sinne der Effektivität und Wirtschaftlichkeit des Rechenzentrums einsetzen.

Wichtig ist außerdem ein ausgefeiltes Berichtswesen, das auf die Belange von Unternehmensleitung und Benutzergruppen abgestimmt ist und die Qualität des RZ-Service transparent macht.