Karriere im Vertrieb verliert an Attraktivität

Rückkehr zu hohem Festgehalt ist für Verkäufer nicht in Sicht

18.09.1992

MÜNCHEN (hk) - Im Vertrieb drehte sich das Personalkarussell schon immer schneller als in anderen Bereichen. Die negativen Auswirkungen bekommen jetzt allerdings die zukünftigen Mitarbeiter zu spüren. Denn viele Unternehmen gehen dann über, bei Neueinstellungen das Grundgehalt niedrig anzusetzen.

In ihrer Septemberausgabe zitiert die belgische Zeitschrift "European Computer Sources" CA-Manager Thierry Meunier, der die "besten Verkäufer mit einem hundertprozentigen Festgehalt an die Firma" binden will. Auch in Frankreich und Luxemburg seien ähnliche Tendenzen festzustellen, schreibt das belgische Blatt. Zusatzleistungen für Topverkäufer in Form von Geschäftswagen, Autotelefon etc, gebe es zwar noch, aber weniger häufig als in den achtziger Jahren.

Von Festgehältern für DV-Vertriebsmitarbeiter kann in den USA, aber auch in der Bundesrepublik keine Rede sein, auch wenn es schwer ist, allgemeine Aussagen zu diesem Thema zu machen. Die Tendenz scheint eher dahin zu gehen, das belegt auch die CW-Schwesterpublikation "Computerworld" in ihrer jüngsten Gehaltsanalyse für Datenverarbeiter, daß, den Mitarbeitern ein niedriges Grundgehalt gezahlt wird und bei entsprechender Leistung Bonuszahlungen erfolgen.

Auch für Cornelia Seewald ist eine Regelung, bei der Vertriebsmitarbeiter 100 Prozent Festgehalt erhalten, nicht vorstellbar. "Das entspricht auch gar nicht deren Mentalität", ergänzt die bei HP für Vertriebspersonal zuständige Personalleiterin.

Sie weiß von den Schwierigkeiten der Verkäufer in einem sich so schnell verändernden Markt, in dem es kriselt und in dem die Gewinnmargen sinken, meint aber, daß sich mit einem Festgehalt keine Probleme lösen lassen; "sie werden eher kaschiert." Bei HP besteht ein Verhältnis 80:20 von Festgehalt zu Provision. Auch bei anderen großen Herstellern ist es üblich, hohe Grundgehälter zu zahlen.

Allerdings werden die Firmen damit jetzt Schwierigkeiten bekommen, prophezeit Peter Schneider, Geschäftsführer eines Münchner Softwarehauses. "Früher, als das Geschäft sehr gut lief, profitierten die DV-Hersteller von der Regelung mit den hohen Festgehältern, jetzt aber wissen sie nicht, wie sie davon wegkommen sollen", so Schneider, denn das Gesetz verbiete eine Änderung der Verträge. Deshalb gingen Betriebe dazu über, bei Neueinstellungen das Grundgehalt niedrig anzusetzen. Auch die Geschäftsführerin des Verbandes Deutscher EDV-Berater (VDEB), Patricia Patzak, weiß von ihren Mitgliedern, daß "die Unternehmen immer mehr das Risiko auf den Verkäufer abwälzen wollen". Schneider meint allerdings, daß es für einen VB keine schlechten oder guten Zeiten gebe: "Ein guter Verkäufer wird seine Ware auch in der Rezession los."

Digital gehört zu den ganz wenigen Unternehmen, die Festgehälter zahlen und nach eigenen Angaben zunächst dabei bleiben wollen, auch wenn es Gerüchte gibt, daß aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Situation des Unternehmens ein Umdenkungsprozeß im Gange sie.