Langfristiges Ziel ist der elektronische Immobilienmarkt

Ring Deutscher Makler: Via Internet gegen die Freien

16.01.1998

Das eigentliche Kapital des Maklers sind Informationen über verfügbare Immobilien, und die Herausforderung besteht darin, Angebot und Nachfrage zusammenzubringen.

Kleine Maklerbüros waren bisher hauptsächlich regional tätig und dadurch in ihren Möglichkeiten stark eingeschränkt. Beispielsweise fanden sie nur schwer Partner für Gemeinschaftsgeschäfte mit Provisions-Splitting (der eine Makler erhält seine Courtage vom Käufer, der andere vom Verkäufer).

Deshalb entschloß sich der RDM Mitte 1995, ein Internet-basiertes Informationssystem einzurichten. Das "RDM-Immonet" sollte als Informations-Pool und Kommunikationsmedium für die Verbandsmitglieder dienen, aber auch die Anbieter von und die Interessenten an Immobilienobjekten zusammenführen. Auf diese Weise wird sich, so hofft der RDM, die Wettbewerbsposition der Verbandsmakler gegenüber der wachsenden Konkurrenz aus freien Immobilienvermittlern, Banken und Bausparkassen deutlich verbessern.

Im Kern handelte es sich dabei um ein Datenbankprojekt, das im Rahmen einer Client-Server-Architektur realisiert werden sollte. Auf Anregung der Debis Systemhaus Internet Business Solutions (IBS) kam der RDM aber zu dem Schluß, daß sich seine Anforderungen mit Hilfe der Internet-Technologie besser abdecken ließen als durch konventionelle Datenfernübertragung. Beispielsweise eignet sich das Internet dazu, die Objekte der Verbandsmitglieder einer sehr großen Zielgruppe flächendeckend und über die Landesgrenzen hinaus anzubieten.

Im September 1996 willigte eine Sonderdelegierten-Versammlung des RDM ein, 200000 Mark in das Projekt zu investieren. Die relativ geringe Summe erklärt sich dadurch, daß Debis sowie der später ins Boot geholte Netz-Provider Media Ways das wirtschaftliche Risiko mittragen.

Das Immonet ruht auf zwei Säulen: Da ist zunächst der Informationsteil, der unter anderem Daten und Dokumente zu RDM-Mitgliedern, Urteile in Immobilienprozessen sowie Hypothekenkonditionen von zahlreichen Banken liefert. Auch für die Verbreitung von Verbandsinformation wird das Immonet inzwischen genutzt.

Im Immobilienteil des Dienstes haben die angeschlossenen Makler die Möglichkeit, beliebig viele Objekte in einer Datenbank zu veröffentlichen. Jeder Anbieter kann selbst entscheiden, welchen Nutzern er welche Informationen zur Verfügung stellt. Entdeckt er im Bestand eines Kollegen ein Angebot, das für einen seiner Kunden interessant ist, so kann er ihm postwendend ein Gemeinschaftsgeschäft vorschlagen. Hierin sieht der RDM das vorrangige Ziel für die erste Ausbauphase des Dienstes.

Datenaustausch, Kooperationen und Gemeinschaftsgeschäfte gab es schon vor der Erfindung des Computers. Doch erst durch die im Immonet realisierte bundesweite Datenbank wird der schnelle und ortsunabhängige Informationsaustausch zu einer Selbstverständlichkeit in der Alltagsarbeit der Maklerbüros. Im Gegensatz zu anderen Immobilienbörsen ist hier kein Web-Master oder sonstiger Dienstleister zwischengeschaltet; die Immobilienvermittler sind als Nutzer für die Pflege ihres Datenbestandes unmittelbar selbst verantwortlich.

Eine der Voraussetzungen für eine Steigerung der Arbeitseffizienz war allerdings, daß die Makler ihre bisherige Software mit dem Immonet integrieren können. Deshalb überließen der RDM und Debis IBS geschätzten 30 bis 40 Maklersoftware-Anbietern das für das Immonet vorgesehene Dateiformat als dokumentierte Freeware. Etwa die Hälfte der Anbieter hat, so berichtet IBS-Geschäftsführer Jürgen Becker, diese Spezifikation bereits in ihre Produkte integriert. Für die Makler, die mit diesen Programmen arbeiten, bedeutet das: Sie können auf Mausklick ihre Angebote in das Immonet stellen sowie die dort veröffentlichten Objektbeschreibungen in ihre Software-Umgebung einfügen.

