Neue Struktur der Deutschen Börse nimmt Gestalt an

Run auf den Prime Standard

31.01.2003
MÜNCHEN (CW) - Mit der Neusegmentierung der Deutschen Börse ist das Ende des Neuen Markts endgültig besiegelt. Als erstrebenswert für die IT-Branche gilt nicht nur die Aufnahme in den Prime Standard, sondern auch in das auf Technologiewerte spezialisierte Börsenbarometer TecDax.

Mit dem neuen Segment Prime Standard hat die Deutsche Börse Anfang Januar die Publizierungskriterien um einiges verschärft: Die Unternehmen müssen unter anderem Quartalsberichte erstellen, internationale Rechnungslegungsstandards (IAS oder US-GAAP) erfüllen und Ad-hoc-Meldungen auf Deutsch und Englisch veröffentlichen. "Damit sind unsere Transparenzanforderungen in Europa am höchsten", so Sprecherin Candice Adam. Auch mit der bisherigen Resonanz gibt sich die Deutsche Börse zufrieden: Rund 370 Firmen haben laut Adam einen Antrag auf Zulassung zum Prime Standard gestellt, 347 davon wurden bereits bewilligt.

Interessant ist das neue Segment vor allem für Unternehmen, die international aufgestellt sind und institutionelle Anleger ansprechen. Zudem ist die Zugehörigkeit zum Prime Standard Voraussetzung für die Aufnahme in einen der vier Branchenindizes - neben dem Leitindex Dax der auf klassische Werte spezialisierte MDax, der Nebenwerteindex SDax sowie das Technologiebarometer TecDax. Die Prime-Standard-Mitglieder Heiler Software und Web.de beispielsweise versprechen sich von dem neuen Börsensegment nicht nur eine erhöhte Aufmerksamkeit der Marktteilnehmer für ihre Papiere. Beide Firmen erhoffen sich von ihrer Zugehörigkeit zum Prime Standard auch, in den TecDax aufgenommen zu werden, der aus 30 Technologiewerten bestehen soll.

Neben der Zugehörigkeit zum Prime Standard müssen die TecDax-Kandidaten zu den 35 größten Technologiewerten gehören, die nicht im Dax vertreten sind. Wie bei allen anderen Börsenindizes auch wird die Firmengröße nach Börsenumsatz und Marktkapitalisierung bemessen. Laut dem für Indizes zuständigen Börsensprecher Frank Hartmann werden zunächst beide Kriterien gleich gewichtet. Allerdings gibt es auch Unternehmen wie Web.de, die einerseits eine gute Marktkapitalisierung vorweisen können, andererseits aber beim Börsenumsatz schlecht abschneiden beziehungsweise umgekehrt. "Da nur 30 Plätze zur Verfügung stehen, müssen wir genau abwägen, wo die höchste Grundliquidität herrscht", so Hartmann. Web.de gilt daher momentan als Wackelkandidat. Relativ sicher ist die TecDax-Mitgliedschaft unter anderem für IT-Firmen wie Epcos, FJA, IDS Scheer, Singulus Technologies, Software AG, SCM Microsystems, T-Online und United Internet.

Index ist kein Qualitätsstandard

Eine qualitative Aussage trifft die Börse mit der Aufnahme eines Unternehmens in den TecDax jedoch nicht, betont Hartmann. Ein Index-Mitglied zähle keineswegs automatisch zu den "Perlen" der jeweiligen Branche. "Schließlich gibt die Höhe von Börsenumsatz und Marktkapitalisierung keinen Aufschluss darüber, ob eine Firma etwa gefälschte Quartalszahlen veröffentlicht." Auch den Vorwurf, mit der neuen Struktur auf ein spezielles IPO- und Wachstumssegment zu verzichten, weist der Firmensprecher von sich. "Börsengänge werden auch in Zukunft sichtbar sein - es gibt nur zurzeit nicht viele."

Am Freitag dieser Woche entscheidet die Deutsche Börse über die endgültige Zusammensetzung der Aktienindizes Dax, Mdax, SDax und TecDax. Am 11. Februar werden die Ranglisten bekannt gegeben, und am 24. März soll die neue Indexfamilie an den Start gehen. (sp)