Ratgeber LAN

Richtig verkabeln - falsch gespart wird teuer

16.04.2009
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 

Die Lehre von Adern und Kabelpaaren

Ein anderer oft zu beobachtender Fehler betrifft die Nutzung der Kabel auf Etagenebene: Um Kosten zu sparen, wird ein zum Arbeitsplatz geführtes Ethernetkabel, das in der Regel aus vier Aderpaaren besteht, gleich für mehrere Dienste verwendet: Zwei Paare für das Ethernet, ein Paar für das Telefon und womöglich noch ein Paar zur Gebäudeautomation. Die Vorteile scheinen auf der Hand zu liegen. Es wird Kabel gespart, und in den Leitungskanälen entsteht keine drangvolle Enge, da nicht zwei oder drei Kabel pro Arbeitsplatz zu verlegen sind. Doch diese Sparsamkeit kann teuer werden, wenn eine Migration auf schnellere Ethernet-Standards ansteht. Während 10-Mbit/s-Ethernet noch über zwei Adernpaare definiert ist und für das 100 Mbit/s schnelle Ethernet mit 100Base-T2 sowie 100Base-TX noch zwei Normen für jeweils zwei Adernpaare existieren, erfordert bereits Gigabit Ethernet die Verwendung aller vier Paare.

Am falschen Ende spart auch, wer zu dünne Kabelquerschnitte wählt. Diese reichen zwar für Datenübertragungen via Ethernet aus, doch die Stunde der Wahrheit schlägt spätestens dann, wenn im Zuge eines VoIP- oder WLAN-Projekts die Einführung von Power over Ethernet (PoE) ansteht. Selbst wenn hier nur geringe Energiemengen (15,4 Watt bei 802.3af) übertragen werden und beim kommenden PoE-Standard 802.3at dann 60 Watt möglich sind, muss der Kabelquerschnitt groß genug sein, um eine Erwärmung der Kabel und damit eine mögliche Brandgefahr auszuschließen.

Ethernet lernt Stromsparen

Stromsparen ist in, denn es dient nicht nur der Umwelt, sondern senkt auch die Kosten im Rechenzentrum. Doch während die Server mit viel Aufwand optimiert werden, holt sich mancher IT-Verantwortliche an anderer Stelle neue Stromfresser ins Haus - etwa mit 10-Gigabit-Ethernet über Kupfer. Die hierzu erforderliche Elektronik zum Beispiel für Fehlerkorrektur ist heute so leistungshungrig, dass sie nicht ohne Lüfter auskommt.

Das US-amerikanische Normierungsgremium IEEE arbeitet deshalb unter der Bezeichnung "IEEE 802.3az" an einer Erweiterung der Ethernet-Standards um das "Energy Efficient Ethernet". Die Idee dahinter ist, dass ein LAN-Port nur noch dann Strom verbraucht, wenn auch wirklich gerade Daten übertragen werden. Im Leerlauf sollte er einen Energiebedarf von annähernd null Watt aufweisen. Damit hält im LAN ein Gedanke Einzug, der im Carrier-Umfeld bei den DSL-Zugängen bereits verwirklicht ist: So verfügt ADSL2/2+ genau über eine solche Stromsparfunktion, die im DSL-Modem und im DSLAM den Energieverbrauch senkt, wenn keine Daten übertragen werden, die Geräte also in eine Art Schlafmodus schickt. Beim Energy Efficient Ethernet sollen nun die Daten in möglichst kurzer Zeit mit höchster Geschwindigkeit übertragen werden. Danach soll der Port in einen Schlafzustand verfallen, wo er fast keinen Strom verbraucht. Steht eine neue Übertragung an, werden die beteiligten Kommunikations-Ports mit einem Wecksignal wieder in den aktiven Übertragungsmodus versetzt. So viel versprechend der Energy-Efficient-Ethernet-Ansatz auch klingt, Branchenkenner rechnen erst 2010 mit einer Verabschiedung der IEEE-Norm 802.3az. Zudem müssen die Anwender hier erst einmal kräftig investieren. Energy Efficient Ethernet funktioniert nur, wenn beide Endpunkte einer Verbindung einem Upgrade unterzogen werden - also etwa ein Switch-Port und der Netzwerk-Port eines Rechners.