Betrieben wird die Immobilienbörse vom Debis-Rechenzentrum in Finkenwerder bei Hamburg. Über eine Hochgeschwindigkeits-Leitung ist das Debis-RZ direkt an das IP-Netz des in Gütersloh ansässigen Providers Media Ways angebunden. Der Zugriff ist bundesweit über 100 Einwählknoten (Points of Presence) möglich - sowohl über analoge Leitungen als auch über ISDN.

Der Dienst wird über drei Server aus der Alpha-Serie von Digital Equipment abgewickelt: Zwei im Cluster unter Windows NT betriebene Rechner des Typs 1000 mit 128 MB RAM beherbergen den "Netscape Commerce Server", die Altavista-Produkte "Forum" und "Mail Server" sowie die Programmiersprache Java und das Datenbank-Management-System "Oracle 7.3".

Besondere Beachtung fand der Sicherheitsaspekt: Zum einen ist vor die Server eine mit der "Altavista-Firewall"-Software ausgerüstete Alpha-Station geschaltet, zum anderen verfügt der Web-Server über einen aufwendigen Authentifizierungsschutz, der vom Nutzer eine User-ID und ein Paßwort verlangt.

Laut Becker wurde bei der Realisierung des Immonet-Konzepts der Anteil der Seiten in statischer Hypertext Markup Language (HTML) so gering wie möglich gehalten. Damit die Aktualität der Informationen garantiert bleibt, sollten sich die Inhalte dynamisch aus den Informationen aufbauen, die Makler in der Datenbank abgelegt haben. Bei einer Abfrage werden die Daten und Abbildungen in eine mit Java erstellte Maske eingebunden.

Als ein Ressourcen-verschlingendes Arbeitsfeld entpuppte sich die Client-Server-Kommunikation. Wie der IBS-Geschäftsführer erläutert, sind die konkurrierenden Browser "Netscape Navigator" und Microsofts "Internet Explorer" leider noch weit von einer Normierung entfernt, zudem nutzten die Online-Dienste teilweise unterschiedliche Kommunikationsprotokolle. Insofern war eine Reihe von Harmonisierungsarbeiten erforderlich.

Die Web-Page (www.rdm.de) sollte erst dann offiziell freigegeben werden, wenn alle Funktionen stabil verfügbar waren. Deshalb ließ der RDM das System zunächst durch 60 Pilotanwender auf Herz und Nieren prüfen. Diese Testbenutzer gaben zahlreiche Anregungen, die unter anderem zu kürzeren Antwortzeiten, einer größeren Schrift für Listeneinträge sowie einer begrenzten Anzahl von Buttons führten.

Dynamische Systeme mit Kinderkrankheiten

Insgesamt stellten Becker und seine Mitarbeiter fest, daß große Web-Vorhaben, verglichen mit klassischen Client-Server-Projekten, längere Prüf- und Testzeiten erfordern. Das gelte vor allem, wenn es sich nicht um eine bloße Anhäufung von statischen Informationen handle, sondern dynamische Elemente berücksichtigt werden müßten. Bei der jungen Internet-Technik funktioniere das Zusammenwirken der unterschiedlichen Systemkomponenten noch nicht ganz redundanzfrei, was Nacharbeiten in Sachen Performance und Stabilität notwendig mache.

Für den RDM hat sich die Entscheidung auf jeden Fall gelohnt: Anstelle der für Ende 1997 erwarteten 500 Teilnehmer hatten sich Mitte September bereits 900 Makler angemeldet. Für einen einmaligen Mindestbeitrag von 55 Mark können sie seit dem 1. Juli 1997 auf den Dienst zugreifen.

In der ersten Phase der Inbetriebnahme ist das Immonet einer geschlossenen Benutzergruppe vorbehalten. Die zweite Ausbauphase sieht die Öffnung des Dienstes vor. Sie soll starten, sobald die Inserate eine kritische Masse von 5000 Objekten erreicht haben. Ziel ist, daß jeder Nutzer über das Internet nach einem Objekt suchen und mit dem entsprechenden Makler ein Geschäft vereinbaren kann. Geht es nach dem RDM, wird die Immobiliensuche über das Internet bald so selbstverständlich sein wie heute der Blick in die Anzeigenseiten der Tageszeitung.