Hire-and-fire-Konzept von Tramiel-Riege:

Rüder Management-Wechsel bei Atari

17.08.1984

HAMBURG (lo) - Nicht gerade zimperlich gingen die neuen Atari-Leader mit ihrem Deutschlandchef um: Der bisherige Geschäftsführer von Atari Elektronik GmbH in Hamburg, Klaus Ollmann, verließ das Unternehmen am 19. Juli 1984. Diesen Vorgang, wie den inzwischen bekanntgewordenen Personalabbau "nach dem Rasenmäherprinzip", leitete Vice-President David Harris mit neuen Direktiven aus USA ein.

"Bitte verlassen Sie das Büro!" Mit diesen Worten wies der Abgesandte der Eigentümergruppe Klaus Ollmann die Tür. So schildert der Gründer des Homecomputer- und Videospiele-Unternehmens seinen plötzlichen Abgang aus dem Unternehmen der Unterhaltungselektronik. Diese Entscheidung basiere offensichtlich nicht auf der Effizienz der sechs Jahre, die er für Atari zuständig war, sondern auf den 13 Jahren Zugehörigkeit zur Warner Communications Inc. Nicht als Reputation empfände man diese Tatsache, teilte an diesem Morgen Vice-President Harris dem verdutzten Deutschlandchef mit. Verhaltensmuster, die sich bei einer langjährigen Tätigkeit in dem Warner-Konzernkonglomerat herausbildeten, konnte oder wollte man nicht tolerieren. Es war wohl wie bei anderen Geschäftsführern der Tochtergesellschaften, vermutet Ollmann, an die üblichen Konditionen - Probezeit und kurzfristigen Vertrag - gedacht. Ollmanns Kontrakt mit einer Laufzeit von noch 18 Monaten sollte nicht übernommen werden.

Den 45jährigen Manager berühren die "unerquicklichen" Ereignisse auf besondere Weise persönlich. "Das Faktum, daß ich die Atari aufgebaut und zu einer erfolgreichen Firma geführt habe, zählte in diesem Zusammenhang überhaupt nicht. Man ist wie vor den Kopf geschlagen, wenn man das Unternehmen als sein eigenes Kind betrachtet, jetzt aber sieht, daß die Verwirrung komplett ist. 42 Leute sitzen auf der Straße; es ist völlig unklar, wie Atari Elektronik, ob etwa als Gesamtfirma, an Tramiel übergegangen ist; ich bin offiziell noch als Geschäftsführer durch keine Gesellschafterversammlung abgelöst und, mein spezielles Problem, immer noch persönlich verantwortlich für das, was Atari macht." Dem Stammvater des deutschen Videospiel- und Homecomputer-Eldorados ist unklar, wie die neue Konzeption von Tramiel die vermuteten hohen Stückzahlen erreichen will, den Kundenservice, die Konsumentenunterrichtung und die Öffentlichkeitsarbeit effektiv gestalten kann - ohne die notwendigen Mitarbeiter. Vordringlich solche Überlegungen bewogen Ollmann, kein weiteres Gespräch über eine zukünftige Verantwortung für Atari zu suchen.

Die offizielle Atari-Verlautbarung stellt Sam Tramiel und David Harris als neue Geschäftsführer vor. Diese Nominierung gilt dem Vernehmen nach als reine Interimslösung. Detlev Driemeier, bisher Vertriebsdirektor, ist mit sofortiger Wirkung auch für das Marketing in der Pflicht. Finanzen und Verwaltung führt verantwortlich Brian Richards. "Ein neues Vertriebs- und Marketingkonzept liegt bereits vor" - im einzelnen dazu äußern wollte die Atari Elektronik GmbH sich allerdings nicht.