NASA gibt jährlich drei Millionen Dollar für "Spezial-Automaten" aus:

Roboter spielen Mechaniker im Weltraum

16.03.1984

MÜNCHEN (ih) - Roboter sollen den Astronauten eine gefährliche Aufgabe - die Reparatur von Satelliten im Weltall - abnehmen. Die Ingenieure der amerikanischen Luft- und Raumfahrtbehörde NASA denken aber nicht nur an mögliche Gefahren - ihnen ist der Mensch ganz einfach zu teuer für diesen Job. Deshalb wenden die Amerikaner jährlich etwa drei Millionen Dollar für eine neue Rasse von Automaten auf: die Reparaturroboter. Sie sollen unbeaufsichtigt im Weltraum Satelliten reparieren.

Mitarbeiter des Marshall Space Flight Center der NASA in Huntsville, Alabama, erklären, daß die für Reparaturarbeiten im Weltraum geplanten Maschinen von Computern gesteuert werden, die nach den Grundsätzen künstlicher Intelligenz arbeiten. Hierbei erhalten die Automaten die Fähigkeit, dem menschlichen Gehirn und Verstand entfernt ähnlich zu denken und Entscheidungen zu treffen, meldet die Financial Times.

Allerdings soll der Mensch in kritischen Situationen die Möglichkeit haben, korrigierend eingreifen zu können.

Die Kontrolleure sollen - entweder von der Erde oder von Raumschiffen aus - über komplizierte Videoverbindungen mit den Geräten in Kontakt bleiben. Hierdurch wird dem Überwachungspersonal simuliert, es befinde sich am Ort des Geschehens.

Auf diese Weise könnten die Maschinen beispielsweise auf entsprechenden Befehl hin ein fehlerhaftes Bauteil aus einem Satelliten ausbauen, der sich auf seiner Umlaufbahn befindet. Das Gerät erhielte nur eine ungefähre Anweisung, und die eingebaute Intelligenz müßte die Aufgabe dann exakt formulieren.

Die Reparaturroboter werden entweder von einer Space Shuttle oder von einer festen Weltraumstation aus eingesetzt, wie sie die NASA für die 90er Jahre diskutiert. Sie sollen sich mit eigenen kleinen Antriebssystemen fortbewegen können. Mit einer Reihe mechanischer Hände würden sie Werkzeuge aus mitgeführten Werkzeugträgern entnehmen. Die Mitarbeiter in Huntsville haben den Begriff "Tele-Präsenz" geprägt, um die Kombination der menschlichen und maschinellen Fertigkeiten zu beschreiben. Nach Aussage des stellvertretenden Direktors des Bereichs Fortgeschrittene Systeme, Georg von Tiesenhausen, könnten Maschinen mit Tele-Präsenz etwa 1992 verfügbar sein;

Die amerikanische Raumfahrtbehörde arbeitet intensiv daran, zukünftig Raumfahrzeuge zu reparieren und zu warten, während diese die Erde umkreisen. Die Konstrukteure von Satelliten wie beispielsweise für Fernaufklärung und Datenübertragung hatten bisher allerdings noch keine Gelegenheit, ihre Erfindungen, nachdem sie ins All gestartet waren, zu prüfen und zu untersuchen.

Nach den Plänen der NASA sollte die Wartung von Raumfahrzeugen -insbesondere von komplizierten und teuren wissenschaftlichen Satelliten - in der Umlaufbahn so selbstverständlich werden wie die regelmäßige Inspektion des Autos.

Menschen kosten zuviel

Anfangs werden Astronauten die Wartung der Satelliten übernehmen. Langfristig glauben die NASA-Ingenieure jedoch, daß Maschinen Reparaturen billiger ausführen als Menschen. Astronauten in Druckanzügen können sich noch dazu nur wenige Stunden außerhalb des Raumschiffs aufhalten. Laut einem NASA-Bericht von 1980 kostet der Einsatz eines Menschen auf diese Weise etwa 10 000 Dollar pro Stunde.

Eine der ersten Aufgaben für ein Reparatur-Raumfahrzeug mit Tele-Präsenz in der Erdumlaufbahn wird vermutlich darin bestehen, sich um das eine Milliarde Dollar teure Space Telescope (Raumteleskop) zu kümmern, ein Gemeinschaftsprojekt der NASA und der europäischen Raumfahrtagentur ESA. Das Raumfahrzeug, das 1985 in die Umlaufbahn gebracht werden soll, besteht aus einzelnen Spezial-Modulen.

Zu den weiteren Raumfahrzeugen, die nach den Plänen der amerikanischen Raumfahrtbehörde vor allem für leichte Wartung und Reparatur gebaut werden sollen, gehört auch eine astrophysikalische Röntgeneinheit, deren Start für 1990 geplant ist. Bei ihrem Bemühen über die "Tele-Präsenz" haben sich die NASA-Ingenieure Vorschläge eines Berichts zu eigen gemacht, den sie bei den Forschern des Massachusetts Institute of Technology in Auftrag gegeben hatten.

Die Mitarbeiter des NASA-Projekts am MIT zeichen folgendes Bild der Arbeitsweise eines transparenten Systems: "Ein menschlicher Bediener erteilt über Fernsteuerung den Befehl, eine Zugangsklappe zu entfernen. Der integrierte Computer des Geräts erkennt den Typ der Zusatzklappe, plant die erforderlichen Arbeiten für den Ausbau, lokalisiert die erste Schraube und stellt fest, daß es sich um eine Kreuzschlitzschraube handelt. Er wählt das richtige Werkzeug, dreht die Schraube heraus und hebt sie, falls erforderlich, auf. Sodann fährt er mit dem nächsten Arbeitsschritt fort."