Richtiges Näschen bei der DSL-Router-Wahl

04.04.2002
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Seit der Liberalisierung des DSL-Endgerätemarktes vermarkten die Hersteller ein breites Angebot an Router-Produkten zu unterschiedlichsten Preisen. Für den Anwender stellt sich die Frage, welche Ausstattungsmerkmale diese Unterschiede rechtfertigen.

Mit der Einführung des UR-2-Standards (siehe Kasten „DSL und die Standards“) Anfang des Jahres hat sich der DSL-Endgerätemarkt zu einem Käufermarkt entwickelt. Während die Telekom ihren Kunden zuvor die passenden DSL-Geräte zuteilte, haben die Anwender nun die Qual der Wahl zwischen den verschiedensten Endgeräten und müssen sie selbst beschaffen. So reicht etwa im Bereich der DSL-Router die Angebotspalette von 150 Euro teuren Geräten bis zu Modellen in der 1000-Euro-Preisklasse. Alle bieten auf den ersten Blick nur eines: die Anbindung eines lokalen Netzes via DSL an ein Weitverkehrsnetz oder das Internet. Die Frage nach der Zahl der anschließbaren Clients taugt dabei heute nicht mehr als Unterscheidungsmerkmal, da die Geräte in der Regel sämtlich eine genügend hohe Anzahl unterstützen.

DSL und die Standards: Als Notlösung geboren, um die von US-Dauersurfern mit Flatrate-Tarifen chronisch überlasteten Telefonvermittlungen vor dem Zusammenbruch zu bewahren, entwickelte sich DSL zum großen Verkaufserfolg in Sachen breitbandigem Internet-Access. Der Trick bei der Digital Subscriber Line (DSL) besteht - vereinfacht ausgedrückt - darin, Frequenzen zu nutzen, die über dem Frequenzspektrum der normalen Analogtelefonie liegen. Dank moderner Digitaltechnologie konnte dabei in Frequenzbereiche vorgestoßen werden, die bis vor kurzem noch nicht realisierbar waren. Diese Frequenzen werden nun sowohl beim Anwender wie auch in der Vermittlungsstelle (hier vor dem eigentlichen Telefon-Switch) wieder herausgefiltert und beim Anwender dem DSL-Modem und in der Vermittlungsstelle seinem Gegenstück, dem DSLAM, zugeführt.

Aufgrund der Entstehungsgeschichte orientierte sich die erste internationale Spezifikation (Annex A) an den Gegebenheiten des amerikanischen Marktes. Ein Telefonmarkt, der nach wie vor von veralteter Analogtechnik dominiert ist. Im ISDN-geprägten Europa mit Deutschland als Spitzenreiter in der digitalen Telefonie war dieser Standard jedoch nicht nutzbar. ISDN verwendet nämlich ein breiteres Frequenzband als die herkömmliche Telefonie. Um diesen Besonderheiten der digitalen TK-Netze Rechnung zu tragen, wurde die Spezifikation Annex B verabschiedet, die die Realisierung von DSL auf ISDN-Leitungen regelt. Als internationaler Standard für die unterschiedlichen ISDN-Implementierungen der einzelnen Länder konzipiert, eröffnete die Norm Interpretationsspielräume, die dazu führten, dass das DSL-Modem und der zugehörige DSLAM ein proprietäres Gespann bildeten und meist vom gleichen Hersteller kommen mussten.

Ein Umstand, der Carriern wie der Telekom gleich aus zwei Gründen ein Dorn im Auge war: Hatte ein Hersteller nur bei einer der Komponenten Lieferschwierigkeiten, so verzögerte sich die Bereitstellung der DSL-Zugänge, da ja nicht auf anderes Equipment ausgewichen werden konnte. Ferner ließ sich so kein freier Endgerätemarkt etablieren, der die Telekom endlich aus der Pflicht entließ, dem Kunden das DSL-Modem zu stellen.

Einen Ausweg aus diesem Dilemma fand der Bonner Konzern mit der Schnittstelle UR-2. Diese nationale Spezifikation ist enger gefasst als die internationale Annex B und soll die Zusammenarbeit von DSL-Endgeräten unterschiedlicher Hersteller mit den DSLAMs in den Vermittlungsstellen gewährleisten.

Ebenso wenig unterscheiden sich die Modelle in Sachen Sicherheit. Eine integrierte Firewall mit Paketfilter gehört bei allen zum guten Ton und reicht nach Expertenmeinung für den Einsatz in Zweigstellen aus. Wer dennoch mehr Sicherheit wünscht, findet bei den teureren Modellen mittlerweile Stateful Inspection Firewalls. Ein weiterer Punkt auf der Checkliste sollte dem Blick auf die UR-2-Fähigkeit gelten, denn Router mit eingebautem Modem, die im März 2002 lediglich Annex B (siehe Kasten) unterstützen, sind veraltet.

Unverzichtbar, zumindest im professionellen Einsatz, ist eine automatische Fallback-Funktion. Da DSL noch nicht so stabil ist, sollte der Router im Fehlerfall automatisch auf eine ISDN-Verbindung wechseln können, um so die Kommunikation zu gewährleisten.

Glaubt man Bintec-Manager Andreas Blum, so ist die Download-Rate der Router ein weiteres Differenzierungskriterium. Seiner Ansicht nach spielen nämlich die verwendeten Prozessoren sowie die implementierte Softwarearchitektur eine entscheidende Rolle bei den zu erzielenden Datenraten. Ferner erklärt ein Blick auf die Konfigurations-Wizards der Geräte die teilweise hohen Preisunterschiede.