5. Tätigkeitsbericht der LDSB in Baden-Württemberg

Ruth Leuze: Restaurative Tendenzen

18.01.1985

STUTTGART (bi) - Eine kritische Phase des Datenschutzes konstatiert , Ruth Leuze, die Landesbeauftragte für Datenschutz (LDSB) In Baden-Württemberg. Es sei völlig ungewiß, ob die Schubkraft des Volkszählungsurtells vom 15, Dezember 1983 noch ausreiche, echte Fortschritte im Datenschutzrecht herbeizuführen,

Frau Leuze fragte anläßlich der Präsentation ihres 5. Tätigkeitsberichts, ob die restaurativen Tendenzen die Oberhand gewinnen und das Urteil der Karlsruher Verfassungsschützer zu einer Beschäftigungstherapie des Gesetzgebers verkommen lassen: "Überall, wohin man in Bund und Ländern schaut, herrscht emsige, sich im Kreis drehende Geschäftigkeit". m Ganz besonders beklagt sie die passive Rolle Baden-Württembergs.

Im Alltag gebe es jedoch einige positive Entwicklungen. So stellten Behörden bereitwilliger als früher aufgezeigte Datenschutzmängél ab, auch gelinge es, eher datenschutzfreundliche Lösungen zu finden.

Der 217 Seiten umfassende Bericht befaßt sich in neun Abschnitten mit - der gegenwärtigen Situation. Hier moniert Frau Leuze "Betriebsamkeit statt Aktivität";

- der Herausforderung der Technik. Gefahren der Online-Anschlüsse und negative Folgen von Kompetenzrangeleien bei Bildschirmtext wurden hier besonders herausgearbeitet;

- Dem Kampf gegen den Krebs widmete die Datenschützerin neben der rechtlichen Aufmerksamkeit auch technische Kompetenz. Ein leicht zu handhabendes Verschlüsselungsverfahren, von der Datenschutzbehörde entwickelt und ins Gespräch, gebracht, wurde indes im Ergebnis torpediert.

- Das Kapitel Polizei bemerkt Starrheit der Polizeiführung des Landes und ein bedruckendes Übermaß an Datenverarbeitung im Zusammenhang mit den Sitzblockaden in Mutlangen.

- Die Register des Kraftfahrzeug-Bundesamtes und das Verkehrsinformationssystem ZEVIS sind Gegenstand eines kleineren Abschnitts,

- ebenso Schulen, Bibliotheken und Hochschulen,

- ferner Statistik und Steuerwesen.

- Dem Bürger und seiner Gemeinde ist wieder ein umfänglicher Teil gewidmet: Die Melderegister der Kommunen seien in der Handhabung viel zu kompliziert und unübersichtlich. Das von der Datenzentrale entwickelte System könne beim besten Willen von keiner Gemeinde verstanden werden.

- Der Bürger und seine soziale Stellung sowie "seine Sorgen' bilden den Schluß der detaillierten Arbeit.

Als beängstigend bezeichnet Frau Leuze die Gefahren der neuen Techniken für den Datenschutz: "Die Bundesregierung will endgültig den neuen maschinenlesbaren Personalausweis, tut aber bislang viel zuwenig, um gemeinsam mit den Ländern zu verhindern, daß die Polizei mit Hilfe dieses Instruments harmlose Bürger verstärkt überwacht."